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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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gesehen.
    Aber die vier Apokalyptischen Reiter waren es nicht. Es war ein Taxi aus London.
     

17
     
    Die Koffer, die genau zueinander paßten und die der Fahrer einen nach dem anderen heraushob, kannte ich.
    Jetzt öffnete der Fahrer die hintere Wagentür. Eine behandschuhte Hand streckte sich heraus und stützte sich auf den Arm des Mannes. Ein elegant beschuhter Fuß suchte und fand eine trockene Stelle auf dem aufgeweichten Boden der Einfahrt. Es war Mutter.
    Das Taxi wendete und fuhr ab. Mutter schlug ihren Pelzkragen hoch und kam auf die Glastür zu. Im Türrahmen blieb sie stehen, mit weit geöffneten Armen und strahlendem Lächeln. «Da bin ich wieder, ihr Lieben!» rief sie.
    Trubshaw warf ihr einen kurzen Blick zu und aß weiter. Vater rief: «Clementine, was zum Teufel machst du in Derbyshire mit einem Londoner Taxi? Der Mann wird seine Lizenz verlieren!»
    «Das glaube ich nicht, Liebling. Nicht am Heiligabend.»
    «Sie dürfen das Stadtgebiet nicht verlassen. Da gibt es keine Ausnahme.»
    «Ja, ich weiß. Aber ich habe dem Fahrer auf dem Flugplatz gleich vorgejammert, wie schwierig es am Heiligabend bei den überfüllten Zügen ist, hier herauszukommen, und da brachte er es nicht fertig, mich mit dem Zug fahren zu lassen.»
    Ich hätte mich zu gern in Mutters Arme geworfen, mein Gesicht in ihrem Pelz versteckt, aber ich saß wie angewurzelt da, mir war leicht übel und komisch zumute.
    Mutter setzte sich auf eine Sessellehne, schwang ein Bein graziös über das andere und lächelte uns der Reihe nach zärtlich und glücklich an.
    Dann fiel ihr Blick auf Gloria. «Ja, Gloria, meine Süße!» rief sie entzückt. «Was machst du denn hier?»
    «Sie führt uns den Haushalt», sagte Vater kurz.
    Mich sah Mutter lange und nachdenklich an. «Vi, mein Liebling, du siehst ein bißchen blaß und gar nicht munter aus.» Dann ging sie zu Trubshaw und küßte ihn auf die Stirn. «Und wie geht’s meinem Herzblatt?»
    «Danke», sagte Trubshaw kurz angebunden und wischte sich über die Stirn.
    «Und Persephone, mein Liebling.» Sie küßte Perse liebevoll. «Was hast du inzwischen alles angestellt?»
    «Ach, gar nichts», sagte Perse. «Sag mal, Mutter - sind die Männer in Südamerika wirklich so rasant?»
    «Überwältigend, mein Herz.»
    Und dann geschah etwas völlig Unerwartetes und wirklich Schreckliches. Vater sagte: «Schön, Clementine. Das war ein großartiger Auftritt. Jetzt würden wir gern deinen Abgang erleben.»
    Ich sah ihn entsetzt an. Er stand breitbeinig vor dem Kamin, mit gesträubtem Schnurrbart. Das denkende Auge war ganz im Dickicht verschwunden, aber das andere Auge hatte ich niemals zorniger gesehen.
    Mutter, die mir eben mit der Hand über das Haar gestrichen hatte, erstarrte, sagte dann aber mit kühler, leicht ironischer Stimme: «Harry, Liebling, du willst mir doch wohl nicht mit der bürgerlichen Moral kommen wollen?»
    «Und ob ich das will», sagte Vater.
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen, während Perse die Szene mit heller Begeisterung zu verfolgen schien. Selbst Trubshaw ließ seinen Schinken im Stich. Gloria war die kauende Mona Lisa selbst.
    Mutter ging zu Vater hinüber und stellte sich lächelnd vor ihm auf. «Harry - ich habe immer geglaubt, du legst Wert darauf, ein Gentleman zu sein. Da wirst du mich doch nicht am Weihnachtsabend aus dem Hause jagen wollen?»
    «Ach, laß diese Sentimentalität!» schrie Vater. «Du kommst hier einfach hereinspaziert vom anderen Ende der Welt und tust so, als wäre überhaupt nichts gewesen.»
    «Aber Harry, das war doch vor sechs Monaten! Das wirst du mir doch jetzt nicht mehr Vorhalten!»
    «Ich halte dir nichts vor, ich stelle nur fest, daß du freiwillig weggegangen bist.»
    «Und jetzt bin ich freiwillig wiedergekommen. Weil ich hier gebraucht werde», fügte sie liebevoll hinzu und musterte den Tisch. «Bitte, Vi, hol doch meine Koffer herein, es hat angefangen zu regnen.»
    «Die Koffer bleiben draußen», schrie Vater, es klang aber nicht sehr überzeugend.
    Als ich die ersten beiden Koffer hereinbrachte, sagte Vater gerade: «Es kann keine Rede davon sein, daß wir dich brauchen, Clementine. Wir werden sehr gut ohne dich fertig.»
    «Mein lieber Harry, ich sehe es», sagte Mutter. Dann zog sie die kleine Nase kraus. «Du - brennt da irgendwas in der Küche?»
    «Nein», sagte Vater barsch.
    «Aber irgendwie riecht es hier ganz rauchig und scheußlich», sagte Mutter.
    «Der Herd in der Küche qualmt etwas, Mutter», sagte ich

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