Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
weiblich wie möglich, aber dabei klopfte mein Herz wie rasend.
    «Sie erinnern sich doch an das Sommerfest? Und wie wir zusammen Tee getrunken haben?»
    Als ob ich das je hätte vergessen können! «Ja», hauchte ich.
    «Sie haben eine - eine so sonderbare Bemerkung gemacht. Ihren Vater und Miss Perkins betreffend.»
    Was für eine merkwürdige Einleitung, dachte ich und sagte etwas ungeduldig: «Meinen Sie meine Bemerkung, daß Perse glaubt, sie hätten ein Verhältnis miteinander?»
    Wieder schluckte er. «Ja. Aber das ist doch nicht der Fall, nicht wahr?»
    «Nein», sagte ich.
    Er schien Qualen auszustehen. «Bitte, verzeihen Sie mir die vielleicht taktlose Frage, aber sind Sie dessen ganz sicher?»
    «Ja, ganz sicher», sagte ich ungehalten.
    «Viola, verstehen Sie mich recht, in der Gemeinde können wir nicht vorsichtig genug sein, und ich wollte, da Miss Arkala uns verläßt, dem Pfarrer Miss Perkins zur Mitarbeit in der Gemeinde vorschlagen. Ist sie zu Hause?»
    «Sie ist zur Dauerwelle», sagte ich. «Um fünf wird sie zurück sein.»
    «Ausgezeichnet», sagte er und ließ mich ohne ein Abschiedswort, ja ohne einen einzigen Blick einfach stehen.
    Zu Hause warf ich meinen Einkaufsbeutel auf den Küchentisch und rannte hinaus, den Hügel hinauf, bis zu der Stelle, wo ich mich immer ausweine, wenn ich vor Kummer nicht mehr aus noch ein weiß.
     
    «Warum weinen Sie denn? Kann ich Ihnen helfen?» fragte eine leise Stimme. Ich sah auf und erblickte über mir ein anteilnehmendes, aber zugleich auch leicht belustigtes Gesicht.
    Der junge Mann, der da vor mir stand, hatte dunkle Haare, er trug lange Hosen und ein offenes buntes Hemd. In der Hand
    hielt er ein Gartenmesser. Er war noch sehr jung, aber doch etwas älter als ich.
    «Nein, danke», sagte ich und heulte weiter.
    «Aber was ist denn?» fragte er beharrlich noch einmal.
    «Das kann ich Ihnen nicht erklären», sagte ich.
    «Versteh ich», sagte er. «Tut mir leid.» Er lehnte sich an den Zaun. «Wunderbare Aussicht hat man von hier. An klaren Tagen soll man sogar die Berge von Yorkshire und den Wrekin sehen können, aber ich habe ihn noch nie gesehen.»
    «Heute ist doch ein klarer Tag», sagte ich. Ich kam mir etwas töricht vor, wie ich da weinend im Gras lag. Ich stand auf, wischte mir die Augen und trat zu ihm an den Zaun. Wir standen beide schüchtern nebeneinander und sahen hinaus ins Land. «Wo genau liegt denn der Wrekin eigentlich?» fragte ich.
    Er deutete nach Westen. «Da drüben.»
    Wir starrten beide in die angegebene Richtung. Der Wrekin war nicht zu sehen. Aber es war wohltuend, hier oben zu stehen - die Lerchen sangen, helle Wolken segelten vorbei, und meine Seele war durchflutet von warmen Tränen. Er hatte recht: die Aussicht war herrlich. Harker’s Clump hieß eine Baumgruppe auf einer Bergkuppe, und von dort oben sah man die Sonne über das Land dahinrollen und allmählich den Sommertag mit sich nehmen. Es war schon spät am Nachmittag, alles trieb auf den Abend zu, die Hügel färbten sich rötlich, Schatten krochen über das Gras. Es war ein so melancholischer Anblick, daß ich wieder anfing zu weinen. Er wandte sich mir zu und sah mich an, seine Augen hielten mich fest, behutsam und belustigt, mitleidig und verständnisvoll, alles in einem. «Ich wünschte, ich könnte Sie trösten», sagte er und sah mir dabei in die Augen, aber es machte mich jetzt nicht mehr verlegen. «Sie sind doch Miss Kemble, nicht wahr?» fragte er.
    Ich nickte.
    «Ich hab Sie schon öfter hier gesehen», sagte er. «Das Land gehört meinem Vater. Ich bin Johnnie Wrighton.»
    Ich erschrak. Hier kam ich ja nur her, um zu weinen.
    Eine Lerche stieg steil in die Höhe und sang jubelnd ihr Lied. Ich verabschiedete mich von Johnnie Wrighton und ging nachdenklich den Hügel hinunter, dem alten Pfarrhaus zu.
     

9
     
    «Viola - da bist du ja endlich!» rief Vater. «Wo um alle Welt hast du denn bloß gesteckt?»
    Ich war mit meinen Gedanken immer noch auf dem Hügel. «Gibt’s denn was Besonderes?» fragte ich.
    «Was Besonderes?» rief Vater. «Der Teufel ist los.»
    Mich rührte das wenig. «Was gibt’s denn?» fragte ich gelassen.
    Er holte tief Luft. «Also stell dir vor, ausgerechnet über mich, ein treues Mitglied der Kirchengemeinde und einen der angesehensten Schriftsteller hierzulande, klatscht das ganze Dorf.»
    «So?» fragte ich gedehnt.
    Aufgeregt erzählte er mir, er sei im Dorf gewesen und habe dort Mrs. Barker-Symes getroffen. Und die habe

Weitere Kostenlose Bücher