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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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bekam, wirkte sich schlecht auf Evangeline aus, doch im letzten Augenblick ließ sich Wallis immer etwas einfallen. Unlängst war ein Angebot mehrerer fast neuer Hüte von ihr eingegangen, das Evangeline bereitwillig angenommen hatte, zumal sie ihre Expeditionen in die Hutabteilung von Hochschild Kohn vermisste. Außer für ganz besondere Anlässe waren sowohl die Auswahl als auch das Preisniveau der entsprechenden Abteilung von Harrods viel zu exklusiv für Evangelines Geschmack und Geldbeutel. Auch ausrangierte Handtaschen und Kleider hatte Wallis ihr geschenkt, obwohl sich selbst die findigste Näherin bei der Herausforderung geschlagen geben musste, Wallis' zierliche Kleider für Evangeline passend zu machen.
    Einmal hatte Wallis, die wusste, dass Evangeline ihre Liebe zur Musik und besonders zum Jazz teilte, ein Essen bei Quaglinos vorgeschlagen, an einem Abend, an dem sie sicher sein
konnte, dass der charmante Sänger Leslie Hutchinson, aller Welt unter dem Namen Hutch bekannt, ein Potpourri romantischer Melodien vortragen würde.
    Der von Kerzen erhellte Nachtklub ganz in der Nähe von St James's Square war dunstig vor Zigarettenqualm. Mitten im Raum befand sich die Tafel des Königs, während die weniger exklusive Klientel an Tische geführt wurde, die an den Rändern aufgestellt waren, mehrere Meter von der Intimität des Tanzparketts erntfernt und ziemlich nah an den »Örtlichkeiten« für Damen und Herren. Die Kellner gaben für die getrennte Platzierung keine offizielle Erklärung ab; für diejenigen aber, die eine solche Ungleichbehandlung über sich ergehen lassen mussten, war es offensichtlich, dass sie in die zweite Liga verbannt wurden. Die Luft an den äußeren Tischen war von Elizabeth Ardens süßlichem Blue Grass geschwängert, während es rund um die Tafel des Königs nach etwas Berauschenderem und Kostspieligerem duftete. Frauen, die genug Geld dafür ausgeben konnten, gut zu riechen, salbten ihr perlenbehängtes Dekolleté mit dem teuren Duft von Guerlains Destillat aus Orangenblüte, Jasmin und Sandelholz.
    Als Evangeline eine Aufforderung zum Tanz annahm (die einzige des Abends), wurde sie von den Armen des Königs selbst in die Saalmitte gezogen. Seine Manieren waren so exquisit, dass er abwechselnd mit jeder der vier Damen in seiner Gesellschaft getanzt hatte, auch wenn Evangeline hoffte, dass er sie nicht aus Mitleid, sondern aus aufrichtiger Freundschaft aufgefordert hatte. Sie mochte ihn, diesen Mann voller Charme, der an ihrer alten Schulfreundin solchen Gefallen gefunden hatte. Sie war sich allerdings noch nicht sicher, welcher Art seine Absichten Wallis gegenüber sein mochten, doch die Faszination zwischen den beiden war auf seiner Seite sichtlich größer. Erst kürzlich hatte sich Wallis im Fort einen Fingernagel abgebrochen. Obwohl sie den Schaden als nicht der Rede wert abtat, war der König sogleich über den marmornen Fußboden der Eingangshalle
geeilt und wenig später aus seinem Ankleidezimmer mit einer Nagelfeile zurückgekehrt.
    Als Evangeline sich erhob, um mit dem König zu tanzen, und zwischen den überfüllten Tischen hindurch auf die Tanzfläche trat, war sie entschlossen, mit jener Anmut übers Parkett zu gleiten, die sie auf der Schule so verzweifelt zu erlernen versucht hatte. Unglücklicherweise war ihr Kleid etwas zu lang, und als das Paar am Klavier vorbeitaumelte, spürte Evangeline, wie jemand ihr in den mit rotem Satin verhüllten Hintern kniff. Sie stieß einen überraschten Quieker aus, und aller Augen im Restaurant wandten sich ihr zu.
    »Ach, stören Sie sich nicht an Hutch«, beschwichtigte sie der König, als Evangeline herumfuhr, um herauszufinden, woher der unwillkommene Kniff gekommen war. »Hutch ist ein ungezogener Mann. Aber für seine Stimme verzeihen wir ihm doch alles, nicht wahr?«
    Etwas später wurde ein Mann an einem Nachbartisch aufgefordert, das Lokal zu verlassen, als ein Kellner unter seinem Bowlerhut eine schlecht versteckte Kamera entdeckte. Anderntags waren im Star Bilder von einer Frau zu sehen, die in den Armen des Königs über die Tanzfläche glitt, obwohl kein Begleittext sie als Wallis auswies. Evangeline war sichtlich erleichtert, dass der Moment des Pokniffs dem Fotografen entgangen war.
    Evangelines Sommerpläne wendeten sich zum Besseren, als Wallis ihre alte Einladung bekräftigte, sich im August der jährlichen Kreuzfahrt des Königs im Mittelmeer anzuschließen. Und als am folgenden Tag ein blauer Umschlag in der

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