Als Gott ein Kaninchen war
das Jesuskind verlassen in seinem überdimensionalen Kinderkorb in der Bühnenecke zurück und blickte ratlos auf die Reste dessen, was hätte sein können. Plötzlich versetzte ihn Jenny Pennys spinnenhafter Schatten, der auf ihn zugekrochen kam, so in Panik, dass er versuchte, aus der Krippe zu fliehen. Doch leider verhedderte er sich dabei in seinem Windelkostüm und stürzte kopfüber auf einen Felsen aus Pappmaché, der, wie Miss Grogney später der Polizei berichtete, » viel härter war, als irgendwer hätte ahnen können«.
Seine Schreie ließen dem Publikum kalte Schauer über den Rücken laufen, und als Jenny Penny dann versuchte, das Publikum dazu zu bewegen, in die erste Strophe von » Joy to the World« einzustimmen, übertönten das Martinshorn des ersten Krankenwagens und das der Polizei nur mit Mühe die Töne.
JESUSKIND IM KOMA
So lautete die Schlagzeile in der Spätausgabe. Es gab kein Foto von Michael Jacobs, nur eines von irgendeinem weinenden Kind, das auch nicht wegen des Unfalls weinte, sondern weil ihn seine Mutter eines Diebstahls bezichtigt hatte. Eine Zeugin erklärte, dies bedeute das Aus des Weihnachtsfests für die gesamte Gemeinde, aber mein Bruder sagte, so weit solle man nun auch wieder nicht gehen, und dass Jesus schließlich wiederauferstehen werde. » Nicht vor Ostern«, sagte Jenny Penny und weinte in ihr Kissen.
Natürlich gab Miss Grogney mir und Jenny die Schuld für die Tragödie, und das sagte sie auch der Polizei, aber die wollte nichts davon hören. Es handle sich um einen Sicherheitsmangel, und da sie die Person war, die den ganzen Kokolores (dieses Wort benutzten sie wirklich) zu beaufsichtigen hatte, läge die Schuld einzig und allein auf ihren rundlichen Schultern. Noch vor der gerichtlichen Untersuchung kündigte sie. Der Vorfall sollte für sie zur Glaubensfrage werden, denn daraufhin entsagte sie dem modernen Leben, widmete sich nur mehr wohltätigen Zwecken und zog nach Blackpool.
Meine Mutter versuchte den ganzen Abend über, Mrs Penny zu kontaktieren. Schließlich wurde sie von ihr kontaktiert. Mrs Penny teilte ihr mit, dass sie sich beim Muschelessen in Southend-on-Sea befinde und fragte, ob Jenny bei uns übernachten könne. » Natürlich«, sagte meine Mutter und erzählte ihr noch schnell, was vorgefallen war.
» Ich werde so schnell kommen, wie ich kann«, sagte Mrs Penny. » Morgen, gut?« Und dann erkundigte sie sich wie ein Dingo, der Blut gerochen hat, ein bisschen zu erwartungsvoll: » Wann ist die Beerdigung?«
» Er ist nicht tot«, sagte meine Mutter barsch, wenn auch ein wenig voreilig.
JESUSKIND TOT
So lautete die Schlagzeile in der Frühausgabe. Schweigend und wie betäubt reichten wir die Zeitung herum. Nachdem alle Lebensfunktionen aussetzten, hatte seine atheistische Familie beschlossen, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen.
» Meine Güte, das ging aber schnell«, sagte Nancy. » Wollten die etwa Strom sparen?«
» Das ist nicht lustig, Nancy«, sagte meine Mutter und schaute angestrengt nach unten. » Überhaupt nicht lustig.«
Aber ich sah, dass mein Vater grinste, und mein Bruder auch und Jenny Penny schwor, sie habe auch meine Mutter grinsen sehen, als sie von ihrer heißen Schokolade hochblickte. Sie liebte solche Momente. Die Vertrautheit von Familie. Ich vermute, weil sie selbst keine hatte.
Jenny Pennys Mutter war so anders als meine Mutter, wie man nur sein konnte; eine Frau, die eigentlich selbst noch ein Kind war und ständig die Bestätigung ihres Umfelds brauchte, egal wie jung es auch sein mochte. » Wie sehe ich aus, Kinder?«, » Macht mir die Haare, Kinder.«, » Bin ich schön, Kinder?«
Anfangs gefiel mir das – es war, als hätten wir eine ziemlich große Puppe zum Spielen –, aber dann wurden ihre Erwartungen und Forderungen immer größer, und ihre heftige Verbitterung hing im Raum wie eine grelle Glühbirne, die eine Jugendlichkeit preisgab, über die sie nicht mehr verfügte.
»› Mrs Penny‹ klingt so alt, Elly. Wir sind doch Freunde. Nenn mich Hayley. Oder Hayles.«
» Okay, Mrs Penny, mach ich ab jetzt«, sagte ich. Aber es gelang mir nicht. Was sie den lieben langen Tag so machte, war geheimnisumwittert. Sie hatte keinen Job, war aber selten zu Hause. Auch Jenny Penny wusste wenig über ihren Alltag, abgesehen davon, dass sie gern Geliebte hatte und den verschiedensten Hobbys nachging, die zu ihrer Zigeunerlebensart beitrugen.
» Was ist ein Zigeuner?«, fragte ich.
» Jemand, der von
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