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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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dachte, bei welchem ich so dumm mitgetan, da ward mir manchmal ganz übel. In den Nächten träumte ich davon und zwar sehr ungemütlich, und sonntags in der Kirche sitzend, durfte ich gar nicht hinblicken auf jenes Altartischchen, es stand so sonderbar da, als wollte es jeden Augenblick laut zu sprechen anheben und mich verraten. Zum Überflusse las ich um diese Zeit auch noch in einem alten Erbauungsbuche die Geschichte, wo ein frevlerischer Schustergeselle im Wirtshause die Wandlung der Hostie nachahmte und wie ihm dabei die gehobenen Arme erstarrten, sodass er sie nicht mehr zurückbiegen konnte, dass er mit hoch in die Luft gestreckten Armen herumgehen musste, bis er durch die Lossprechung eines frommen Paters erlöst worden. Das wäre so was, wenn ich mit gehobenen Armen, das Trumpfass in der Hand, umhergehen müsste und die Leute täten spotten: Na, stich, Peterl, stich! Und ich steche endlich zu und steche meine arme Seele tot! Das wäre so was!
    Ich allein konnte mit mir nicht fertig werden, das war nun klar. Also ging ich eines Tages in der Feierabendstunde nach Sankt Kathrein zum Pfarrer. Der stand gerade vor dem Hause an seinem Brunnentroge, in welchem ein stattlicher Quell sprudelte und der mit einem rostigen Drahtgitter übersponnen war. Der Pfarrer mochte glauben, dass ich nur so zufällig vorübergehe, er winkte mit seinem schwarzen Strohhut, ich möchte zu ihm kommen. »Was sagst du dazu, Peterl?«, rief er mir mit seiner weichen Stimme entgegen. »Neun und fünf und sieben, macht das nicht einundzwanzig?«
    Ich war nie ein besonderer Kopfrechner, diesmal sagte ich auf gut Glück: »Ja, das wird schon so sein, einundzwanzig.«
    »Nun also«, sagte er, »und jetzt schau einmal her«, er deutete in den Brunnentrog, »da hat mir der Blasler-Bub vor vierzehn Tagen neun lebendige Forellen verkauft, die habe ich in den Trog getan. Vor acht Tagen hat er mir wieder fünf Stück verkauft, habe sie auch hineingetan und heute hat er mir noch einmal sieben Forellen verkauft, die habe ich auch hineingetan, und jetzt, wie viel sind drinnen im Ganzen? Acht Stück und nicht um ein Schwanzel mehr! Und ich kenn’s, es sind dieselben, die er mir vor vierzehn Tagen gebracht hat, und es kann gar nicht anders sein, der Lump, hätt ich bald gesagt, hat mir die Fische immer wieder aus dem Trog gestohlen und neuerdings verkauft! Das ist doch ein – ein –« Er ballte die Faust in die Luft. – Der Blasler-Bub wird die Forellen wohl schon gestohlen gehabt haben, bevor er sie das erste Mal verkaufte, denn der Blasler hatte gar kein Fischrecht. Daran dachte der gute Pfarrer wohl kaum, er hatte sicherlich nur an seine Fasttage gedacht; das Kirchengebot erlaubt an Freitagen und Samstagen die Fische, ob es aber gestohlene sein müssen, davon schweigt es.
    Zum Sündenbekennen war diese Gelegenheit nicht günstig. Ich unterließ es also, küsste ihm den Rockärmel, weil zu einem Handkuss die Faust nicht einlud, und ging weiter. Unterwegs erwog ich lange, welche Sünde schwerer sein mochte, des Blasler-Buben seine oder meine. Die seinige erschien mir als ein Schelmenstück, die meinige jedoch konnte eine Sünde gegen den Heiligen Geist sein und solche werden nicht vergeben.
    Einige Tage später trieb der Kogel-Wirt vom Kreßbachgraben eine graue Ziege mit zwei Zicklein des Weges. Die Alte hatte ein volles Euter, die Jungen hüpften um sie herum und wollten einmal ein wenig trinken. Der Kogel-Wirt aber zischte: »Scht, nichts da! Das volle Euter müss’n mer dem Herrn Pfarrer bringen!«
    Da war ich schon wieder neugierig, was dahinter wäre, und der Wirt, ein gewanderter Tiroler war’s, hatte auch noch seinen spitzen »Sternstecherhut« auf und er sagte: »Das ischt halt so, mein Bub, ‘s Weib ischt mir g’schtorben. Die Geiß, hat sie g’sagt, und die Kitzen, hat sie g’sagt, vermach iach dem Kathreiner Pfarrer. Das ischt noch ihr Willen g’west und nachher ischt sie g’schtorben. Dessen weg treib iach jetzter die Viecher zum Pfarrer abi.«
    Gut, denke ich bei mir, und in einer Stunde komme ich nach! Heute wird er gut aufgelegt sein und heute ist die beste Gelegenheit. War insoweit ganz klug überlegt. Ich ging hin, der alte Herr war an demselben Nachmittage gar lustig und lud mich ein, eine Schale Kaffee mit ihm zu trinken, es wäre frische Milch vom Kreßbachgraben dabei. Und mitten im Kaffee war’s, dass ich plötzlich sagte: »Halt schon lang ein Anliegen hab ich, Herr Pfarrer!«
    »Du, ein Anliegen?«, lachte er auf.

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