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Als ich unsichtbar war

Als ich unsichtbar war

Titel: Als ich unsichtbar war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pistorius Martin
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nicht weiß, und häufig fühlte ich mich völlig überfordert. Doch im Moment wendet sich alles drastisch zum Besseren.«
    Als die Studenten mich nach dem Vortrag umdrängen und mir gratulieren, gibt es mir ungeheuren Auftrieb, unter ihnen zu sein. Mit ihrem fröhlichen Lachen und den lauten Stimmen erscheinen mir die Menschen meines Alters so strahlend, als habe man sie in Regenbogenfarben gemalt. Zur Feier des Tages habe ich beschlossen, mein Lätzchen nicht mehr zu tragen, und so sehe ich schon ein bisschen mehr aus wie sie.
    »Du warst fantastisch!«, höre ich jemanden mit amerikanischem Akzent sagen.
    Erica ist eine Studentin, die ich Anfang der Woche an dem Morgen kennengelernt hatte, als Mam zu dem Computerladen gegangen war und Michal mich zum Tee eingeladen hatte. Nachdem sie mir das Getränk gegeben hatte, wurde Michal abgelenkt, und ich starrte auf meine Tasse und wusste, dass ich nicht daraus trinken konnte, denn sie hatte mir keinen Strohhalm hineingetan.
    »Brauchst du etwas?«, fragte jemand.
    Ich wendete den Kopf und sah eine Frau in ungefähr meinem Alter. Sie hatte kurzes blondes Haar und sprühte vor Energie. Ich wedelte mit meiner Hand nach unten.
    »Ist es in deinem Beutel?«
    Die Frau bückte sich, fand einen Strohhalm und tat ihn in meine Tasse.
    »Ich heiße Erica«, sagte sie. »Ist es dir recht, wenn ich etwas bei dir bleibe?«
    Ihre Direktheit gefiel mir. Erica erzählte mir, sie sei von ihrer Universität in Amerika, an der sie Sprachtherapie und Logopädie studiert habe, für zehn Monate beurlaubt worden, um Südafrika zu besuchen und hier ein Aufbaustudium zu absolvieren. Ich bewunderte, wie sie mit mir über Gott und die Welt redete. Es geschah nicht oft, dass jemand so ungezwungen mit mir sprach.
    »Ich finde es hier überhaupt nicht kalt, obwohl wir uns mitten im Winter befinden!«, sagte Erica kichernd. »In Wisconsin bin ich so an harte Winter gewöhnt, dass das hier nichts dagegen ist. Ich verstehe nicht, weshalb die ganzen Leute zu frieren scheinen, während ich am liebsten im T-Shirt herumlaufe.«
    Wir unterhielten uns weiter, bis die Teepause beendet war und Erica mich in den Hörsaal zurückschob.
    »Es war schön, mit dir zu reden, Martin«, sagte Erica.
    Danach haben wir immer mal wieder miteinander geplaudert, und jetzt lächelt mich Erica an. Ihr Lachen wirkt schelmisch, als sie sich zu mir hinunterbeugt.
    »Ich habe beschlossen, dass wir Freunde sein sollten«, sagt sie.
    Sie kommt noch näher, sodass niemand sie hören kann. »Aber unter einer Bedingung: keine Eltern.«
    Ich lächle Erica an und gebe ihr meine E-Mail-Adresse. Sie verschwindet, um sich mit jemand anderem zu unterhalten, und Professor Alant kommt zu mir.
    »Ich würde gerne mal mit Ihnen reden, wenn das möglich ist, Martin«, sagt sie. »Aber alleine, ist das in Ordnung?«
    Ich bin sicher, dass ich fast so überrascht dreinschaue wie meine Mutter. Es geschieht ja nicht gerade häufig, dass ich mich ganz alleine mit Leuten unterhalte, die ich nicht kenne. Doch Professor Alant macht einen resoluten Eindruck, als sie sich neben mich setzt, und meine Mutter geht weg.
    »Für uns war es eine Freude, Sie in dieser Woche bei uns zu haben«, sagt sie. »Hat es Ihnen hier auch gefallen?«
    Ich nicke.
    »Das freut mich, denn Ihre Erkenntnisse über die Anwendung von AAC sind von unschätzbarem Wert, und wir sind zutiefst beeindruckt von all der harten Arbeit, die Sie investiert haben, ebenso von den erstaunlichen Resultaten, die Sie erzielen konnten«, sagt sie. »Deshalb wollte ich mit Ihnen reden. Ihre Mutter erzählte mir, dass Sie einen Tag in der Woche freiwillige Büroarbeit verrichten, und anscheinend macht Ihnen das ja sehr viel Spaß. Daher möchte ich Sie bitten, sich zu überlegen, ob Sie hier nicht auch mal auf Probe arbeiten wollen. Ich würde gerne testen, wie es einen Monat lang mit einem Vormittag pro Woche läuft, und danach könnten wir uns über die Möglichkeit von etwas Festerem unterhalten. Wie klingt das für Sie?«
    Ich starre Professor Alant ungläubig an. Ich bin zu überrascht, um auf meinen Laptop zu schauen, geschweige denn ihn mit einer Antwort zu programmieren. Meine Welt öffnet sich nicht nur – sie explodiert.

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    24
Ein Sprung nach vorne
    W as meinst du, Martin?«
    Juan schaut mich erwartungsvoll an. Sie arbeitet hier im Kommunikations-Institut und ist eine meiner neuen Kolleginnen.
    Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll. Juan möchte wissen, was meiner Meinung nach einem

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