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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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Kinderspeisekarten und die amerikanischen Babystores. Es schien, als hätte plötzlich die ganze Welt Kinder, und ich war die Einzige, der eine Entscheidung diesbezüglich schwerfiel. Oscar wartete auf eine Entscheidung, meine Eltern wollten eine Entscheidung, und am allermeisten wollte ich selbst eine Entscheidung.
    Am Ende der ersten Woche unserer Reise wachten wir morgens in einem Jäger- und Anglermotel auf. In June Lake, einem kleinen Dorf fernab der Zivilisation. Das Motelgebäude selbst war aus dunklem Holz, wir sollten die Türen abschließen, weil hier oft hungrige Bären rumliefen. Über der Rezeption hingen ausgestopfte Tiere, mehr als ich je auf einmal gesehen hatte. Und es gab eine kleine Hütte, in der man seinen gefangenen Fisch waschen und entschuppen konnte. Dieser Ort hätte meinen Träumen entspringen können. Geheimnisvoll, unheimlich weit weg von allem anderen und voll seltsamer zwielichtiger Menschen, die wirklich alle sowohl eine Schrotflinte auf ihrem Pick-up als auch eine über die Schulter geschwungen hatten. Gegen sechs Uhr, als alle noch im Bett lagen, ging ich hinunter an den See. Die Sonne strahlte schon auf die Berggipfel, und der Schnee blendete weiß. Dunkelgrüne, satte, alte Tannen umstanden den See. Findlinge lagen am Ufer, als würden sie sonnenbaden, und die Fische kamen immer wieder an die Oberfläche, um zu frühstücken. Der Morgen war fast perfekt, es fehlte nur noch das fliegende Einhorn, auf das ich seit meiner Kindheit warte.
    Ich stand da am Schilf und sah vor mir drei Campingstühle, deren Füße im glasklaren, glitzernden Wasser standen. Der Anblick überwältigte mich, und ich konnte nur noch denken: Das soll mein Kind auch sehen. Plötzlich wusste ich es. Doch da war nicht dieses Gefühl der Erleichterung, auf das ich die ganze Zeit gehofft hatte. Stattdessen schrieb ich Oscar nur eine vorsichtige E-Mail, in der ich ihm mitteilte, dass er jetzt Vater und dass ich mich freuen würde, wenn er das gut finden könnte. Übrigens eine Methode, die ich nicht weiterempfehle. Zu viel Konjunktiv. Aber meine Angst davor, die falsche Entscheidung über unsere drei Schicksale getroffen zu haben, war riesig. Ich ging zurück ins Motelzimmer, legte mich zu Anja und sagte mit zitternder Stimme zum ersten Mal den Satz, den ich in den kommenden Monaten ständig wiederholen würde: »Ich werde Mama.«

GUSTAV VERSUS SOPHIE
    EIN UNGEBORENES KRIEGT NAMEN. ABER NUR EINEN. WARUM? WEIL DIE FRAU MIT O RUMNERVT
    Ich bin schuld. Hätte ich doch einfach mal die Klappe gehalten! Hätte ich mir still meinen Teil gedacht und nicht ständig den Stand der Dinge abgefragt – dann trüge Sophie heute womöglich einen anständigen Namen.
    Um nicht missverstanden zu werden: Sophie ist ein sehr schöner klassischer Frauen-, ja Damenname. Wer so heißt, kann einfach alles werden in diesem Leben. Hochseilartistin zum Beispiel oder Knopfverkäuferin. Imkerin, aber auch Frühstückskellnerin. Eine Sophie würde sich gut als Komparatistikprofessorin machen. Auch eine Tagediebin oder eine innewohnende SOS -Kinderdorfmutter könnte diesen Namen gut tragen. Das alles könnte sie, ich weiß es. Aber was mich an Sophies Namen stört, ist, dass er so allein ist.
    Sophie heißt das Kind. Ein Name. Schön, aber doch sehr kurz. Kein zweiter, gar dritter oder vierter Vorname klingelt noch hinterher, nur sechs Buchstaben zieren Sophies Geburtsurkunde. Und schuld daran – das schwant mir nach meinen ausufernden einseitigen Namensdiskussionen mit Sophies werter Frau Mutter –, schuld bin ich.
    Beim Thema Namen habe ich nämlich eine ausgewachsene Meise. Ich kenne kaum ein schöneres, anregenderes Thema als die ausgiebige Vornamensuche für ein Kind. Es ist völlig egal, ob ich mit den werdenden Eltern verwandt oder befreundet bin oder ob bei einer Party neben mir am Büfett zufällig eine Unbekannte mit Schwangerschaftsbauch steht. Ich verwickle jeden in eine Namensdiskussion. Namen sind ein weites Feld, faszinierend und vielfältig, aufgeladen mit persönlichen Assoziationen und Aversionen. Wenn’s nach mir ginge, könnte man gut und gern stundenlang bei diesem Thema verweilen. Namen nennen und ihrem Klang lauschen, manche gleich verwerfen, andere wiederum näher betrachten und die dazu passenden Geschichten erzählen.
    Wo kommt eigentlich Friethjof her? Was bedeutet Meredith namensetymologisch? Kommen jetzt im urbanen Neobiedermeier Namen wie Creszentia oder Vespasian wieder ganz groß raus? Ist der Mädchenname

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