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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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gleiten.
    Elias stöhnte und Bernie hörte, wie er sich bewegte. Er musste sich beeilen!
    Er bugsierte den Meißel zwischen die Klemmbacken des Schraubstocks, aber da er ihn nicht festhalten konnte, fiel er immer wieder nach unten durch. Bernie überlegte fieberhaft. Er konnte einen Computer im Schlaf zerlegen und wieder zusammenbauen, da würde er doch wohl dieses lächerliche Problem lösen können!
    Wieder fiel der Meißel, aber diesmal blieb er an einer Klemmbacke hängen. Das war es! Schnell platzierte Bernie den Meißel mit dem Mund so, dass er schief in dem Schraubstock stand. Der Griff lag unten im Schraubstock auf, das obere Ende ragte oben heraus. Mit einer Schulter hielt Bernie den Meißel in dieser Position, während er mit dem Mund den Griff des Schraubstocks packte und ihn zu drehen begann.
    Als der Meißel endlich fest im Schraubstock saß, drehte Bernie sich um und begann hastig, die Fesseln auf seinem Rücken mit dem Meißel durchzusägen. Er hatte keine Ahnung, wie lange seine wacklige Konstruktion halten würde, aber er musste sich beeilen. Elias kam wieder zu sich und Jake würde auch bald zurück sein. Immer wieder zerrte Bernie an seinen Fesseln, um zu prüfen, ob er sie schon zerreißen konnte.
    Gerade kam Elias langsam auf die Füße, als die Fesseln endlich nachgaben. Bernie schnappte sich einen Hammer von der Werkzeugleiste und sagte: »Lass mich vorbei. Ich will dir nicht noch mehr wehtun.« Und Elias, der sich den Kopf hielt, machte einen Schritt zur Seite und ließ ihn durch. Einfach so.
    »Danke«, stieß Bernie überrascht hervor.
    Er rannte aus der Hütte, in Richtung Wald. Aber da kam ihm Jake entgegen, einen Strick in der Hand! Hinter ihm liefen mindestens zehn Erwachsene und mehrere Kinder her. Ob sie Jake helfen wollten, Bernie aufzuhängen, oder ob sie versuchten, ihn davon abzuhalten, war Bernie in diesem Moment teraegal. Er drehte sich um und lief auf den Platz zu, auf dem der Tisch mit dem Radio stand, der jetzt fast leer war, bis auf zwei alte Frauen und drei Kinder.
    Bernie wagte es, sich noch einmal kurz umzusehen. Hinter ihm wurde heftig diskutiert, darum hatte Bernie immer noch einen guten Vorsprung. Und so rannte er über den Platz, während er in seiner Hosentasche nach etwas kramte, griff sich im Laufen das Radio und war in der Dunkelheit verschwunden, bevor irgendeiner der Outlaws auch nur bemerkte, dass er sie bestohlen hatte.
    Noch länger dauerte es, bis jemand das Medaillon entdeckte, dass Bernie dagelassen hatte.
    Ein Bär mit Schaum vor dem Mund schrie: »Hängt ihn auf!«, und aus dem Radio plärrte eine Roboterstimme: »Countdown zur Sprengung der Erde läuft: Zehn, neun, acht …«
    Bernie schreckte aus dem Schlaf hoch, warf die Tarnplane zur Seite und holte tief Luft. Angewidert schnippte er einen dicken braunen Käfer von seinem Bein, dann schaute er sich um.
    Er lebte noch, das war die wichtigste Erkenntnis des frühen Morgens. Nach dem, was gestern passiert war, war das schon ein kleines Wunder. Als Bernie noch einmal darüber nachdachte, dass Elias am Ende nicht mehr versucht hatte, ihn aufzuhalten, wurde ihm plötzlich klar: Elias hatte ihn von Anfang an gehen lassen wollen. Und auch, nachdem Bernie ihn angegriffen hatte, hatte Elias nicht gewollt, dass Jake Bernie umbrachte. Seine Verletzungen hatten ihm die Gelegenheit gegeben, Bernie die Flucht zu ermöglichen, ohne dass Jake Elias für einen Verräter hielt.
    Bernie stand auf. Es sah ziemlich düster aus – meteorologisch gesprochen. Zwar regnete es nicht mehr, doch es hingen dicke Wolken am Himmel. Die Sonne spendete schon dämmriges Licht, war aber noch nicht aufgegangen.
    Bernie wischte den Tau von der Plane, packte sie zusammen und ging los. Die Spuren, die er in der Nacht zuvor hinterlassen hatte, waren deutlich zu sehen.
    Noch vor einer Woche hätte er sie überhaupt nicht bemerkt.
    Das Boot war noch da und der Roachy ebenfalls. Bernie wollte einsteigen – aber das ging nicht. »Tamade!«, schimpfte er. Wie es aussah, passte entweder der Roachy oder Bernie in das Boot – aber nicht beide zusammen.
    Bernie kletterte einige Schritte den Abhang hoch. Der Roachy, dessen visuelle Sensoren jetzt nicht mehr von der Bootsplane verdeckt waren, kam hinter ihm her. Bernie sah ihn vorwurfsvoll an, auch wenn er wusste, dass der Roboter nichts dafür konnte, dass er so groß war.
    Es half nichts: Er musste ihn zurücklassen.
    Schweren Herzens durchsuchte er sämtliche Koffer und Fächer des Roachys

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