Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
Vom Netzwerk:
halten. Bis plötzlich verkündet wurde, es werde an diesem Tag keine weiteren Präsentationen geben, mehr noch, der König habe beschlossen, dass jene Hofknickse, die vom Regenschauer vereitelt worden seien, »als gemacht gelten« sollten. Alternative Vorkehrungen waren nicht getroffen worden, sodass ganze Ausstattungen und der Rest des großen Spektakels innerhalb kürzester Zeit überflüssig waren.
    »Ich weiß, dass Daddy Tag und Nacht mit Seiner Majestät verkehrt, aber ich nenne es extrêmement unhöflich, uns so zu behandeln.« Bettina war den Tränen nahe. »Und ich hätte große Lust, es ihm ins Gesicht zu sagen.«
    Selbst Dinner-Einladungen von Wallis waren versiegt oder wurden in letzter Minute abgesagt. Evangeline bemühte sich, Wallis' sprunghaftes Verhalten mit dem Argument zu entschuldigen, dass ihr die zunehmende Verstrickung mit dem König wenig Zeit für ihre alte Freundin ließ. Obwohl Wallis' Anwesenheit im Fort schon lange vor Evangelines Ankunft in England eine akzeptierte Tatsache war, organisierte sie inzwischen auch viele andere Aspekte seines Lebens, darunter seine Londoner Verpflichtungen. Evangeline war erstaunt, dass die britische Presse über das Liebesverhältnis noch nicht berichtet hatte. In den Hofnachrichten der Times war Wallis' Name zwei, drei Mal neben dem von Ernest genannt worden, aber das war auch
schon alles. Was für ein Unterschied zwischen den Zeitungen hier und denen daheim! Ihr Bruder hatte ihr einige Zeitungsausschnitte, unter anderem Ed Sullivans Kolumne in der New York Daily News sowie zwei, drei andere aus gängigen Illustrierten, geschickt. Die entsprechenden Schlagzeilen lauteten »Ein Yankee am Hofe des Königs Edward« und »Mädchen aus Baltimore gewinnt Freundschaft des Königs«.
    Meist waren die Berichte nichtssagend, ja sogar freundlich, mit Ausnahme einer Karikatur, die einen auf alt gemachten englischen Pub zeigte, in dem sich die Stammgäste, aus deren Mündern bukolische Strohfäden hingen, bei einem Dartspiel vergnügten. Die Bildunterschrift lautete: »Wir wollen nicht, dass irgendwelche Yanks hier alles über den Haufen werfen, oder?« Die Zielscheibe zeigte Wallis' Gesicht. Niemand in Großbritannien, der nicht den höheren Kreisen angehörte, hätte einen blassen Schimmer gehabt, was die Karikatur bedeutete, oder das Gesicht erkannt, das das Wurfziel der Spieler ausmachte. Dennoch beunruhigte sie die Anti-Wallis-Stimmung, die jenseits des Atlantiks die Runde machte. Jener nette Lord Rothermere, den Evangeline bei einem sonntäglichen Mittagessen in Cuckmere Park flüchtig kennengelernt hatte, war gewiss sehr entgegenkommend, da er auf seinen Seiten keinen Klatsch verbreitete. Aber wie lange ließ sich eine gute Story unterdrücken?, fragte sich Evangeline. Erkannte seine Zeitung, die Daily Mail , das demokratische Recht der Menschen nicht an, zu erfahren, was in ihrem Land vor sich ging? Vielleicht ahnte Lord Rothermere ja nicht die ganze Wahrheit hinter dieser Frau, die auf den König so viel Einfluss ausübte.
    Falls dem so war, so befand er sich unter den mächtigen und einflussreichen Mitgliedern der Gesellschaft, die in Hamilton Terrace ein und aus gingen, sicherlich in der Minderheit. Das Thema war fast immer auf der Tagesordnung. Evangeline hatte oft gehört, wie Philip das Problem mit Joan erörterte, bevor diese erkrankte. Kabinettsmitglieder waren beunruhigt über die Be
ziehung zwischen dem König und einer verheirateten (und geschiedenen!) Frau, auch wenn Winston Churchill Sir Philip versicherte, Mr Simpson trete noch in Erscheinung und werde in die Einladungen des Königs stets einbezogen. Sowohl im Oberhaus wie im Unterhaus bestehe noch immer die Hoffnung, hatte Philip gesagt, dass die momentane Verliebtheit des Königs genauso »abflauen« werde wie seine vorherigen Liebesaffären mit verheirateten Frauen, namentlich Mrs Dudley-Ward und Lady Furness. Allerdings fühle niemand sich in der Lage, den König direkt auf die Angelegenheit anzusprechen. Seine Mutter, Königin Mary, gelte als » hors de combat « und sei nach dem Verlust ihres Mannes noch immer geschwächt. Und Mr Baldwin habe sich demonstrativ geweigert, sich in das Privatleben des Königs einzumischen. Viele Kabinettsmitglieder waren der Meinung, solange die Verfassung intakt bleibe und die Pläne für die Krönung im kommenden Jahr unangefochten voranschritten, müsse man das Liebesleben des Königs auf sich beruhen lassen.
    Die Vernachlässigung, die sie zu spüren

Weitere Kostenlose Bücher