Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker
derselben recht schalkhaft auf mich her zu blicken, als ich mein Schweinsfett ausbot, das Pfund um sieben Groschen. Er fragte, ob Safran in dem Kübel wäre! Worauf ich eine Weile tat, als besänne ich mich.
»Na, na«, näselte das Herrlein, »wenn du deine Schmier’ nicht gern gibst, so geh nur gleich wieder!« Da ließ ich sie ihm ab. Er wog das Küblein mit einer unendlichen Gleichgültigkeit, das gab gerade drei Pfund, das Holz wie das Fett zahlte er pro Pfund zu fünf Groschen. Der Kübel wurde in eine dunkle Nebenkammer getragen, leichten Herzens bin ich von ihm geschieden. – Und nun um zwei Groschen Hasenöl! – Da sollte ich in einer Viertelstunde wieder kommen.
Ich war hungrig und durstig geworden, ging hinaus und suchte ein Wirtshaus. Es standen ihrer ein paar stattliche da herum, mit großen Fensterscheiben, durch die schneeweiß gedeckte Tische zu sehen waren. Ich traute ihnen nicht recht. Wenn andere gute Wirtshäuser suchen, so ist das ihre Sache, ich für meinen Teil suchte ein schlechtes, war mir wohl bewusst, was draufgehen durfte. Glücklich fand ich das gesuchte; die Stube war dunkel und voller Fliegen, die an dem braunen, klebrigen Holztisch herumkrochen; das halbe Glas Wein war lau, aber nass und das genügte mir. Die Semmel von vorgestern war schon deshalb zweckmäßig, weil sie mehr ausgab als etwa eine von heute.
Diese Genüsse verschlangen zu meinem nicht geringen Schrecken ein halbes Pfund Schweinsfett und ich – als der bloß nach Kindberg Geschickte – durfte über das Kapital nicht verfügen!
In die Apotheke zurückgekehrt, gab es dort Leute. Ich hatte zu warten und setzte mich hinterwärts auf eine Winkelbank, von der aus schön zu sehen war, wie dieses ehrwürdige Geschäft, mit allerhand Mitteln die Leute gesund zu machen, betrieben wurde. Da kam jemand und verlangte Fuchsschmalz. Das alte Männlein langte einen schwefelgelben Tiegel vom Gesimse, stach mit einem zierlichen Schäufelchen ein Stücklein heraus auf ein Papier, legte es auf die kleine Waage: »So, Vetter, da sind vier Quintel Fuchsschmalz, kosten zwei Groschen.« Hernach verlangte eine Frau Pillen. Eine andere bekam ein winziges Fläschchen. Ein Knabe begehrte Dachsfett als Mittel gegen den Kropf. Der Apotheker langte emsig nach dem schwefelgelben Tiegel auf dem Gesimse und gab, ähnlich wie früher, das Verlangte. Das fiel mir auf, er musste sich vergriffen haben, in diesem Tiegel war doch das Fuchsschmalz. Hierauf wurden Pulver angefertigt und kleine Schächtelchen und Fläschchen allerlei. Ein altes Weib kam hereingehumpelt, beklagte sich über die Gicht und ob sie nicht eine Gichtsalbe haben könne. »Gewiss, liebe Frau!«, sagte das Männlein, langte wieder nach dem schwefelgelben Tiegel und gab die Gichtsalbe heraus. Jetzt hub dieser schwefelgelbe Tiegel auf dem Gesimse an, mir unheimlich zu werden. Weil die Zeit verging und ich immer noch nicht bemerkt wurde, so trat ich endlich aus dem Winkel hervor und bat um mein Hasenöl.
»Ei ja richtig, Kleiner. Du bist auch da. Du bekommst Hasenöl!«, sprach freundlich das Männlein, nahm den Schwefelgelben vom Gesimse und stach mir gestocktes Hasenöl heraus.
Noch hatte ich das kostbare Mittel, welches in ein ganz kleines Tiegelchen getan war, kaum geborgen in meiner verlässlichsten Rocktasche und es redlich bezahlt, als wieder ein Frauchen zur Tür hereinkam und fragte, ob frisches Schweinsfett zu haben wäre als Medizin?
»Vollkommen frisch!«, rief der Apotheker. »Heute erst bekommen!«, und stach aus dem schwefelgelben Tiegel Schweinsfett.
Hierauf bin ich fortgegangen und habe gleich bei mir selber die Erfahrung gemacht, wie heilsam so ein bisschen Hasenöl ist gegen die Dummheit. – Fuchsschmalz, Dachsfett, Gichtpflaster, Hasenöl und Schweinsfett, alles in einem Tiegel! Jetzt erst ist mir klar geworden, welch einen Schatz von köstlichen Arzneien ich in meinem Kübel aus dem Gebirge herabgeschleppt hatte.
Als ich von der Bruckerstadt fortging, lagen die Schatten der Berge schon weit in das Tal hinein. Meine Füße hatten sich in schwerem Schuhwerk heißgegangen; auch das Atmen war mühsam und es war, als ob mir jemand ein hartes Brett fest an die Brust gebunden hätte. Nach Alpel waren es bloß noch acht Stunden. Weil es etwas langsam voranging, so holte mich ein Fuhrwerk ein. Zwei klobige Pferde zogen einen großen Bauernwagen, auf dessen Vordersitz ein Bursche, etwa in meinem Alter, kutschierte. Der Wagen selbst war fast leer. Er war mit
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