Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
Vom Netzwerk:
Benimmt sich so ein Kind gegenüber seiner Mutter? Doch wohl eher nicht. Zweitens dieses süffisante Dann-krieg-doch-selber-ein-Kind. Sagt man als junge Frau so etwas Gemeines zu einer Dame, die das gebärfähige Alter – ginge es nach geschäftstüchtigen Reproduktionsmedizinern – zwar noch nicht hinter sich hat, die aber selbst klug einschätzt, für Kinder bei Weitem zu alt zu sein? Aber nein! Drittens diese fiese Information, dass die Namensentscheidung längst gefallen sei. Tut man das seiner Mama an, die bekanntlich eine ausgewachsene Namensmacke hat? Keinesfalls. »Wir haben uns bereits geeinigt.« Pah! Wie soll denn das gegangen sein ohne meinen fachfraulichen Rat?
    Ich wählte Hannas Nummer. Klick. »Was soll das denn bitte heißen?«, bellte ich in den Hörer. »Mama«, sagte Hanna, »mach jetzt keinen Aufstand. Oscar und ich haben uns über das Thema unterhalten und uns geeinigt. Wir haben zwei Namen gefunden – einen Jungen- und einen Mädchennamen. Und dass du es gleich weißt: Wenn’s ein Junge wird, kriegt er meinen Nachnamen, ein Mädchen Oscars. Und wenn du ganz lieb bist und mich drei Tage nicht anrufst, verrate ich dir zur Belohnung, wie das Baby heißen soll.«
    Entschuldigung, aber das ging ja nun gar nicht. Die größte und engagierteste Namensexpertin sollte nicht nur hingehalten werden, nein, sie war nicht mal nach ihrer Meinung gefragt worden. Namen bleiben schließlich ein ganzes Leben. Und sie sind, das mögen andere bestreiten, eine Art Screenshot von Moden und Haltungen, man wird immer auch vom Zeitgeist bei der Auswahl beeinflusst.
    Zu Beginn der Nullerjahre etwa war es unter coolen urbanen Eltern angesagt, ihre Kinder nach den Helden der eigenen großartigen Vergangenheit zu nennen. Ich kenne eine Pippi und einen Kalle. In meiner Küche saß auch schon ein kleiner Rocky. Ihre Eltern waren keine Spinner. Und doch hielten sie es für eine gute Idee, ihren Nachwuchs namenstechnisch in eine ewige Siebzigerjahre-Fernseh-Kindheit zurückzuschicken. Ein von einem Rocky besetzter Ethnologielehrstuhl scheint mir noch immer schwer vorstellbar.
    In der jüngeren Zeit nun neigen Abitureltern wieder zum klassischen Damen- und Herrennamen. Charlotte und Luise sind schwer im Schwange, kleine Ludwigs und Friedrichs scheißen in Parkettwohnungen ihre Ökowindeln voll. Die hippen Eltern wollen damit eine Bildungs- und Distinktionsgrenze ziehen zu den Chayennes und Ashtons in der prekären Nachbarschaft. Wenn schon die Bundesregierung unseren Kindern keine sichere Zukunft anbieten kann, so ihre Logik, soll doch zumindest ihr Name etwas aussagen über Herkunft und Anspruch. Einem Heinrich verweigert später mal kein Gymnasium den Platz – sein Name lässt auf Eltern schließen, die einen guten Anwalt kennen oder womöglich selbst Juristen sind.
    Edgar oder Katharina, Franz oder Elisabeth – so etwas in der Art stellte ich mir also vor, als ich Hanna drei Tage nach unserem ungut verlaufenen Telefonat mit allen Restbeständen an mütterlicher Dominanz fragte, wie das Kind denn nun verdammt noch mal heißen solle. »Sophie oder Gustav«, stieß sie hervor. »Okay, und weiter?«, fragte ich. »Nichts weiter«, sagte Hanna, »Sophie oder Gustav.«
    Wie bitte, keine weiteren Namen? Das konnte doch nicht wahr sein. »Kinder brauchen aber mindestens einen zweiten Namen«, jammerte ich ins Telefon, »der zweite Name erzählt doch erst die Geschichte!« Hanna klang sehr, sehr genervt, als sie sagte, dass Oscar und sie einen einzigen Namen völlig ausreichend fänden und ob ich nicht auch der Meinung sei, dass unser Telefonat gerade wieder in diese übergriffige Richtung abdrifte. »Also, bis bald, Mama!«
    Ich saß da und war platt. Also gut, Sophie und Gustav sind prima Namen. Prägnant, aber nicht überstrapaziert. Na ja, ein bisschen kitzlig in der Schreibung – da würde es später mal viele F-Nachfragen geben. Aber ohne zweiten oder dritten Namen irgendwie nicht komplett.
    Dass ich glaube, Kinder bräuchten zwingend mindestens einen weiteren Namen, erklärt sich aus meiner eigenen Geschichte. Meinen Geschwistern und mir fiel irgendwann mal auf, dass unsere Namen – Andre, Jana, Anja – sich kaum voneinander unterschieden. Setzte man die ersten beiden Silben von Andre und Jana zusammen, kam dabei Anja heraus. Und würfelte man Janas Buchstaben ein wenig durcheinander, ergab das Anja. Und umgekehrt.
    Mit dem Vorwurf fehlender Sorgfalt konfrontiert, zeigten sich unsere Eltern überrascht. Tatsächlich

Weitere Kostenlose Bücher