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Als ich unsichtbar war

Als ich unsichtbar war

Titel: Als ich unsichtbar war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pistorius Martin
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einzelne dieser Menschen hat ungeheuer viel erreicht, doch für jeden von ihnen war entscheidend, einen Traum gewagt zu haben. Es ist eine gewaltige Sache, und wir alle müssen lernen, es zu tun.«
    Dr. Bryen schaut einen Mann an, der ziemlich weit vorne sitzt. »Welchen Traum haben Sie?«, fragt sie ihn.
    Er ist körperlich gesund und rutscht unruhig auf seinem Sitz herum, als plötzlich das Rampenlicht auf ihn fällt.
    »Irgendwann ein Buch zu schreiben«, sagt er leise.
    »Und wie wollen Sie es erreichen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Dr. Bryen lächelt ihn an. »Dies ist der Grund, weshalb wir über unsere Träume lange und intensiv nachdenken müssen, denn sobald wir sie zu haben wagen, können wir den Prozess einleiten, sie in die Realität umzusetzen. Dabei müssen Träume nicht unbedingt groß sein. Ich kenne eine Frau, die davon träumt, das Abonnement eines Seifenoper-Magazins zu haben, und eine andere möchte jede Woche zum Essen Makkaroni mit Käse bekommen. Träume können jeden Umfang annehmen, den Sie ihnen geben möchten. Entscheidend ist nur, dass Sie einen haben, der ganz allein Ihnen gehört.«
    Dr. Bryen schaut sich wieder im Raum um. Ihr Blick wandert durch die Reihen, er wandert immer weiter, bis er auf mir ruhen bleibt. »Was glauben Sie, brauchen Sie, um einen Traum zu verwirklichen?«, fragt sie.
    Alle schauen mich an. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich wünsche, die Leute würden wegblicken. Ich möchte allein gelassen werden. Noch nie haben mich so viele Menschen gleichzeitig angeschaut. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
    »Ich glaube, Martin würde sagen, dass man hart arbeiten muss«, sagt Mam.
    Sie spricht für mich und versucht die Stille zu füllen, die ich wie eine Wunde aufreiße. Ich möchte nur noch in den Erdboden versinken.
    »Ich hätte aber gerne gewusst, was Sie denken«, sagt Dr. Bryen und schaut mich an. »Sie sind Martin, stimmt’s? Ich möchte, dass Sie mir erzählen, was ein Mensch Ihrer Meinung nach braucht, um einen Traum zu verwirklichen.«
    Es gibt kein Entkommen. Im Saal ist es furchtbar still, während ich meine Kopfmaus auf den Laptop richte und auf Schalter zu klicken beginne.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit spreche ich schließlich: »Man muss die Chance bekommen, ganz alleine zu entscheiden, welchen Traum man hat«, sagt meine Computerstimme.
    »Wie meinen Sie das, Martin?«
    Ich klicke wieder und wieder auf meine Schalter: »Die Menschen müssen einem dabei helfen, herauszufinden, welchen Traum man hat. Sie müssen einen in die Lage versetzen, einen Traum zu haben.«
    »Oh nein!«, ruft Dr. Bryen aus. »Da bin ich total anderer Meinung als Sie. Sehen Sie das denn nicht, Martin? Sie können doch nicht andere Menschen bitten, Ihnen das Träumen zu erlauben. Sie müssen es einfach selbst tun.«
    Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was Dr. Bryen meint. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, das Essen vorgesetzt zu kommen, das andere für mich ausgewählt haben, und ich wurde ins Bett gebracht, wenn sie entschieden, ich sei müde. Mir wurde angezogen, was sie für passend hielten, und gesprochen wurde mit mir nur, wenn sie zu mir etwas sagen wollten. Ich wurde nie gebeten, darüber nachzudenken, was ich will. Ich weiß nicht, wie das ist, Entscheidungen für mich selbst zu treffen, ganz zu schweigen davon, einen Traum zu wagen. Ich schaue sie an. Ich weiß so viel über die Erwartungen anderer – und so wenig über meine eigenen.
    Aber ist das, was sie sagt, wahr? Sollte ich vielleicht damit anfangen, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, jetzt, wo ich meine Stimme finde? Ich begreife doch erst langsam, dass irgendwo am Ende dieser Reise jene Art von Freiheit sein könnte, die ich mir früher nicht hätte träumen lassen. Ich werde in der Lage sein, jene Person zu sein, die ich sein will, aber wage ich wirklich zu träumen, wer dies ist?

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    21
Geheimnisse
    D ie unerwartete Seite eines Lebens als Geisterjunge war die Tatsache, dass die Menschen mir ungewollt ihre geheimen Welten offenbarten. Ich hörte Furze wie Gewehrkugeln knallen, wenn Leute einen Raum durchquerten, oder ich beobachtete, wie sie ihr Spiegelbild so oft begutachteten, dass es den Eindruck erweckte, als hofften sie auf wundersame Weise eine hübschere Version ihres Gesichts zu sehen zu bekommen. Ich sah Leute in der Nase bohren und den Fund verspeisen oder ihre eng anliegende Unterwäsche richten, bevor sie sich an den Genitalien kratzten. Ich habe sie fluchen und vor sich hin

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