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Als Oma noch mit Kohlen heizte

Als Oma noch mit Kohlen heizte

Titel: Als Oma noch mit Kohlen heizte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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im Traum.
    Als Tillas Vater von der Arbeit nach Hause kam, war es längst dunkel. Er hörte, was geschehen war, nahm die Petroleumlampe von der Wand und ging leise auf Socken zu Tilla hinüber. Das Mädchen schlief. Er berührte ihre Stirn.
    „Fieber hat sie nicht“, sagte er erleichtert, als er wieder in die Küche zurückkam. „An dir, Lisa, ist eine Ärztin verloren gegangen.“
    „Das Kind hat sich heute zum ersten Mal in mir gerührt, Franz“, sagte Tillas Mutter. Sie sah sorgenvoll aus.
    „Wo sechs satt werden, Lisa, da wird auch ein siebtes nicht hungern müssen“, tröstete Tillas Vater sie. Aber sehr überzeugend klang seine Stimme nicht. Er war im Herbst drei Wochen lang krank gewesen und hatte nicht arbeiten können. Die paar Mark, die Lisa auf die hohe Kante gelegt hatte, waren bald aufgebraucht. Beim Kaufmann waren noch vier Taler Schulden angeschrieben. Er hatte schon zweimal das Geld angemahnt. Aber woher sollten die Meurers es nehmen?
    Später kam Christian noch auf einen Sprung ins Haus. „Wie geht es unserer Eisprinzessin?“, fragte er.
    „Wir wollen hoffen, dass sie sich nichts Böses in der Kälte geholt hat“, antwortete Tillas Mutter.
    „Ich hab es im ‚Goldenen Schwan‘ allen erzählt, dass die Idee mit der Brücke von Tilla kam.“
    „Lass gut sein, Christian“, sagte Franz Meurer.
    Er schüttete für Christian einen großen Schnaps ein und goss auch für sich ein Gläschen randvoll. Er stand auf und sprach: „Ich danke dir, Christian van Bemmel.“ Es klang ganz feierlich.
    „Wir hätten ...“, er räusperte sich und schloss dann: „Wir hätten unsere Tilla sehr vermisst.“
    „Ich hätte sie auch vermisst“, gestand Christian.
    „Und der Lehrer hat gesagt, er hätte noch nie vorher eine bessere Hilfe in der Schule gehabt. Geschimpft hat er übrigens mit dem Hein und mit uns allen, der Lehrer Pannbeckers. Man konnte es merken, er hätte am liebsten seinen Stock aus der Schule geholt und uns durchgeprügelt. ‚Ideen sind für die Menschheit wichtig‘, hat er gesagt. Das müsste doch endlich und endgültig in unsere Holzköpfe rein, dass die Ideen für die Menschheit wichtig sind. Daraufhin hat der Hein, der schon einen halben Liter Bier über den Durst getrunken hatte, das Lied von der Tilla angestimmt und wir haben alle laut mitgesungen:
    ‚Tilla Meurer ist ein Sonntagskind.
    Unter ihrem blonden Zopf
    in dem klugen, hellen Kopf
    wohl tausend und mehr Ideen sind.‘
    Alle sieben Strophen haben wir gesungen. Da hat der Lehrer gesagt, singen wäre nicht schlecht, aber notwendig wär’s, dass wir das wiedergutmachen würden, das mit der Tilla.“
    „Was gibt’s da gutzumachen?“, seufzte Tillas Mutter.
    „Nun“, antwortete Christian, „wir haben uns etwas Schönes einfallen lassen. Zunächst mal soll die Tilla ihren Anteil mitbekommen, wenn wir das Brückengeld unter uns aufteilen. Dann ist da noch etwas, aber das darf ich noch nicht verraten. Der Lehrer ist darauf gekommen. Ist mehr was Geistiges. Mehr darf ich heute nicht sagen.“
    Christian stand auf, trank den letzten Rest aus seinem Glas und sagte:
    „Gute Nacht denn auch.“
    „Ich gehe ins Bett“, sagte Tillas Vater und reckte sich. „Morgen früh ist die Nacht herum.“

Mittelpunkt der Klasse
    In aller Frühe wachte Tilla auf. Es war noch stockdunkel. Sie fühlte sich frisch und munter. In der Küche hörte sie Geschirr klappern. Die Schwester neben ihr schlief noch fest. Leise schlüpfte Tilla aus dem Bett, hängte sich eine Wolldecke um und zog die warmen Pantoffeln an. Sie ging ans Fenster. Die Scheiben waren mit Eisblumen überzogen. Tilla hauchte ein kleines Guckloch ins Eis. Der Morgenstern funkelte und eine schmale Mondsichel stand klar am Himmel.
    Frost, dachte Tilla. Auch heute noch Frost. Sie ging in die Küche. Die Knie waren ihr noch ein wenig wacklig, aber der Kopf war klar.
    „Schon aufgestanden?“, fragte Mutter.
    Sie füllte gerade den Rest vom Grünkohl, den es am Vortag zu Mittag gegeben hatte, in einen Blechtopf. Vater nahm jeden Tag den Topf mit zum Werk. Dort wurde das Essen in einem Wasserbad aufgewärmt und in der halbstündigen Mittagspause verzehrt.
    Vater stand vor dem Spiegel und rasierte sich. Sorgfältig seifte er das Gesicht schaumig ein und schabte dann mit dem blanken Rasiermesser Seifenschaum und Bartstoppeln ab.
    „Wie geht es dir, Tilla?“, fragte er.
    „Gut, Vater.“
    Mutter griff nach ihrer Hand und sagte: „Fieber hat sie jedenfalls keins. Gott sei

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