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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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auch schon durch die Tür verschwunden.
    ❧
    Die „Arbeit“ bestand darin, dass sich Arvin Spike schnappte und im Laufschritt in den Wald zurückkehrte. Dabei legte er ein Tempo vor, als sei er auf der Flucht und ihm jemand auf den Fersen.
    Spike hetzte hinter ihm her und versuchte mehrmals, durch Bellen seine Aufmerksamkeit zu erregen. Anscheinend spürte er, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Aber Arvin nahm im Moment nur sich selbst wahr. Und das viel zu intensiv. Es fühlte sich an wie damals! Weiche Knie. Achterbahnfahrten im Magen. Tunnelblick.
    Und dabei hatte er sich geschworen, dass ihm so etwas kein zweites Mal passieren würde. Geschworen.
    Es fühlte sich so demütigend an. So als wäre er ein kleines Kind, das seine Gefühle nicht beherrschen konnte. Und seine Gedanken auch nicht! Schon seit Wochen funkte ihm ständig Livia dazwischen. Livia, wenn er abends einschlief, Livia, wenn er aufwachte, Livia, wenn er sich auf seine Arbeit konzentrieren sollte. Ihr Geruch … diese unnachahmliche Mischung aus Äpfeln und Zimt, die er früher gar nicht wahrgenommen hatte … erfüllte inzwischen jeden Raum des Hauses außer seinem Schlafzimmer. Aber auch dort hatte er keine Ruhe vor ihr. Wenn er die Augen schloss, sah er sie vor sich … die geschmeidige Art und Weise, wie sie sich bewegte, und vor allem diese sanften, einladenden Augen.
    Und jetzt auch noch ihre weiche kleine Hand!
    Er wusste, dass er selbst schuld war. Er war es, der damit angefangen hatte. Irgendetwas hatte ihn förmlich gezwungen, sie anzufassen. Schon seit Tagen hatte er darüber nachgedacht. Er hatte so gern wissen wollen, wie sich ihre Haut anfühlte. Vielleicht hatte er sogar geglaubt, dass eine Berührung seine tobenden Gefühle besänftigen würde.
    Aber das war nicht geschehen. Im Gegenteil.
    Und sie hatte ihn auch noch ermutigt! Jede ihrer Bewegungen, jeder Augenaufschlag war inzwischen eine Ermutigung.
    Dabei wollte er das gar nicht! Er wollte nicht, dass ein anderer Mensch ihn in der Hand hatte. Er wollte nicht, dass sein Wohlbefinden von jemand anderem abhing. Er hatte so lange darum gekämpft, allein zurechtzukommen!
    Wenn er seinen Widerstand jetzt aufgab, das wusste er, dann reichte die kleinste Erschütterung aus, um ihn in tausend Teile zersplittern zu lassen. Wie die Vase, die sie kaputt gemacht hatte. Nur mit dem Unterschied, dass niemand da sein würde, um die Scherben wieder aneinanderzufügen …
    Bei diesem Gedanken regte sich tief in seinem Inneren sanfter Widerstand. Im Grunde … na ja … kannte er schon jemanden, der in der Lage war, Dinge zu reparieren. Jesus konnte das. Auch wenn es um Herzen ging.
    Hatte er zumindest gehört …

Kapitel 30
    Livia bekam natürlich mit, dass Arvin von jenem Tag an wieder mehr Abstand zu ihr hielt. Und es blieb ihr auch nichts anderes übrig, als das zu respektieren. Aber sie beobachtete ihn. Eigentlich tat sie kaum etwas anderes als das …
    Mit der Zeit fiel ihr auf, dass er oft müde und abgespannt wirkte, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Und dass die Ringe um seine Augen immer tiefer wurden …
    Sie erinnerte sich an das Gespräch mit Karen. Hatte sie etwa recht gehabt? Brachten ihn vielleicht die finanziellen Sorgen der Firma um den Schlaf? War das am Ende auch der Grund für seine Abwehrhaltung ihr gegenüber? Arbeiten , hatte er nicht was von arbeiten gesagt, als er damals vor ihrer Berührung davongelaufen war?
    Der Gedanke setzte sich bei ihr fest. Vor allem enthielt er das Potenzial, etwas verändern zu können. Wenn sie nun mithalf, das finanzielle Problem zu lösen, gab es vielleicht auch eine Möglichkeit, ihre Beziehung in Ordnung zu bringen …
    Sie hatte schon früher – besonders damals, als sie beschlossen hatte zu gehen – darüber nachgedacht, dass es allmählich an der Zeit war, ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Das Problem war nur ihre rechte Hand. Sie konnte nicht arbeiten, wie andere das konnten. Andererseits hatte sie gelernt, eine ganze Menge mit der linken Hand auszugleichen. Außerdem war sie ausgebildete Floristin. Ob es da nicht doch eine Möglichkeit gab?
    Sie beschloss, es zu versuchen, nahm den nächsten Bus in die Stadt und klapperte nach und nach alle Blumenläden ab, die in den Gelben Seiten zu finden waren. Die ersten drei hatten keinen Bedarf an Personal, aber an der Tür des vierten hing ein Zettel mit der Aufschrift „Aushilfe auf Mini-Job-Basis gesucht“.
    Livias Herz schlug ein bisschen schneller. Sie öffnete die

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