Als Mutter streikte
Geschenkvorschlägen in den Frauenzeitschriften, mit Weihnachtsmännern dekorierte Schaufenster, und dann treffen auch schon die ersten Weihnachtskarten ein. Zum Beispiel ein weiblicher Akt mit drei Brüsten von Lancelot, dem vogeläugigen Zeitschriftenknaben, ein Krippenbild von Tante Clarissa und Onkel Walter und eine Radierung des Verwaltungsgebäudes der Midland Bank von Clifton Chisholm.
Jedes Jahr schlich sich das Fest wie auf Wattesohlen heran und überfiel einen dann. Eben war noch ein ganzer Monat Zeit gewesen - und plötzlich war es dann soweit.
Ich hatte Spielzeug für Trubshaw gekauft und ein paar hübsche Kleinigkeiten für Perse, eine Kette für Gloria und ein Buch für Vater. Draußen spielte die Heilsarmee . Und dann klingelte auch schon der Schlachterjunge mit dem Puter an der Hintertür, und Mr. Chisholm stand an der Vordertür! Ich rannte nach hinten, riß den Puter an mich, warf ihn auf den Küchentisch, gab dem Jungen ein Trinkgeld, rannte nach vorn, öffnete die Tür und fiel meinem Liebsten um den Hals. «Fröhliche Weihnachten, mein Liebling!»
«Danke, Viola», sagte er. «Kann ich dich einen Augenblick sprechen?»
«Natürlich, komm nur herein», sagte ich und führte ihn ins Wohnzimmer.
Er stellte sich vor den Kamin und sagte: «Ich wollte dir etwas erzählen, was dir sicher Freude macht und was du deshalb als erste erfahren sollst.»
«O ja, fein, erzähl doch.»
«Wir müssen uns leider eine Zeitlang trennen, Viola», sagte
er.
«Trennen? Warum denn, um Gottes willen?»
«Ich bin zum Hauptkassierer einer unserer Filialen in Somerset ernannt worden. Das wollte ich dir doch gleich sagen.»
«Herrlich!» Ich schlang ihm beide Arme um den Hals. «Liebster, dann ist es ja soweit! Wir können heiraten.»
«Viola, du mußt das wirklich verstehen und dich auf mich verlassen. Ich halte es für richtiger, wenn ich erst einmal allein dorthin fahre und du später nachkommst.»
«Clifton», sagte ich, «hör endlich auf, mich wie ein Kind zu behandeln. Ich bin schließlich deine Braut.» Ich hielt den Ringfinger in die Höhe. «Und ich habe ein Recht darauf, als deine Frau mit dir zu kommen. Wann gehst du denn?»
«Ach - nicht vor dem Frühjahr.»
«Schön, dann haben wir ja noch viel Zeit. Das Aufgebot in der Kirche werden wir für den ersten Sonntag nach Weihnachten bestellen. Dann können wir im Februar heiraten.»
«Aber deine Eltern, Viola? Du brauchst doch ihre Einwilligung.»
«Mit Vater werde ich schon fertig», sagte ich.
Gleich nachdem er gegangen war, rief ich den Pfarrer an. «Hier ist Viola Kemble, Herr Pfarrer. Clifton Chisholm und ich wollen heiraten. Ich rufe Sie wegen des Aufgebots an.»
Schweigen. Dann sagte er zögernd: «Clifton hat mir natürlich von eurer Verlobung erzählt. Aber ich hatte gehofft - ich hatte gedacht, daß ihr nicht schon so bald ernst machen wollt. Was sagen denn deine Eltern dazu?»
«Die wissen es noch gar nicht. Aber sie haben bestimmt nichts dagegen.»
«Davon bin ich nicht so überzeugt, mein Kind», sagte er ernst. «Du bist doch wirklich noch sehr jung.»
«Ich bin immerhin siebzehn.» Ich kochte innerlich. «Wollen Sie das Aufgebot nun verkünden oder nicht?» fragte ich.
«Nicht ohne die Einwilligung deiner Eltern», sagte er.
«Gut. Ich werde sofort mit Vater sprechen.»
«Tu das. Aber vergiß nicht, daß ich auch das Einverständnis deiner Mutter brauche.»
«Sie ist in Amerika.»
«Ja, dann wirst du wohl warten müssen, bis sie wiederkommt. Denn in deinem Alter muß auch sie ihre Zustimmung geben. So wollen es die Vorschriften.»
«Also hören Sie, Herr Pfarrer, meine Mutter ist in Amerika, und wir haben nicht mal ihre Adresse. Ich kann ihre Einwilligung nicht einholen. Und Clifton Chisholm geht im Frühjahr nach Somerset.»
Er schwieg eine Weile. Dann sagte er: «Viola, ich will offen mit dir sprechen. Ich hoffe darauf, ich rechne sogar damit, daß deine Eltern ihre Einwilligung zu dieser Heirat nicht geben.»
«Und darf ich fragen, warum?»
«Das kann ich dir am Telefon nicht sagen.»
«Dann komme ich gleich zu Ihnen hinüber.»
«Es ist Heiligabend, mein Kind. Ich habe keine Zeit für dich.»
Ich war außer mir vor Zorn. Ich warf den Hörer auf.
Ich lief in Vaters Arbeitszimmer, aber er war nicht da. Schließlich fand ich ihn in der Küche. «Hast du diesen verdammten Vogel gesehen?» fragte er.
«Du meinst den Puter? Da ist er doch!» sagte ich.
«Mein Gott, das weiß ich auch. Ich frage
Weitere Kostenlose Bücher