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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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die nächste große Mühle lag etwa vierzig Kilometer entfernt.
    Das über die Gewässer und Getreidemühlen wusste Alex nur, weil jeden Tag neue Gäste kamen und Informationen mitbrachten. Diese Informationen wurden nicht gehandelt, sondern gratis weitergegeben. Zum einen, weil jeder im Gegenzug auf Informationen hoffte, die ihm selbst weiterhalfen. Aber vor allem, weil die Menschen ein unstillbares Bedürfnis nach Gesprächen hatten. Wahrscheinlich, weil sie alle ihre Freunde und Verwandten ebenso sehr vermissten wie Alex seine Eltern und Celie.
    In den letzten Tagen hatte er auch viel an Bernie gedacht. Verrückt, der war wahrscheinlich ganz in der Nähe, ohne dass sie auch nur miteinander sprechen konnten! Ob Bernie wohl zurechtkam in der Wildnis? Allein niemals. Er konnte ja nicht mal eine runtergefallene Kastanie von einem Steinpilz unterscheiden. Aber er hatte eine erfahrene Tortechnikerin an seiner Seite. Sie war sicher oft in torlosen Gegenden unterwegs und wusste, wie man sich da durchschlagen konnte.
    »Mierda!«
    Alex hatte Agathe noch nie fluchen hören. Doch als er den Verletzten sah, den zwei Männer auf Agathes Anweisung zu ihm brachten, entfuhr ihm auch ein »Shit«. Dann riss er sich zusammen. »Zeig einem Patienten nie etwas anderes als Zuversicht und Optimismus«, hatte Schwester Susmita ihm eingeschärft. »Angst, Entsetzen und Ekel sind kontraproduktiv.«
    »Legt ihn da auf die Bank.« Alex lächelte den Mann an, obwohl sein Anblick ihm den Magen umdrehte. Aber der Mann hätte ihn sowieso nicht sehen können durch all das Blut hindurch, das ihm in die Augen lief – selbst wenn er nicht bewusstlos gewesen wäre.
    »Ich brauch einen Schwamm!«, rief er Agathe zu. »Und koch mir ein Tuch ab!«
    Er tupfte den Kopf des Mannes mit dem Schwamm ab, bis er die Platzwunde knapp über dem Haaransatz fand. Kurz darauf kam Agathe mit dem sterilisierten Tuch. Alex ließ sich noch Honig zum Desinfizieren bringen und strich das sterilisierte Tuch damit ein. Dann wickelte er dem Mann den Verband fest um den Kopf und wandte sich seinen weniger dringenden Verletzungen zu.
    Der Mann war offenbar zusammengeschlagen worden. Mehrere Rippen waren gebrochen, er hatte zahlreiche Schürfwunden im Gesicht und an den Händen und zwei Finger seiner rechten Hand standen in einem übelkeiterregenden Winkel ab.
    Während Alex die Wunden säuberte, die Finger schiente und die Rippen verband, fragte er die beiden Männer, die den Verletzten gebracht hatten, was passiert war.
    Zuerst wollten sie nichts sagen, aber dann beugte sich der Schmächtigere von ihnen vor und flüsterte: »So ’n paar miese Typen haben spitzgekriegt, dass Kalle ’n CB-Funkgerät hat. Das wollten se ihm abnehmen.« Er zog die Nase hoch und wollte offenbar auf den Boden rotzen, überlegte es sich dann aber anders. »Aber nich mit Kalle! Wer den von seiner Funke trennen will, der muss ihn schon umbringen.«
    »Na, das haben sie ja auch fast geschafft«, sagte Alex.
    Der Schmächtige sah ihn erschrocken an. »Aber der wird doch wieder, oder?«
    »Klar«, sagte Alex, aber er fühlte sich teramies dabei. Er hatte es immer gehasst, wenn die richtigen Ärzte das machten: einfach was behaupten, obwohl sie es gar nicht wussten. Andererseits, wenn die Patienten oder ihre Angehörigen sich dadurch besser fühlten …
    »Lecker«, murmelte der Verletzte plötzlich. Dann streckte er die Zunge noch weiter raus. »Hmm, Honig …«
    »Ganz ruhich, Kalle. Du wirs wieder, hatter Doktor gesacht. Brauchs nur Ruhe.«
    Kalle schlief den ganzen Tag und die folgende Nacht durch. Alex sah immer wieder nach ihm, wechselte den Kopfverband und lauschte auf Kalles Atem.
    Alex sagte sich, dass er das tat, weil Kalle von allen, die er bisher behandelt hatte, am schwersten verletzt war. Aber das stimmte nur zum Teil. Der Gedanke an das CB-Funkgerät ließ ihn nicht mehr los.
    Die CB-Funker waren die Einzigen, die noch mit jemandem Kontakt aufnehmen konnten, der weiter entfernt war, als man rufen konnte. Kein Wunder, dass Kalle sein Funkgerät versteckt hatte! Jeder hätte gern eines gehabt, um nach seinen Freunden und Verwandten zu suchen. Aber vor dem Torausfall hatte es nur noch sehr wenige CB-Funker gegeben und entsprechend selten traf man einen von ihnen. Um sich zu schützen, zeigten sie ihre Funkgeräte außerdem nicht herum, sondern hielten sie versteckt. An Kalle konnte man ja sehen, was einen erwartete, wenn man das nicht tat.
    Aber vielleicht – nur vielleicht – war

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