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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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Unglücklicherweise war die Tür, die auf den Balkon führte, verschlossen. Und die Brüstung des Balkons verhinderte jeden Blick ins Grüne.
    Livia seufzte tief und ging auf die Sitzecke zu, kam dabei aber an einem Schreibtisch vorbei, den Enno offensichtlich nicht sehr häufig aufräumte. Er war mit Papieren und Büromaterialien übersät. Als Livia ihn passierte, fiel ihr Blick auf einen kleinen Aktenordner, der die Aufschrift „Angelika“ trug. Der Frauenname versetzte Livia einen kleinen eifersüchtigen Stich und sorgte dafür, dass sie den Ordner in die Hand nahm. Sie wollte ihn gerade aufschlagen, als Enno das Wohnzimmer betrat.
    „Hey“, entfuhr es ihm.
    Livia zuckte so erschrocken zusammen, dass ihr der Ordner aus der Hand fiel. Er klatschte leise auf den hellblauen Veloursteppichboden.
    „Wühlst du immer in anderer Leute Sachen herum?“, fuhr Enno sie an.
    „Ich … äh … nein!“, stammelte Livia und wollte sich nach dem Ordner bücken.
    „Fass ihn nicht an!“, fauchte Enno.
    Livia zuckte zurück, als hätte sie sich die Finger verbrannt.
    „Was hast du gesehen?“, fragte Enno und kam mit großen Schritten auf Livia zu.
    „Nichts, gar nichts“, stotterte diese und wich zurück, bis der Schreibtisch sie aufhielt.
    „Lüg mich nicht an!“ Enno war immer noch vollkommen aufgebracht und baute sich breitbeinig vor Livia auf. Der Raum zwischen ihnen schrumpfte auf wenige Zentimeter zusammen.
    „Ich lüg dich nicht an“, beteuerte Livia und schob sich so weit nach hinten, dass die Tischplatte beinahe schmerzhaft gegen ihren Po drückte. Sie hatte auf einmal regelrecht Angst vor Enno.
    „Was – hast – du – gesehen?“, knurrte Enno wie ein bissiger Hund.
    „Sag doch ruhig, dass diese Angelika deine Freundin ist“, schrie Livia ihn an. „Es ist mir egal. Ihr könnt euch alle neue Frauen und Freundinnen suchen, okay? Es ist mir scheißegal!“
    Ihre Worte hatten eine seltsame Wirkung auf Enno. Innerhalb kürzester Zeit entspannten sich seine Gesichtszüge und er begann sogar zu lächeln. „Tut mir leid“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Tut mir wirklich leid.“
    Livia runzelte nur die Stirn. Die Verwandlung war einfach zu plötzlich.
    „Ich hatte so viel Ärger mit Arvin diese Woche, dass ich überall Verrat wittere. Es tut mir leid, Livia, ehrlich.“
    Livia starrte ihn aus großen Augen an. „Du hast geglaubt, ich schnüffle für Arvin?“ Sie war fassungslos. „Aber du … du weißt genau, dass wir uns spinnefeind sind.“
    Enno seufzte tief. „Schon … aber …“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, löste sie wieder und gestikulierte mit den Händen. „Du bist immer mit ihm zusammen, Livia. Und mit mir nur noch selten. Manchmal denke ich …“ – er legte die Hände rechts und links neben Livia auf die Tischplatte und kam ihr dadurch erneut bedenklich nah – „… ihr kommt wieder zusammen.“
    Ennos Atem streifte Livias Gesicht und nahm ihr dadurch die Fähigkeit, selbst Luft zu holen. Sie hatte keine Ahnung, was hier passierte. Und auch als Enno sie küsste, reagierte sie nicht. Das alles schien nicht ihr zu passieren, sondern jemand anderem. Weder ihre Gefühle noch sonst etwas reagierten. Nicht einmal ihr Mund bewegte sich.
    „Ich liebe dich“, raunte Enno ihr zu.
    Livia blinzelte ein paarmal, kam aber auch dadurch nicht richtig zu sich.
    „Es wäre jetzt deine Aufgabe, mir ebenfalls zu sagen, dass du mich liebst“, lächelte Enno. Anscheinend interpretierte er Livias Verhalten als Zustimmung.
    „Ich …“, krächzte Livia, brach dann aber ab. In ihrem Inneren suchte sie verzweifelt nach einer Gefühlsregung, nach irgendeiner Regung. Aber da war nichts, gar nichts. Nur Leere.
Was bedeutete das?
    „Sag es“, flüsterte Enno und näherte sich schon wieder Livias Mund.
    „Ich bin zu dir gekommen, damit du mir sagst, dass ich keine Ehebrecherin bin“, presste Livia mit weinerlicher Stimme hervor.
    Dieses Mal war es Enno, der ein Stück zurückwich. Er starrte sie an. „Wie bitte?“ Aber dann schien er zu verstehen. „Hat Arvin das behauptet?“
    Livia nickte nur.
    „Er lügt“, behauptete Enno schlicht.
    „Das klingt heute etwas … etwas schal aus deinem Mund“, stammelte sie und starrte auf ebendiesen.
    „Mag sein“, sagte Enno leichthin. „Aber Arvin ist ein Arschloch. Das hast du tausendmal erlebt. Er würde alles behaupten, was seinen Zwecken dient.“
    „Welchen Zwecken?“
    „Das weiß

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