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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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selbstverständlich, warf er zwischen mir und ihm ein Spiel aus. Es war nicht das erste Mal, dass wir zusammen Karten spielten, so hob ich die Karten auf und wir machten ein regelrechtes Spiel auf dem Fronleichnamsaltare bei weihevoll brennenden Wachskerzen. Für ein zweites Spiel war auch noch Zeit; während der Kaunigl ein drittes ausgab, kamen um die Biegung die ersten Männer mit entblößten Häuptern, laut betend heran. Keine Katze kann die behände Maus heftiger packen, als der Kaunigl jetzt die Karten zusammenscharrte und in die Hosentasche schob. Gar harmlos stellten wir uns auf die Seite und zogen unsere Kappen ab.
    Bald kamen die Musikanten heran, der Eggbauer mit dem Flügelhorn, sein Sohn mit der ersten Trompete, der Schneider-Naz mit der zweiten, der Erhard-Bub mit der Klarinette, der Schmied-Zenz mit der kleinen Trommel; der Rüssel-Franz schleppte auf dem Rücken die große Trommel, auf welche der Hausteiner Wirt mit Macht und Kunst dreinhieb. Der Jäger-Ferdl handhabte die »Tschinellen«. Hinter dieser heftigen Musik kam der Himmel. Der alte Herr Pfarrer mit dem weißen Haar trug das Allerheiligste hoch vor sich her und hielt das Haupt tief geneigt, erstens aus Ehrfurcht und zweitens, weil ihm das Alter den Nacken schon stark gezogen hatte. Er schritt dem Altärlein zu, um die Monstranz auf dasselbe hinzustellen. Schon wollte das geschehen, da hielt er plötzlich ein und stand einen Augenblick mit starrer Miene da. Hatte er nicht zwischen der Falte des weißen Decktüchleins den Grünzehner gesehen? War nicht dieses höllische Kartenblatt dort unversehens liegen geblieben? – Mit solchem Grün den Fronleichnamstisch zu schmücken, das wollte dem Herrn Pfarrer doch nicht ganz schicklich scheinen. Ohne ein Wort zu sagen, ohne eine Gebärde des Unwillens zu zeigen, wendete er sich gegen den Felsen und stellte die Monstranz auf einen vorspringenden Stein.
    Die wenigsten Leute hatten es wahrgenommen, warum dieses geschehen; das Evangelium, der Segen wurden ohne weiteren Zwischenfall abgehalten, ich aber lugte zwischen den Haselstauden her und sah, dass der Pfarrer blass war bis an die Lippen. – Wäre er zornig geworden über seine Entdeckung auf dem Altärlein, hätte er gewettert und die Täter bei den Ohren nehmen lassen, ich würde das ganz stilgerecht gefunden haben, aber sein demütiges Schweigen, sein trauriger Blick, und wie er den durch das frevelhafte Kartenspiel heimatlos gewordenen Heiland auf den wilden Felsen hinstellen musste – das hat mir einen Riss gegeben. Gewusst kann er’s nicht haben, wer der Mitschuldige war, aber merken hätte er es leicht können an meinem Armensündergesichte, sosehr dieses sich auch zu verbergen suchte hinter den Haselstauden. Nachher, als in der Kirche das Hochamt anhub, zupfte der Kaunigl mich am Rockschößling und lud mich ein, mit ihm auf den Turm zu steigen, wo wir zum Sanktus und zur Wandlung die Glocken läuten und Karten spielen könnten. Den Grünzehner hätte er schon wieder. – Das ist nun zwar nicht geschehen, aber verloren bin ich doch geblieben. Ich getraute mich von diesem Tage an nicht mehr zum Beichtstuhle. Der Kaunigl getraute sich, es war jedoch nicht so einfach gewesen, als er es sich vorgestellt, er hat mir’s später erzählt. »Ich habe einmal Karten gespielt«, hatte er gebeichtet. – »So«, antwortete der Pfarrer, »das Kartenspielen ist ja an und für sich nicht so schlimm, wenn nicht um Geld gespielt wird.« – »Ja, um Geld ist nicht gespielt worden.« – »Wo war es denn?« – »Ja, auf einem Tisch.« – »Auf welchem Tisch?« – »Ja, auf einem hölzernen.« – »War es etwa auf dem Fronleichnamstisch?«, fragte der Pfarrer. – »O nein«, sagte der Kaunigl. Dann ist er losgesprochen worden.
    »So hast du ja bei der Beichte gelogen!«, hielt ich dem Jungen vor.
    »Das macht nichts«, antwortete er rasch, »die Lüge bringe ich das nächste Mal leicht wieder an. Wenn ich nur das Kartenspiel vom Hals hab, Teufel noch einmal, das hat mich schon selber gefuchst, da könnt einen auf die schönste Manier der Teufel holen.«
    Ich habe aus dieser Erfahrung meine Schlüsse gezogen. Wenn das Kartenspiel an und für sich nicht so schlimm ist, um Geld wurde nicht gespielt, so braucht man die Geschichte ja nicht zu beichten. Es steht auch weder im Kleinen noch im Großen Katechismus, dass der Mensch auf Altären nicht Karten spielen dürfe. – Diese feine Auslegung half mir aber nichts. Wenn ich an jenen Fronleichnamsfrevel

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