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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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Zylinderhut, nicht wahr?«
    Elizabeth und der König kamen prächtig miteinander aus. Sie scherzten dauernd miteinander. Jedes Mal, wenn Lilibet ihren Onkel sah, machte sie einen Knicks vor ihm. Sobald sie auf der Bildfläche erschien, ob sie aus dem Schatten eines Baumes trat, um eine Tür spähte oder plötzlich hinter dem Auto auftauchte, veranlasste der Anblick des reizendes Kindes ihren Onkel zu derselben Frage: »Hast du deine Manieren vergessen, Lilibet?« Als Antwort zog die blondgelockte Zehnjährige die Taschen ihrer Reithose mit den Händen nach außen und ließ sich, als trüge sie ein Ballkleid, mit einer ehrerbietigen Bewegung zu Boden fallen. Und dann brüllten Onkel und Nichte jedes Mal vor Lachen.
    In der Lodge wurde Tee serviert; für Lilibet und ihre sechsjährige Schwester Margaret Rose gab es Orangensaft. Evangeline war von den Mädchen bezaubert. Lilibet erinnerte sie an Florence, die Tochter der Haushälterin von Cuckmere Park. Beide Mädchen waren im selben Alter, aber Evangeline war sich des Unterschieds zwischen ihnen wohl bewusst. Das eine genoss alle Freiheiten der Welt, wohingegen das andere von dem strengen Protokoll eingeschränkt wurde, dem sie als Nichte des Königs unterworfen war.
     
    Am nächsten Morgen, zurück in Fort Belvedere, war Wallis damit beschäftigt, sich um Haushaltsangelegenheiten zu kümmern. Sie wies die Bediensteten an, den Gästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Wie die Strähnen unter den weißen
Spitzenhäubchen der Hausmädchen zeigten, bevorzugte Wallis blondes Personal. Der König nutzte jede freie Minute, um seine allgegenwärtigen Rhododendren zu stutzen und in den Staudenrabatten Unkraut zu jäten. Währenddessen holte Mrs Merryman im blauen Schlafzimmer, gegenüber dem ihrer Nichte auf der anderen Seite des Gangs, etwas Schlaf nach. Evangeline nutzte den günstigen Augenblick. Als sie sich in ihren neuen dehnbaren schwarzen Badeanzug mit dem praktischen Vorderverschluss und einem die Schenkel bedeckenden Überrock zwängte, kam ihr in den Sinn, dass er einem Ballettkleid, wie es Tschaikowskis schwarzer Schwan tragen könnte, nicht unähnlich sah. Flüchtig fragte sie sich, ob die raffinierte Badehose mit Gummizug, die sie Julian geschenkt hatte, ihm wohl Freude machte. Dann zog sie als zusätzliche Tarnschicht ihren Regenmantel über den Badeanzug und eilte zur Haustür hinaus.
    Als sie an den Zinnen vorüberkam, die nach vorn hin mit zwei Dutzend alter Kanonen bestückt waren, rutschte Evangeline halb den Abhang hinab, der zu den Gemäuern rings um den Swimmingpool führte. Über die Steinmauern ergossen sich Kletterrosen, im Wind waren einige Blütenblätter abgefallen und bildeten auf dem Gras darunter eine Lache aus Konfetti. Vor mehreren Jahren hatte der König das Areal um den alten Seerosenteich zu einer Art Wohnzimmer im Freien umbauen lassen, mit gepolsterten Chaiselongues, auf denen man sich bequem ausstrecken konnte, und mit kleinen Wägelchen, die mit allem Notwendigen gefüllt waren, um jegliches Bedürfnis nach Drinks und Rauchwaren zu stillen.
    Der Swimmingpool, der im Sommer Mittelpunkt des geselligen Lebens im Fort war, glitzerte inmitten dieser herrlich gestalteten Szenerie im Morgenlicht. Auf den Tischen vor der gekrümmten Mauer, in die eine lange, niedrige Steinbank eingelassen war, standen bereits Tabletts mit Getränken. Der durstige Gast fand eine Auswahl an Weinen und Spirituosen sowie Krüge mit frisch gepresstem Orangensaft vor. Jeden Sonntag
morgen konnte man seine Müdigkeit mit Hilfe eines Champagnercocktails oder des belebenden Elixirs einer Bloody Mary vertreiben, eines Gebräus, das Wallis vor zwei Jahren auf der Speisekarte des St Regis Hotel in New York entdeckt hatte, als sie in der Stadt Freundinnen besuchte. Wallis ging immer gern mit der letzten Mode, sodass Evangeline nicht überrascht war, dass das scharfe Getränk aus Tomatensaft und Wodka seinen Weg auf den Mittagstisch des Forts gefunden hatte. Ein paar Stunden später würde es ein Büfett geben, das sich von der britischen Durchschnittsmahlzeit an der frischen Luft allerdings erheblich unterschied. Evangeline war bei etlichen Mittagsgesellschaften in Philips Wahlkreis rund um Cuckmere Park gewesen, bei denen halbgare Stückchen Hühnerfleisch serviert wurden, begleitet von Scheiben hartgekochter Eier und Klecksen geronnener Mayonnaise, was zur Folge hatte, dass sie hungrig nach Hause zurückkehrte.
    Im Fort dagegen saßen die Gäste am Swimmingpool auf

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