Als die Welt zum Stillstand kam
die, die etwas zu essen hatten, frühstückten. Einmal roch Alex sogar Kaffeeduft. Er wehte von einer Gruppe herüber, die um einen Campingkocher herumsaß. Als Alex an ihnen vorbeiging, rief einer: »Wir haben nichts übrig, verschwinde!«
Alex hatte sowieso nicht vorgehabt, um eine Tasse Kaffee zu bitten. Aber was war, wenn ihm das Wasser ausging? Dann wäre er darauf angewiesen, dass ihm jemand etwas abgab. Oder er würde die Autobahn verlassen und nach Wasser suchen müssen. Aber darüber dachte er jetzt nicht weiter nach. Er hatte noch genug für mindestens einen Tag und dann würde er weitersehen.
Etwa zweihundert Meter voraus entdeckte Alex ein Gebäude, das wie eine alte Raststätte aussah. Vermutlich hatten da letzte Nacht eine Menge Leute geschlafen. Vielleicht tauschte ja jemand eine Tasse Kaffee gegen irgendwas, was er nicht so dringend brauchte?
Alex legte einen Zahn zu – und im nächsten Moment lag er flach auf dem Boden. Noch bevor er den Riss im Asphalt sah, in den er getreten war, spürte er den Schmerz in seinem rechten Knöchel.
Alex stützte sich auf seine aufgeschürften Handflächen und drehte sich um, bis er saß. Er traute sich noch nicht, aufzustehen. War der Knöchel nur verstaucht oder etwa gebrochen? Er zog den Schuh aus und sah zu, wie sein Knöchel mit jeder Sekunde dicker wurde. Das hieß, er war entweder gebrochen oder es war eine Bänderverletzung.
Es gab nur einen Weg, herauszufinden, wie schlimm es war. Alex richtete sich auf, bis er auf dem linken Bein stand. Dann setzte er vorsichtig den rechten Fuß auf.
Ein scharfer, stechender Schmerz durchfuhr den Knöchel, aber Alex stand nun auf beiden Füßen. Er machte einen Schritt. Auch das klappte, obwohl es höllisch wehtat. Er bückte sich und tastete den Knöchel behutsam ab. Vermutlich war nichts gebrochen. Aber die Außenbänder waren gerissen oder zumindest angerissen. Gute Diagnose, Herr Doktor , dachte er spöttisch. Ma hatte mal einen Bänderriss gehabt. Sie hatte wochenlang an Krücken gehen müssen.
Immerhin war er noch in der Lage, aufzutreten. Das war die gute Nachricht. Und jetzt die schlechte: Das Band konnte nur heilen, wenn er den Fuß schonte. Und das bedeutete: In den nächsten Tagen oder, wenn er Pech hatte, Wochen würde er nirgendwohin gehen.
Aber wie sollte er etwas zu essen und zu trinken finden, wenn er nicht laufen konnte? Wie sollte er sich verteidigen, wenn er angegriffen wurde? Und …
Alex zwang sich, nicht darüber nachzudenken. Er musste jetzt erst mal den Knöchel fixieren. Und dann einen Platz finden, wo er ein paar Tage bleiben konnte.
Er hatte zwar sein Erste-Hilfe-Paket, aber eine feste Bandage, wie er sie brauchte, war darin nicht zu finden. Also suchte er in seinem Rucksack nach irgendwas, das er stattdessen verwenden konnte. Plötzlich tauchten zwei rosa Schuhe in seinem Blickfeld auf. Sie gehörten zu einem kleinen Mädchen, das ihn neugierig anstarrte, ihre Puppe fest an sich gedrückt.
»Pilli, komm da weg!«
Das war wohl ihre Mutter.
»Hat Aua!«, rief Pilli zurück.
Ihre Mutter kam zu ihnen herüber und nahm ihre Tochter hoch.
»Bänderriss«, sagte Alex schnell, als sie sich umdrehte. »Haben Sie vielleicht irgendwas, was ich als Bandage benutzen könnte?« Er lächelte sein strahlendstes Lächeln, das, bei dem Celie immer die Augen verdrehte. Aber sogar Celie hätte sicher nichts dagegen gehabt, dass er es in einer Notsituation wie dieser benutzte.
Und tatsächlich, die Frau blieb stehen.
»Ich hab bestimmt auch was zum Tauschen«, fügte Alex hinzu und lächelte weiter. Die Frau musterte seinen dicken Knöchel, dann erwiderte sie sein Lächeln.
»Ich glaub, ich hab da was.« Sie ging mit Pilli auf dem Arm zu einer Gruppe, die sich das Ganze aus sicherer Entfernung ansah. Kurz darauf kam sie mit einem T-Shirt in XXL zurück.
»Es hat ein paar Löcher.«
»Das macht gar nichts«, sagte Alex. »Ich muss es sowieso zerschneiden.«
»Ach ja, eine Schere habe ich auch mitgebracht.«
Sie half ihm, den Knöchel fest zu umwickeln. Alex stand auf. Der Schmerz beim Auftreten war immer noch da, aber das würde er aushalten.
»Geht’s denn?«, fragte die Frau. Wahrscheinlich hatte sie Angst, dass er sie bat, ihn in ihrer Gruppe mitzunehmen.
»Kein Problem«, sagte er.
»Dann alles Gute.« Sie zögerte, dann ging sie zu ihren Leuten zurück.
Alex lächelte. Sie hatte nichts im Tausch für das T-Shirt verlangt.
Er biss die Zähne zusammen und humpelte los.
In der alten
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