Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Gott ein Kaninchen war

Als Gott ein Kaninchen war

Titel: Als Gott ein Kaninchen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Winman
Vom Netzwerk:
Handeln meines Vaters verhinderten ihr verkohltes Dahinscheiden. Er stieß sie sanft auf einen Haufen Sitzsäcke, wobei auch noch die verbleibenden fünf Zentimeter ihres Rocks über die nun gänzlich entblößte Hüfte rutschten.
    » Oh Alfie, wie ungezogen von dir!«, rief sie, als sie lachend in den Rinnstein kugelte. Und als mein Vater versuchte, ihr aufzuhelfen, zog sie ihn zu sich hinunter an ihre zerrissenen Netzstrümpfe und den winzigen Ledermini. Der sich, wie Miss Gobb auch noch feststellte, besser als Geldbeutel eignen würde. Mein Vater rappelte sich wieder auf und klopfte sich den Staub ab, versuchte auch, sich von ihrem Parfüm zu befreien, das sich wie müde Finger an einer Klippenwand an ihm festklammerte.
    » Versuchen wir’s noch einmal«, sagte er, als er sie hochzog.
    » Mein Held«, seufzte sie und leckte sich die blauroten Schmolllippen.
    Mein Vater lachte nervös. » Wusste gar nicht, dass Sie Royalistin sind, Hayley.«
    » Stille Wasser, Alfie«, sagte sie und fasste meinem Vater an den Hintern. Doch dort traf sie bloß auf die Hand meiner Mutter.
    » Kate, ich hab noch gar nicht bemerkt, dass du da bist«, sagte Mrs Penny.
    » Kannst du Greg Harris beim Verkehrlotsen zur Hand gehen?«
    »Und wie ich ihm zur Hand gehe«, sagte sie und stakste davon, zu unserer provisorischen Straßensperre. Die hatte allerdings bislang noch nicht die polizeiliche Genehmigung erhalten, die eigentlich erforderlich gewesen wäre, weil sie unsere Straße vorübergehend von der Woodford Avenue abschnitt.
    Jenny Penny und ich hatten Tapeziertisch-Dienst. Wir schmückten ihn mit Union-Jack-Tischdecken und verteilten Pappbecher und Plastikbesteck in » vernünftigen Abständen« entlang der Tischkanten. Wir stellten Teller voller Marmeladentörtchen und Schokorollen und Kekse mit Schokoglasur dazu, die im milden Sonnenschein sofort zu glänzen begannen.
    » Ich hab der Queen schon mal geschrieben«, sagte Jenny Penny.
    » Was denn?«
    » Hab gefragt, ob ich bei ihr wohnen kann.«
    » Was hat sie dazu gesagt?«
    » Dass sie drüber nachdenkt.«
    » Meinst du, dass sie das tun wird?«
    » Warum sollte sie nicht?«
    Ein Auto hupte wütend hinter uns. Wir hörten Jenny Pennys Mutter rufen: » Ach, verpiss dich! Nein, ich geh nicht weg. Komm schon, setz zurück. Du kommst hier nicht durch.«
    Hup! Hup! Hup!
    Jenny Penny sah blass aus. Jemand drehte die Musik auf– vermutlich meine Mutter–, um die lauter werdenden Kraftausdrücke zu übertönen.
    » Oh, hör mal«, sagte ich und hob den Finger himmelwärts. » Das ist mein Lieblingslied.«
    Jenny Penny lauschte. Dann lächelte sie. » Meins auch. Ich kann den ganzen Text auswendig. Schau: › I see a little silhouetto of a man. Scary mush, scary mush, will you do the fandango?‹«
    » Du kommst hier nicht durch!«, schrie Mrs Penny.
    »› Thunderbolt and lightning, very very frightning. MEEE !‹«, sang ich.
    Mr Harris kam auf uns zugerannt. » Wo ist dein Vater, Elly?«
    »› Galileo, Galileo, Galileo.‹«
    » › Figaro!‹«, plärrte Jenny Penny.
    » Dein Vater, Elly? Wo ist er? Das ist ernst. Ich glaube, es gibt gleich eine Rauferei.«
    »› I’m just a poor boy, nobody loves me‹«, sang ich.
    » Ach, scheiß drauf«, sagte Mr Harris und ging.
    » Und das halte ich von deinem Cousin bei der Polizei!«, schrie Mrs Penny und entblößte ihre schaukelnden Brüste.
    » Ach du Schande«, sagte mein Vater und rannte, sich die Ärmel aufkrempelnd, an uns vorbei. » Är-ger«, fügte er in seiner nervigen, abgehackten Art hinzu.
    »› Let him go!‹«, sang Jenny Penny.
    »› I will not let you go‹«, stimmte ich ein.
    » Das ist doch nur ein einfaches Missverständnis«, argumentierte mein Vater.
    » Lass mich los!«, zeterte Mrs Penny.
    » Aber das lässt sich doch alles bei einer Tasse Tee bereden«, sagte mein Vater ruhig.
    » › I will not let you go!‹«
    »› Let him…‹«
    » HALTET IHR BEIDE JETZT MAL DIE KLAPPE , VERDAMMT !«, brüllte Mr Harris und zog den Stecker des Plattenspielers. Er zerrte uns am Arm in den gesprenkelten Schatten der großen Platane. » Und jetzt setzt ihr euch hier hin und rührt euch nicht von der Stelle, bis ich es euch sage!«, befahl er uns und wischte sich die Schweißperlen ab, die sich unter seiner Nase gebildet hatten. Jenny Penny bewegte sich.
    » Wag es ja nicht!«, drohte er, bevor er seinen Zinnflachmann aufschraubte und mindestens die Hälfte des Inhalts in sich hineinschüttete. » Einige von uns haben hier

Weitere Kostenlose Bücher