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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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feeling, I’m happy again«, da hatte Celie zum ersten Mal seit Jennas Tod das Gefühl, dass ihr Leben vielleicht doch weitergehen würde. Vielleicht … hier.
    Die beiden Frauen saßen eine Weile schweigend auf der Bank in der Krankenhauseinfahrt und tranken ihre Limonade. Wind kam auf, wehte den Duft von Rhododendron und Gewürzrinde herbei und trocknete Celies Schweiß. Und mit einem Mal fühlte sie sich besser als seit langer Zeit. Sie versuchte zu entspannen, damit dieses kostbare Gefühl nicht gleich wieder verschwand.
    »Na, geht’s wieder?«, fragte Karen. »Ganz schön anstrengend, was du da oben machst.«
    Celie nickte. Karen sah sie an. »Das hast du dir bestimmt nicht vorgestellt, als du hergekommen bist, oder?«
    »Nein«, sagte Celie knapp.
    »Ich will dich nicht aushorchen«, stellte Karen klar, »ich denke mir nur, ein Mädchen, das vermutlich gerade erst die Schule abgeschlossen hat … Darf ich dich fragen, wieso du hier bist?«
    Celie verschluckte sich und musste husten. Das gute Gefühl von eben war wie weggeblasen. Stattdessen war die Angst wieder da. Und die Schuld.
    »Entschuldige.« Die alte Frau nestelte an ihrer Brille. »Das geht mich gar nichts an.«
    Sie lehnte sich auf der Bank zurück und schloss die Augen. »Als ich damals herkam, vor fünf Jahren, da wusste ich überhaupt nicht, was ich hier sollte. Ich wollte nur weg, von meinem Job, der mich auffraß, und von einem Mann … Na ja, und dann stand ich hier, ohne Plan, und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.«
    Celie war wie erstarrt.
    »Erst als ich begriff, dass ich ein Ziel brauche, etwas, wo ich hinwill, konnte ich wieder etwas mit mir anfangen.« Sie öffnete die Augen und lächelte. »Und sieh mich jetzt an: Ärztin für alles in einem Krankenhaus am Ende der Welt, in dem uns bald die Medikamente ausgehen. Wenn das kein Traum ist!«
    »Ich wollte immer Musik machen«, platzte es aus Celie heraus. »Bei den besten Musikern lernen, vielleicht auch studieren. Solarzellen flicken stand jedenfalls nicht auf meinem Plan!«
    Karen lachte. »Da ist der Unterricht in der Musikschule ja schon so was wie ein Anfang«, sagte sie. »Und nach dieser Riesenspende für die Instrumente werdet ihr euch vor Schülern in Zukunft wohl sowieso kaum noch retten können.«
    Celie verkniff sich ein Grinsen. Es war kein Zufall, dass die anonyme Spende kurz nach Celies erster Begegnung mit Eliza in der Musikschule eingegangen war. Kinder wie Eliza brauchten Musik und dank des Geldes, das Pierre aus Jennas Vermögen überwiesen hatte, konnte sich jedes Kind der Kommune jetzt ein Instrument und den dazugehörigen Unterricht leisten.
    Aber der Musikunterricht gehörte nicht zu den Maintenance-Arbeiten und darum hatte Conor die Musikschule bis auf Weiteres geschlossen. Celie spürte wieder die Wut über die blödsinnigen Maßnahmen in sich hochsteigen, die der Ausfall des Tornetzes in den letzten Tagen gebracht hatte. Vielleicht hatte der Rat sie ja beschlossen – aber Conor hatte eindeutig zu viel Spaß daran, sie brutal durchzusetzen. Er war mit einem Kommando von acht Polizisten mitten in den Musikunterricht hereingeplatzt und hatte dadurch nicht nur die Kinder zu Tode erschreckt.
    »Ich werde im Rat mal anregen, dass du und die anderen Musiklehrer von euren Maintenance-Jobs befreit werdet, damit ihr wieder unterrichten könnt«, sagte Karen. »Wir brauchen dringend etwas Schönes in diesen hässlichen Zeiten.«
    Sie deutete nach vorne. Auf die Zelte und die Menschen auf den Feldern, von denen es stündlich mehr zu geben schien. Der Flüchtlingsstrom riss nicht mehr ab.
    »Da kommt noch einiges auf uns zu«, seufzte Karen. »Ich hoffe nur, unser Meditrupp hat es geschafft, Medikamente aufzutreiben. Sonst können wir den Laden bald dichtmachen.«
    Als hätten sie auf dieses Stichwort gewartet, kamen ein Mann und eine Frau die staubige Straße von den Feldern herauf. Zwischen sich stützten sie einen weiteren Mann, der sich nicht allein aufrecht halten konnte.
    Karen und Celie sprangen auf. Der Mann in der Mitte blutete stark aus einer Platzwunde an der Schläfe. Auch die anderen beiden hatten Schürfwunden und Kratzer. Die Frau war außer sich.
    »Wir hatten fast alles, was du wolltest, Karen!«, sagte sie. »Da war diese kleine versteckte Arztpraxis mitten im Nirgendwo und die Schränke waren voll.«
    Mit einem Schmerzenslaut knickte der verletzte Mann ein. Karen rief nach einer Trage.
    »Und als wir schon fast hier waren, haben uns

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