Als Erzieherin gelassen und erfolgreich
vorhanden ist, lässt sich etwas verändern. Ist die Leidenschaft gestorben, stagniert ein Team. Deswegen sind Konflikte zwar lästig, tun aber gut.
Wenn wir unser Gegenüber ernst nehmen und reflektiert von uns erzählen, dann gibt es eine Aussicht, den Konflikt zu lösen, vorausgesetzt, auch unser Gegenüber entwickelt ein Interesse an unserer Welt. Zuhören ist gefragt und nicht Besserwissen. Kein »Ich weiß, was du sagen willst«, denn wir wissen es ja nicht.
Es gibt viele Wahrheiten, sogar in Ihnen. Denn heute handeln Sie nach dem einen Muster und morgen bereits nach einem anderen. Wir entwickeln uns permanent weiter und zeigen an verschiedenen Tagen unterschiedliche Reaktionen. Deswegen tun Fragen jetzt so gut. Wir sind von Wahrheiten umgeben und es ist erleichternd, nicht mehr die eine finden zu müssen, sondern überraschend viele Wahrheiten zu entdecken.
Annegret arbeitet seit zwanzig Jahren in einem Berliner Kinderladen. Das Team hat sich in dieser Zeit nur minimal verändert, obwohl die Konzeption der Einrichtung sich neuen Bedingungen anpassen musste und auch ganz neue Bereiche daraus entstanden sind.
Interview
Christine: »Was, glaubst du, habt ihr richtig gemacht, dass fast alle Kolleginnen noch miteinander arbeiten?«
Annegret: »Da war die Chemie, die bei uns gleich stimmte. Ich finde das sehr wichtig. Wir mögen uns, auch privat.«
Christine: »Und neben der Chemie?«
Annegret: »Wir sind sehr offen zueinander. Wenn einer etwas auf der Seele brennt, dann sagt sie das gleich. Wir haben kurze Dienstwege, nehmen einander ernst und versuchen Konflikte schnell zu lösen.«
Christine: »Seid ihr ehrlich zueinander?«
Annegret: »Unbedingt. Ich kann mich darauf verlassen, dass meine Kolleginnen die Dinge so meinen, wie sie sie sagen. Sie tratschen nicht hinter meinem Rücken, sondern sind direkt.« Christine: »Hattet ihr auch mal eine Kollegin, die nicht ins Team passte?«
Annegret: »Ja, die verstand unsere Arbeit und ihre Rolle ganz anders als wir. Das zeigte sich in ihrer Arbeit. Wir haben erst versucht, mit ihr darüber zu diskutieren, aber sie hatte einen komplett anderen Ansatz. Als verschiedene Kinder nicht mehr kommen wollten, weil ihr Stil und unserer einfach so unterschiedlich waren, da haben wir uns von ihr getrennt.«
Christine: »Was hat sich in den Jahren vom Konzept her verändert?«
Annegret: »Früher hatten wir Schulkinder, das geht nun nicht mehr, denn die Horte gehören jetzt zu den Schulen. Also haben wir eine Gruppe für Einjährige eröffnet. Die leite nun ich.« Christine: »Und wie erlebst du diese Veränderung?«
Annegret: »Am Anfang war das schrecklich für mich! Ich dachte mir: Was soll ich denn bloß mit den Kleinen machen? Ich hatte immer nur Schulkinder betreut.«
Christine: »Was hat dich unterstützt?«
Annegret: »Meine Kolleginnen. Die ließen mich an ihrer Erfahrung teilhaben, ich besuchte Fortbildungen, die ich mit ihnen
nachbesprechen konnte, und jetzt ist mir mein neuer Arbeitsbereich schon sehr vertraut.«
Christine: »Findet ihr schnell einen Konsens? Seid ihr darum bemüht?«
Annegret: »Nur wenn es der Sache dient und nicht, um Befindlichkeiten zu schonen oder um Konflikte zu verdecken. Wir reiben uns auch. Für mich ist das wichtig, damit wir weiter voneinander lernen. Und manchmal muss man auch etwas ausprobieren, bei dem Kolleginnen erst einmal skeptisch sind.«
Tabu: Darüber spricht man (besser) nicht!
Als Tabuthemen werden Dinge bezeichnet, über die in einer Gesellschaft oder einer Gruppe nicht gesprochen werden soll.
Tabus sind etwas, das da ist, das von den Menschen aber so behandelt wird, als ob es nicht da wäre. Jemand zeigt z.B. ein bestimmtes Verhalten, das gesellschaftlich oder bei Einzelnen nicht akzeptiert ist und man negiert dies Thema und klammert es einfach aus. Am liebsten hätte »man«, es würde das Verhalten einfach nicht geben! Es ist wie bei einem Kind, das sich die Augen zuhält und ruft: »Ich bin nicht da!« Aber das Kind ist da und Tabus sind es auch.
Was wir als Tabu empfinden, hat viel mit inneren Werten zu tun oder mit Vorstellungen und Wünschen, wie wir Menschen oder die Welt gerne (anders) hätten. Aber auch damit, was eine Gesellschaft oder Gruppe von ihren Mitgliedern erwartet. Da solche Erwartungen sich im Laufe der Zeit ändern können, kommt es auch vor, dass Dinge, die früher einmal tabu waren, heute nicht mehr als Problem angesehen werden. Denken Sie zum Beispiel an das Thema Scheidung oder
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