Als ich vom Himmel fiel
Gerne schicke ich Ihnen auch einige meiner Filme.«
»Das ist nicht nötig«, sagte ich, nachdem ich meine erste Überraschung überwunden hatte, »natürlich weiß ich, wer Sie sind, Herr Herzog.« Diesen außergewöhnlichen Regisseur habe ich immer bewundert, ich kannte viele seiner Filme. Ich konnte es kaum glauben, gerade ihn am Telefon zu haben. Auch sein Vorschlag kam mir zunächst unglaublich vor.
Werner Herzog wollte nämlich nicht einfach nur Interviews mit mir machen wie so viele andere, er plante etwas ganz Unerhörtes: 2 7 Jahre nach dem Absturz wollte er mit mir dorthin zurückkehren, wo alles stattgefunden hatte. Außerdem plante er, meinen Weg zu den Menschen noch einmal nachzuvollziehen. Sollte ich das tatsächlich tun? Auf der anderen Seite: Kann man ein solches Angebot einfach ablehnen?
Herzog schlug vor, dass ich mir das Ganze überlegte. Er schickte mir Bücher und einige seiner Filme, die ich noch nicht kannte, und ließ mir Zeit. Ich beriet mich mit meinem Mann, denn seine Meinung war mir schon immer sehr wichtig, er verfügt über eine unglaubliche Menschenkenntnis, und ich weiß, dass ich mich auf seinen Rat verlassen kann. Er sagte: »Vielleicht ist das gut für dich. Eine solche Gelegenheit erhältst du wahrscheinlich nie wieder.«
Und so meldete ich mich bei Werner Herzog und teilte ihm mit, dass mich sein Projekt interessierte. Wir trafen uns in einem schönen Münchener Restaurant, und schon bei dieser Gelegenheit lernte ich den Kameramann Erik Söllner kennen, auf dessen Meinung Werner Herzog auch später während der Dreharbeiten große Stücke hielt.
An diesem Abend erläuterte uns Herzog sein Vorhaben:
Er wollte die Stelle, an der die Trümmer der Lockheed L-188A Electra im Dschungel noch immer verstreut lagen, durch eine Expedition ausfindig und begehbar machen, denn die Absturzstelle war bei den Einheimischen noch ungefähr bekannt. Ich vermittelte Werner Herzog den Kontakt zu Moro, der all die Jahre, während deren ich nicht nach Panguana kommen konnte, auf der Forschungsstation nach dem Rechten gesehen hatte. Trotz seiner Hilfe und der vieler Einheimischer kamen drei Expeditionen, die Herzog ausschickte, um die Trümmer der Lockheed Electra zu lokalisieren, unverrichteter Dinge zurück. Erst die vierte war erfolgreich. Gemeinsam mit seinem damals achtjährigen Sohn begab sich der Regisseur an Ort und Stelle, um die Wrackteile, die auf einer Strecke von rund 1 5 Kilometern im Urwald verteilt lagen, zu sichten. Wieder zurück in München erzählte er mir, ich würde staunen, wie gut einige Trümmer noch erhalten seien. Aber er musste auch feststellen, dass das Gelände derart unwegsam war und dass erfahrene einheimische Macheteros an manchen Tagen Stunden brauchten, um auch nur 10 0 Meter voranzukommen. Unmöglich konnte das Filmteam samt Ausrüstung zu Fuß zur Absturzstelle gelangen. Mehrmals sah es danach aus, als würde die Sache scheitern. Doch nicht mit Werner Herzog. Der scheute keine Mittel und Anstrengung, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wenn man nicht zu Fuß hinkommen konnte, dann eben durch die Luft. Und so beschloss er, im Urwald nahe der größten Wrackteile eine kleine Schneise schlagen zu lassen, gerade groß genug, damit ein Hubschrauber landen konnte.
Alle dachten, dass mich das alles fürchterlich aufwühlen würde, doch zu meinem eigenen Erstaunen stellte ich fest, dass ich dem Ganzen seltsam emotionslos gegenüberstand. Mehr als die Aussicht, jenen Ort wieder zu sehen, machte mich die Tatsache nervös, vor einer laufenden Filmkamera sprechen zu müssen, und ich fragte mich, ob ich das wohl gut genug hinkriegen würde. Mein Mann sagt immer, ich sei eine Perfektionistin, und ja, er hat sicherlich recht. Aber wenn man für jemanden wie Werner Herzog vor der Kamera steht, dann will man seine Sache schließlich gut machen. Und dann, Anfang August 1998, ging es los.
Wir flogen mit American Airlines über Dallas nach Peru, was nicht der nächste Weg war und die Reise noch länger und anstrengender machte, als ein Direktflug aus Europa es ohnehin schon ist. Aber diese Fluglinie erlaubte wesentlich mehr Gepäck als jede andere, und natürlich hat so ein Filmteam davon eine Menge. Ein Teil wurde sogar bereits vorausgeschickt, und wieder einmal war es Alwin Rahmel, der sich darum kümmerte, dass alles gut durch den Zoll kam.
Mit dem Team verstanden wir uns von Anfang an ausgezeichnet. Alles war perfekt organisiert, und ich genoss es, mich einmal um nichts
Weitere Kostenlose Bücher