Als Mrs Simpson den König stahl
den Sicherheitsverstoß zu ergründen, der einen solchen Zwischenfall überhaupt ermöglicht hatte. Es herrschte große Besorgnis darüber, dass es um die leibliche Sicherheit des Königs, wenn er unterwegs war und seinen Verpflichtungen nachkam, nicht zum Besten stand. Special Constable Anthony Dick, der an diesem Morgen den König als Leibwächter begleitet hatte, traf ein und berichtete, was die Polizei herausgefunden hatte. Ein irischer Journalist, George Andrew McMahon, hatte mit einem geladenen Revolver auf den König gezielt, und nur die Geistesgegenwart des Kriminalbeamten hatte diesem das Leben gerettet. Constable Dick bestätigte, dass der Attentäter psychisch labil sei. Auf die Zeitung, die er hatte fallen lassen, waren die Worte »May, ich liebe dich« geschrieben. Die Implikationen seiner Absichten wurden vom König mit beeindruckender Gelassenheit aufgenommen.
Ein Butler klopfte an und reichte dem König ein Telegramm. »Bitte verzeihen Sie die Störung, Sir, eine wichtige Nachricht für Sie, Sir.«
Die Papierstreifen, die auf das cremefarbene Papier geklebt waren, enthielten nur wenige Worte: »Soeben erhalte ich die Nachricht von dem gegen Euro Majestät versuchten fluchwürdigen Anschlage und spreche Eurer Majestät zur Errettung aus dieser Gefahr meine herzlichsten Glückwünsche aus. Adolf Hitler, Deutscher Reichskanzler.«
»Interessant, wie schnell sich Nachrichten heutzutage verbreiten«, bemerkte der König. »Wer hätte gedacht, dass Hitler von dem Zwischenfall schon erfahren hat? Er muss seine Spione überall haben.«
Wallis und Evangeline hatten stumm in einer Ecke des Zimmers gesessen. Wallis war unnatürlich bedrückt. Doch als sie von dem Telegramm hörte, sprang sie auf.
»Das geht bestimmt auf Ribbentrop zurück, David. Er nimmt
seine Pflichten als Botschafter in London sehr ernst, und das, obwohl er seinen Antrittsbesuch noch gar nicht gemacht hat. Ich höre, er soll in einem Monat oder so in London eintreffen. Das ist doch schön. Trotzdem lässt er sich schon jetzt keine Gelegenheit entgehen! Wir dürfen nicht vergessen, ihm ein Willkommensessen zu geben, sobald er eintrifft.«
Evangeline und der König fingen Constable Dicks besorgten Blick auf.
»Was ist, Constable?«, fragte der König mit leichter Abwehr in der Stimme.
»Entschuldigen Sie, Sir, aber ich habe versäumt, auf ein weiteres Detail hinzuweisen, das wir über McMahon in Erfahrung bringen konnten. Vor ein paar Tagen wurde er dabei gesehen, wie er das Blackshirt verkaufte, Sir, das faschistische Parteiblatt, Sir.«
»Das ist ja hoch interessant, Constable. Und wir sind Ihnen sehr dankbar für alles, was Sie getan haben.«
Als Constable Dick begriff, dass er damit entlassen war, verbeugte er sich knapp, neigte, einem nachträglichen Einfall folgend, den Kopf in Richtung Wallis und verließ den Raum.
Nach dem Mordanschlag wirkte Wallis aufgewühlter, als Evangeline sie je gesehen hatte. Obwohl Evangeline an den äußersten Rand des gesellschaftlichen Lebens gedrängt wurde, in dessen Mittelpunkt sich ihre Freundin bewegte, blieb sie darauf bedacht, sich nützlich zu machen. Wallis' Beziehung zum König gestaltete sich von Tag zu Tag komplizierter, und Freundinnen sollten einander beistehen, komme, was da wolle. Zwar verbrachte Wallis den größten Teil ihrer Zeit in Edwards Begleitung, ihre Zuneigung zu Ernest hatte jedoch nie in Zweifel gestanden. Evangeline fragte sich, wie weit man die Toleranz eines Ehemannes auf die Probe stellen konnte. Und sie war sich nicht einmal sicher, wem Wallis' wirkliche Liebe galt. Dem König oder Ernest? Aber die Verhältnisse begannen, sich zu ändern. Kürzlich hatte Ernest einige Zeit mit Mary Raffray verbracht,
was Wallis gar nicht recht gewesen war. Zwei Tage nach Wallis' vierzigstem Geburtstag am 19. Juni hatte ein Kellner ein Frühstückstablett auf das Zimmer gebracht, das Mr Ernest Simpson im berüchtigten Hôtel de Paris in Bray bewohnte. Gerade einmal ein halbes Dutzend Meilen von der Stelle entfernt, wo Mrs Simpson mit der modischen Innenausstatterin Lady Mendl darüber beriet, wie man das Dekor von Fort Belvedere ändern könnte, bemerkte der Kellner in Bray, dass eine Frau mit einem gelben geblümten Hut, die ihren Namen mit Buttercup Kennedy angegeben hatte, mit Mr Simpson unter der Bettdecke lag. Blitzschnell zog der Kellner eine Kamera unter seiner weißen Serviette hervor und machte von dem Paar im Bett eine Aufnahme. Als Wallis noch am selben Tag das Foto
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