Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
ist Klavierspielen!« - Und sie lief aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Als Anna am folgenden Tag aus der Schule kam, traf sie Papa im Lift. Er trug eine große Holzkiste mit einem Griff daran.
»Was ist das?« fragte Anna und Papa sagte: »Ein Geschenk für Mama.«
Anna konnte es kaum abwarten, zu sehen, was es war, aber Mama machte beim Anblick des Geschenkes ein langes Gesicht. »Du hast doch wohl nicht...« fing sie an, aber Papa hob den Deckel und sagte stolz:
»Eine Nähmaschine!«
Anna fand, daß die Nähmaschine ganz anders aussah als die von Madame Fernand. Madame Fernands Nähmaschine war silbrig, und diese grauschwarz und hatte eine sonderbare Form.
»Natürlich ist es keine neue«, sagte Papa, »und vielleicht muß sie gereinigt werden. Aber du wirst damit die Kissenbezüge und Strümpfe flicken können, und Kleider für die Kinder nähen, wenn Madame Fernand es dir zeigt...«
»Ich kann keine Kleider schneidern«, sagte Mama, »und mit einer Nähmaschine kann man keine Socken stopfen.« Sie sah richtig entsetzt aus.
»Nun, irgend etwas tut man doch mit einer Nähmaschine«, sagte Papa.
Sie starrten alle das Ding auf dem Tisch an. Anna dachte, es sieht nicht so aus, als könnte man irgendwas damit machen.
»Wieviel hat sie gekostet?« fragte Mama.
»Mach dir darüber keine Sorgen«, sagte Papa, »ich bin heute für den Extra-Artikel für die Pariser Zeitung bezahlt worden.«
Bei dieser Antwort geriet Mama ganz außer sich.
»Aber wir brauchen das Geld!« schrie sie. »Hast du das vergessen? Ich muß die Miete und den Metzger bezahlen, und Anna braucht neue Schuhe. Wir wollten doch diese Dinge mit dem Geld für den Artikel bezahlen.«
Papa machte ein betrübtes Gesicht. Es war klar, daß er es vergessen hatte. Aber bevor Mama noch mehr sagen konnte, schellte es, und als Anna die Tür öffnete, war es Madame Fernand. In der Aufregung über die Nähmaschine hatten alle vergessen, daß sie zum Tee kommen sollte.
»Sehen Sie mal!« riefen Mama und Papa, aber jeder in einem anderen Ton, als Anna den Gast ins Eßzimmer führte.
Madame Fernand betrachtete die Nähmaschine mit ungläubigen Blicken.
»Wo in aller Welt haben Sie die gefunden?« fragte sie, »die muß noch aus der Arche Noah stammen.«
»Ist sie so alt?« fragte Papa.
Madame Fernand untersuchte die Maschine näher.
»Haben Sie sie gekauft?« fragte sie, immer noch in erstauntem Ton.
»Gewiß«, sagte Papa.
»Aber die Nadelplatte«, sagte Madame Fernand, »sie ist gebrochen. Und der Schaft ist seitwärts verbogen - irgend jemand muß sie fallen gelassen haben - sie kann unmöglich funktionieren.« Sie bemerkte einige erhabene Stellen an der Seite der Maschine und rieb sie mit ihrem Taschentuch. Allmählich tauchten unter dem Schmutz Ziffern auf. Sie bildeten ein Datum - 1896. Madame Fernand steckte ihr Taschentuch wieder ein.
»Als Antiquität mag sie ganz interessant sein«, sagte sie bestimmt, »aber als Nähmaschine muß sie zurückgebracht werden.«
Papa konnte immer noch nicht glauben, daß sein herrliches Geschenk nutzlos sein sollte.
»Sind Sie sicher?« fragte er.
»Ganz sicher«, sagte Madame Fernand. »Bringen Sie sie schnell zurück und lassen Sie sich Ihr Geld zurückgeben.«
»Und krieg ich dann auch meine neuen Schuhe?« fragte Anna.
Sie wußte, daß dies nicht der richtige Augenblick war, danach zu fragen, aber ihre alten waren ganz verschlissen, und zudem drückten sie an den Zehen, und sie hatte sich schon so lange auf die neuen gefreut.
»Natürlich, natürlich«, sagte Mama ungeduldig, aber Papa zögerte immer noch.
»Hoffentlich nehmen sie sie zurück«, sagte er, »der alte Mann, der sie mir verkaufte, schien nicht sehr entgegenkommend.«
»Ich gehe mit Ihnen«, sagte Madame Fernand. »Ich will die Bude sehen, wo man antike Nähmaschinen verkauft.« Auch Anna ging mit.
Der Laden verkaufte nicht, wie Anna erwartet hatte, nur Nähmaschinen, sondern die verschiedensten Sachen, zum Beispiel alte Stühle, wacklige Tischchen und gesprungene Bilder. Einige der Sachen waren auf dem Bürgersteig aufgebaut, und ein kleiner, schlecht gekleideter Mann war damit beschäftigt, ein Tigerfell mit kahlen Stellen über eine Kommode zu drapieren.
Als er Papa erblickte, schlossen sich seine seltsam hellen Augen zur Hälfte.
»Guten Tag«, sagte Papa höflich wie immer. »Ich habe heute morgen diese Nähmaschine bei Ihnen gekauft, aber leider funktioniert sie nicht.«
»Wirklich nicht?« sagte der
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