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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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wichtigste Zubehör zu solchem Umzug ist der Glaube und der ist in Fülle vorhanden.
    Die Menschenreihen kommen zum Altare im Freien, die vorderen müssen weit voran, bis der Priester an die Stelle gelangt. Ist er da, so stellt er das Sakrament in den Tabernakel und liest Verse aus einem der vier Evangelien. Dann hebt er unter dem Dröhnen der Böller die Monstranz, wendet sich mit ihr nach allen vier Himmelsgegenden hin und segnet die Auen, die Fluren, die Lüfte, auf dass der Sommer fruchtbar sei und kein Ungewitter den Fleiß des Landmannes vernichte. – Und die Prozession zieht weiter.
    So ist es in größeren Dörfern. In kleinen Gebirgsortschaften wird das Fest einfacher abgehalten, doch nicht minder feierlich. Weil dort alle Gassen und Straßen bestanden sind von lebenden Bäumen und Sträuchern, so braucht keine Birke aufgesteckt zu werden, außer an Kreuzsäulen, wo sie dann gleichsam wie zur heiligen Wacht stehen, eine zur Rechten und eine zur Linken. Weil die Leute kleiner Ortschaften nicht vier Altäre haben, um sie aufzustellen, so ist ein tragbares Altärlein vorhanden, ein vierfüßiges Tischchen mit weißem Decktuche und der Tabernakelnische, an welche auf blauem Grunde Engel gemalt sind, die vor dem »Süßen Namen« knien. Darüber ein Dächlein mit Goldquasten. An der Rückseite sind die Tragbänder angebracht, mittels welcher ein Bursche das Altärlein auf den Rücken nimmt und während der Prozession von einer Evangeliumsstelle bis zur anderen trägt.
    So ein Altartischlein haben sie auch zu Kathrein am Hauenstein. Wer es sehen will, zur Sommerszeit steht es dort in der Kirche vor dem großen Bilde der Vierzehn Nothelfer. Schon in meiner Jugendzeit stand es daselbst und der Kaunigl, der mit der Hasenscharte, hatte die Obliegenheit, am Fronleichnamstage das Tischlein hinauszutragen und von einem Evangeliumsplatz zum anderen. War das eine Evangelium zu Ende und die Prozession zog auf ihrem Wege weiter, allsogleich fasste er das Altärlein bei den Tragbändern auf den Rücken, die Kerzenleuchter und den Knieschemel in die Hände und hastig über den Hügel hin durch den abstürzenden Waldsteig, um den Vorsprung zu gewinnen und am nächsten Platze den Altar aufzustellen. An den Füßen des Tischchens wurden ein paar Steinchen unterlegt, dass nichts wackeln konnte, der Schemel zurechtgestellt und die Kerzen angezündet, dann war die erste Fahne aber auch schon in Sicht.
    Und da ist’s einmal geschehen, dass ich aus solchem Anlass in eine seelenmordende Geschichte verwickelt worden bin. Ich war damals in den Jahren, da noch niemand weiß, wie sich ein solcher Lausbub entwickelt. Es kann ein halbwegs braver Kerl draus werden, aber auch ein Lump, wer weiß es? Nur der liebe Gott und selbst der lässt dem schlanken blassen Bürschel die Wahl. Ich war an jenem Tage in meinem Waldbauernhause drüben etwas zu spät aufgestanden oder ich hatte mit den bockigen Bundschuhen meine Plage, bis ich hineinkam, oder es war die Frühsuppe nicht zur rechten Zeit fertig, kurz, als ich in die Nähe der Kathreiner Kirche kam, ging es dort schon über und über los und zwischen den Bäumen her leuchteten die roten Fahnen, funkelten die Lichter. Ich schlich mich hinterwärts hinüber, denn das einfach Richtige zu tun, nämlich geradewegs auf die Prozession loszugehen und mich unter die Leute zu mischen, dafür hätte ich mich zu Tode geschämt. Da war’s ja wieder, wo mir der liebe Gott die Wahl ließ: Geselle dich zu den Andächtigen oder schlüpfe wie ein Strich durch die Büsche hin. – Ich schlüpfte wie ein Strich durch die Büsche hin und da begegnete ich dem Kaunigl mit dem Altarl. Sogleich forderte er mich auf, ihm tragen zu helfen. Das war mir auch recht, so kam mein abseitiger Weg zu einer Rechtfertigung. Ich nahm dem Kaunigl Schemel und Leuchter aus der Hand und wir hasteten zwischen Jungwald hinauf zum Föhrenriegel, der hinter der Kirche steht und wo das letzte Evangelium abgehalten werden sollte. Wir wirkten getreulich zusammen und bald stand neben der Felswand das Altärlein fest und bald brannten darauf die Kerzen. Die Prozession erschien noch nicht, sie hatte einen weiteren Weg zwischen die grünenden Felder hin genommen, der Kaunigl-Bub war aber nicht der Mensch, der eine Zeit unnütz verstreichen lassen wollte. Mit einem flinken Griff zog er aus seiner Hosentasche ein Kartenspiel und warf es auf das Altärlein hin, dass die Lichter zwinkerten vor den flatternden Blättern. Schweigend, als wäre es so

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