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Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Titel: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kerr
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redete, erinnerte Papa ihn daran, daß er in einem freien Land lebte, und diesmal war Papa, vielleicht wegen Onkel Julius, beredter als sonst.
    Monsieur Fernand stritt sich eine Weile mit ihm, dann lachte er plötzlich. Die weiße Katze öffnete vor Überraschung bei dem Geräusch den Mund, und ein Bröckchen Schokolade fiel heraus. Als Anna aufblickte, füllte Monsieur Fernand gerade wieder Papas Glas und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Es ist seltsam«, sagte er, »daß Sie versuchen, uns auf die positiven Seiten der Situation hinzuweisen, wo Sie doch mehr Sorgen haben als irgend jemand von uns.«
    Dann kamen Mama und Madame Fernand wieder ins Zimmer, und bald war es Mitternacht, und alle, sogar die Kinder, tranken auf ein glückliches Neues Jahr.
    »Auf ein glückliches 1935!« rief Monsieur Fernand und alle wiederholten: »Auf ein glückliches 1935!«
    »Für uns und alle unsere Freunde«, sagte Papa still, und Anna wußte, daß er an Onkel Julius dachte.
    Im Februar erkrankte Mama an Grippe, und gerade als es ihr wieder etwas besser ging, bekam die Concierge ein schlimmes Bein. Seit Gretes Weggang hatte Mama die meiste Hausarbeit selber getan, aber die Concierge war jeden Morgen eine Stunde nach oben gekommen, um die gröbsten Arbeiten zu machen.
    Jetzt war Mama ganz allein damit. Sie hatte Hausarbeit nie gemocht und fühlte sich elend, wie die meisten Leute nach einer Grippe und die ganze Last des Saubermachens, Kochens, Waschens, Bügelns und Flickens schien ihr unerträglich. Anna und Max halfen ein wenig mit Einkaufen und Mülleimerleeren aber natürlich blieb der größte Teil der Arbeit für Mama, und sie murrte unablässig darüber.
    »Ich habe nichts gegen das Kochen«, sagte sie, »aber das endlose Waschen und Bügeln und Flicken - es braucht soviel Zeit und nimmt nie ein Ende.«
    Papa war überhaupt keine Hilfe, Er hatte keine Vorstellung davon, was in einem Haushalt alles getan werden muß, und wenn Mama sich beklagte, wie das Bügeln der Bettwäsche sie ermüdete, schien er ehrlich erstaunt.
    »Aber warum bügelst du sie denn überhaupt?« fragte er, »wenn man in der Wäsche schläft, wird sie doch ohnehin wieder verknittert,«
    »Oh, du verstehst überhaupt nichts!« schrie Mama.
    Es war ihr besonders schlimm, weil Omama einen Besuch bei Großtante Sarah plante, und Mama wollte, daß die Wohnung tadellos war, wenn Omama sie besichtigen kam. Aber während sie die Zimmer putzte - und Mama putzte sie mit einer Art von Gewalttätigkeit, die sie bei Grete oder der Concierge nie erlebt hatten - häufte sich die Wäsche an, und während sie gute und billige Mahlzeiten kochte, wuchs und wuchs der Stapel der Sachen, die geflickt werden mußten. Da Papa ganz unfähig schien, ihre Schwierigkeiten zu verstehen, hatte sie manchmal das Gefühl, daß er an allem schuld sei, und eines Abends bekamen sie Streit.
    Mama versuchte, eins von Annas alten Hemdchen zu flicken und stöhnte dabei ausgiebig, weil noch ein Haufen Socken und Kissenbezüge darauf warteten, gestopft zu werden, wenn sie mit dem Hemd fertig war. Da ergriff Papa das Wort:
    »Das ist doch bestimmt ganz unnötig«, sagte er, »es kann doch keine echte Notwendigkeit bestehen, das Unterzeug der Kinder zu flicken, da es doch niemand sieht.«
    Anna fand, er hätte wissen müssen, daß dies eine Explosion hervorrufen würde.
    »Du hast keine Ahnung - keine Ahnung!« schrie Mama, »keine Ahnung von der Arbeit, die ich bewältigen muß. Ich mache mich völlig fertig mit waschen und kochen und bügeln und flicken, und alles, was du dazu zu sagen hast, ist, daß es nicht notwendig ist.«
    »Das sage ich nur, weil du immer klagst«, sagte Papa. »Schließlich scheinen andere Frauen doch zurechtzukommen. Zum Beispiel Madame Fernand.«
    Dies rief einen neuen Ausbruch hervor.
    »Madame Fernand liebt den Haushalt!« schrie Mama. »Und sie hat eine tägliche Hilfe und eine Nähmaschine. Sieh dir das an«, schrie sie und schwenkte einen zerrissenen Kissenbezug. »Sie könnte das hier in zwei Minuten flicken, während ich mindestens eine halbe Stunde brauche. Wenn du mich mit ihr vergleichst, so zeigt das, daß du keine Ahnung hast, wovon du redest.«
    Papa war von ihrer Heftigkeit betroffen. Er liebte Mama und haßte es, sie betrübt zu sehen.
    »Ich wollte nur sagen«, sagte er, »daß es für eine intelligente Person wie dich doch Möglichkeiten geben müßte, zu vereinfachen...«
    »Da fragst du besser Madame Fernand!« schrie Mama, »alles was ich gelernt habe,

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