Als die Welt zum Stillstand kam
aus. »Guter Witz!«, rief er. »Dafür könnte ich dich fast verschonen.«
»Wir können ihm doch einfach seine Sachen abnehmen und ihn laufen lassen.« Der Mann, der Bernie die Hände gefesselt hatte, kam hinter seinem Rücken hervor. »Selbst wenn er kein Outlaw ist, kann er uns nicht verraten, Jake. Er kann ja nirgendwohin, genau wie wir.«
Bernie hörte kaum, was der Mann sagte. Denn im selben Moment, als er sein Gesicht gesehen hatte, hatte er ihn erkannt: Elias. Er war mit der stahlharten Frau zusammen gewesen, die Bernie und Camille beobachtet hatten.
Jakes Lachen ließ seinen gewaltigen Körper beben. »Laufen lassen? Seh ich vielleicht aus wie Jesus?«
Bernie überlegte fieberhaft. Es nützte ihm gar nichts, dass Elias sich für ihn einsetzte. Elias hatte hier offensichtlich nichts zu sagen. Aber was konnte Bernie sonst tun? Irgendwas im Tausch gegen sein Leben anbieten? Klar, er hatte die Tarnplane im Rucksack. Aber die konnten sie ihm auch einfach so wegnehmen.
Als hätte Jake seine Gedanken gelesen, schnappte er sich Bernies Rucksack und wühlte darin herum.
»Ein Messer und eine alte Plane, das ist alles.« Jake spuckte auf den Boden. »Schon allein für diese miese Ausbeute sollte ich dich umbringen.«
Bernie konnte sich nicht so recht darüber freuen, dass Jake die erstaunlichen Fähigkeiten der Tarnplane nicht erkannt hatte. Wenn er tot war, war es sowieso völlig egal, wer die Tarnplane bekam.
Mit einem Schlag begriff Bernie, dass es hier um sein Leben ging. Er begann zu zittern.
»Du passt auf ihn auf, ich hol einen Strick«, hörte er Jake durch das Rauschen in seinen Ohren. Die Tür klappte. Bernie war mit Elias allein.
Er versuchte, im Dämmerlicht etwas zu erkennen. Die Hütte wurde offenbar für Handwerksarbeiten und als Lager für Gartengeräte benutzt. Bernie sah eine Werkbank aus Holz, eine Leiste, an der Hämmer, Sägen, Schraubenzieher und andere Werkzeuge hingen, und an einer Wand lehnten Schaufeln und ein Rechen. Alles sehr praktisch, um zu kämpfen, aber leider völlig unerreichbar für Bernie.
Plötzlich war da Camilles Stimme in seinem Kopf. »Wenn es knifflig wird, kommt es nicht so sehr auf dein technisches Wissen an, sondern darauf, die beteiligten Menschen richtig einzuschätzen.« Ja, das hatte sie zu ihm gesagt. Vor einer Ewigkeit, als die Welt noch in Ordnung und er ein angehender Tortechniker gewesen war. Die Welt war seitdem zusammengebrochen, aber Camilles Rat galt immer noch.
Dumm nur, dass Leute einzuschätzen nicht gerade zu Bernies hervorstechenden Fähigkeiten gehörte. Doch er musste es versuchen, sonst war er bald tot.
Er schaute zu Elias hoch, der mit betrübter Miene vor ihm stand. »Ich will nicht sterben«, sagte er und fixierte den Mann, bis der ihm nicht mehr in die Augen sehen konnte.
»Ich kann nichts dagegen machen«, flüsterte Elias. »Jake bringt mich um …«
So wurde das nichts. Der Typ hatte viel zu viel Angst, als dass Bernie mit der Mitleidstour etwas hätte ausrichten können. Dann musste es eben anders gehen.
»Au, tamade, tut das weh!« Er krümmte sich zusammen und stöhnte. Elias kam näher. Bernie stöhnte noch heftiger. »Meine Hand, o Gott, ich spüre sie nicht mehr!« Er sah flehentlich zu Elias hoch, der ganz offensichtlich nicht wusste, was er tun sollte. »Mach die Fesseln nur ein bisschen lockerer, Mann, bitte!«, rief Bernie. Zögernd ging Elias in die Hocke, um sich Bernies Hände anzusehen – als Bernie den Oberkörper ruckartig nach vorn beugte und die hinter seinem Rücken gefesselten Arme dabei nach oben schleuderte. Mit einer Faust traf er Elias am Kopf, der benommen zu Boden ging. Alle Muskeln angespannt, sah Bernie auf Elias hinunter. Noch einmal würde er, gefesselt wie er war, sicher nicht so gut treffen …
Aber Elias stöhnte nur noch leise und rührte sich nicht mehr.
Bernie fühlte etwas Nasses an seiner Hand. Blut. Hoffentlich hatte er Elias nicht ernsthaft verletzt … Er robbte über den Boden der Hütte bis zu der Ecke mit der Werkbank. Er lehnte sich an die Wand und schob sich hoch, bis er stand. Ja, da war ein Schraubstock, wie er auf keiner Werkbank fehlen durfte. Und etwas weiter hinten lag ein Meißel.
Bernie sprang und warf sich nach vorne auf die Werkbank. Er schlug mit dem Kiefer auf das Holz und biss sich auf die Zunge. Aber der Meißel war nun direkt neben seiner Wange. Mit den Zähnen bekam Bernie den Griff zu fassen und ließ sich mit dem Meißel im Mund wieder von der Bank
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