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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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Stadtrand.«
    Der Fuchs rieb sich nacheinander beide Augen mit der Pfote und kratzte sich dann nachdenklich. Er sah, wie ihn die Füchsin mit schläfrigen Augen anschaute.
    »Laß uns aufbrechen, Fuchs!« drängte sie. »Die letzten paar Tage waren furchtbar. Es war so ungemütlich. Hast du gemerkt, wie wenig geredet wurde?« »Ja«, entgegnete der Fuchs. »So still waren wir auf der ganzen Reise nicht.«
    »Es ist der Einfluß dieses schrecklichen Gebiets«, sagte die Füchsin. »Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es ist so leblos. Und es gibt fast nichts zu fressen.« »Auf jeden Fall muß ich erst den Dachs und den Waldkauz wecken«, sagte der Fuchs. »Bin sofort wieder da.« Der Waldkauz, der sich in letzter Zeit ebenfalls darüber beklagt hatte, daß es so wenig zu fressen gab, hatte sich den einzigen Baum, den es in weitem Umkreis gab, als Schlafplatz ausgesucht. Der Dachs schnarchte in einiger Entfernung von den anderen zufrieden in einer Falte der Zeltplane. Ihn weckte der Fuchs zuerst und informierte ihn über das, was der Turmfalke berichtet hatte. Der Dachs streckte sich und schnupperte sorgfältig nach allen Seiten. »Hm!« grunzte er. »Es ist ausgesprochen still. Ich kann überhaupt nichts hören. Es sind keine Menschen unterwegs. Gar nichts regt sich, so wie es sich anhört.«
    »Was meinst du also?« fragte ihn der Fuchs. »Ich meine, wir sollten dieses gespenstische Gebiet so schnell wie möglich hinter uns bringen«, erwiderte der Dachs.
    Sie trotteten gemeinsam hinüber zum Baum des Waldkauzes und riefen nach ihm. Zuerst antwortete der Waldkauz nicht, und sie riefen noch einmal. Ein gedämpfter Laut erklang, der sich eher nach einem Seufzer als nach dem gewöhnlichen Schrei des Kauzes anhörte.
    »Oh, du bist's, Fuchs«, sagte der schläfrige Kauz und sah zu ihm herunter. »Und du, Dachs.« »Kommst du herunter, Kauz?« bat der Fuchs. »Wir können dich nicht sehen, du bist gut versteckt.« »Wir haben dir etwas Wichtiges zu sagen«, fügte der Dachs hinzu.
    »Gut«, antwortete der Waldkauz müde und glitt mit ausgestreckten Flügeln herab.
Der Fuchs erzählte ihm vom Vorschlag des Turmfalken. »Ich glaube, wir sollten es ausnutzen, daß es so ruhig ist«, schloß er.
»Natürlich«, stimmte der Waldkauz sofort zu. »Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen! Und vielleicht können wir dann heute abend eine ordentliche Mahlzeit zu uns nehmen.« Die drei gingen zurück zur Zeltplane und weckten die anderen.
Die Kreuzotter freute sich besonders über den frühen Aufbruch. »Ich kann es ja recht lange aushalten, ohne zu fressen«, flüsterte sie. »Aber die Gegend hier war wirklich eine Enttäuschung. Hier gibt es überhaupt nichts zu beißen.«
Mit einem boshaften Seitenblick auf die Wühlmäuse fügte sie hinzu: »Ich habe wirklich langsam gedacht, ich müsse mich woanders nach meinem Lebensunterhalt umsehen.«
»Also, Kreuzotter!« tadelte der Dachs. »Warum machst du denn solche Bemerkungen? Sieh nur, wie sie jetzt zittern. Sie sehen ganz verängstigt aus.« »Ach was!« rief die Kreuzotter geringschätzig. »Sie müßten sich doch inzwischen an meine Art gewöhnt haben!«
»An deine Unfreundlichkeit werden wir uns nie gewöhnen!« sagte die Oberste Wühlmaus verletzt. »Aber, aber!« schaltete sich der Fuchs ein. »Das reicht, Kreuzotter. Wir müssen los. Heute abend können wir alle eine ordentliche Mahlzeit zu uns nehmen. Du übernimmst die Vorhut, Turmfalke!«
Die anderen folgten und betraten das erste Feld - ein riesiges, flaches Kartoffelfeld. Außer ihren eigenen Schritten und ihrem Atem war kein einziger Laut zu hören. Kein einziger Vogel zwitscherte, kein Insekt schwirrte umher und kein Windhauch war zu spüren. »Es ist... unheimlich«, sagte der Maulwurf. »Wenn wir die Sonne nicht sehen könnten, dann wäre es genauso, als wäre man in einem meiner unterirdischen Gänge eingesperrt. Und selbst dort höre ich von oben Geräusche.« Unwillkürlich hatte er geflüstert, und dadurch wurde alles noch unheimlicher.
»Das gefällt mir überhaupt nicht«, sagte der Fuchs zur Füchsin. »Alles ist so unnatürlich. Schau dir diese Pflanzen an. Sie sehen fast aus wie künstliche Pflanzen.« Er deutete mit dem Kopf auf die Blätter der Kartoffeln, die tatsächlich ganz eigenartig und wächsern aussahen. »Ja, sie glänzen so, nicht wahr?« fragte die Füchsin. »Ganz und gar nicht appetitlich«, sagte der Hase, der dicht hinter ihnen ging. »Ich frage mich, wie sie

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