Als unser Kunde tot umfiel
auch seinen Grund. Die beiden sind einfach noch nicht so weit, um wichtige Aufgaben wie den Check-in oder Reklamationen zu bearbeiten. Deshalb mache ich die Sachen lieber selbst.“ Ich wusste im ersten Augenblick nicht, was ich darauf sagen sollte, so absurd erschien mir die Sache. „Bei den Kollegen, von denen wir sprechen, handelt es sich nicht um Auszubildende, oder?“ Ich wollte nur sicher sein. „Nein, nein“, sagte sie, „es sind bereits ausgelernte Hotelfachkräfte.“ Ich verstand die Welt nicht mehr. „Aber warum trauen Sie Ihren Mitarbeitern das nicht zu?“, wollte ich unbedingt wissen. „Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht. Die Arbeiten werden oft nur unzureichend erledigt, sodass ich sie dann selbst noch einmal machen muss, da mache sie lieber gleich selbst. Außerdem sind Reklamationsgespräche etwas kompliziert und ich will, dass unsere Gäste hinterher wieder voll zufrieden sind.“ Das machte mich nachdenklich. „Sie sind also davon überzeugt, dass die Aufgaben von Ihren Mitarbeitern nicht so gut erledigt werden wie von Ihnen?“ „Genau“, stimmte mir Frau Wagner zu. Mir war klar, dass Frau Wagner hier einer immensen Fehleinschätzung aufsaß. Zum Ersten bin ich davon überzeugt, dass jeder ersetzbar ist, was ich Frau Wagner so natürlich nicht sagen konnte. Zweitens glaubte ich, dass die heute erlebte Situation sich wiederholen würde, wenn wir keine andere Lösung fanden. Ich war auch davon überzeugt, dass die Problematik andere Bereiche in Mitleidenschaft ziehen würde, wie heute schon die späte Besprechung mit dem Housekeeping gezeigt hatte. Eine kooperative Lösung musste her, und zwar schnell, denn Frau Wagner war eine gute Kraft und ich wollte sie nicht verlieren. „Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit wirklich am meisten Freude, was machen Sie richtig gerne?“, fragte ich sie. Sie überlegte kurz und schaute mich dann mit leuchtenden Augen an. „Am liebsten bin ich im direkten Kundenkontakt. Wenn ich unseren Gästen einen fantastischen Aufenthalt bereiten kann oder bei einem Problem helfen konnte, ist das für mich die größte Bestätigung.“ Ich war etwas überrascht, denn nicht selten höre ich genau das Gegenteil. Aber Frau Wagner war voll und ganz auf Service eingestellt, das merkte man und genau das machte ihre exzellente Arbeit aus. Ich wollte versuchen, einen Kompromiss zu erarbeiten, mit dem wir alle gut leben konnten. „Sehen Sie, Frau Wagner, ich glaube, genau da liegt der Hase im Pfeffer.“ Sie sah mich skeptisch an. „Als Chefin der Rezeption ist per Stellenbeschreibung der Anteil, den Sie im direkten Gästekontakt stehen, geringer als der Anteil, dem die Managementaufgaben zukommen. Daraus ergibt sich das Problem, dass Sie einerseits sehr gerne den direkten Gästekontakt haben, andererseits weitere wichtige Aufgaben unerfüllt bleiben. Sicher ist, wir brauchen beides, gute Leute im Gästekontakt und gute Leute im Management.“ Ich beobachtete, wie Frau Wagner reagierte. Sie nickte und wirkte betrübt. Ich machte weiter. „Frau Wagner, was halten Sie von dieser Lösung? Sie arbeiten ab sofort wieder an der Rezeption als Rezeptionistin und erhalten zusätzlich die Leitung für die Ausbildung unserer Fachkräfte an der Rezeption im Housekeeping und für den Teilbereich Service unserer Restaurantmitarbeiter. Was meinen Sie?“ „Hm, und die Position als Chefrezeptionistin macht dann jemand anderes?“, fragte sie etwas unsicher. „Ja, diese Stelle müssen wir dann neu besetzen.“ Ich wünschte mir, dass sie dieser Lösung zustimmen würde. „Ich möchte es mir gerne bis morgen überlegen, ginge das?“, fragte sie und ich war froh, dass sie nicht gleich ablehnte. „Natürlich“, erwiderte ich und begleitete sie noch hinaus.
Frau Wagner hat das Angebot schließlich angenommen und leitet heute die Ausbildungsabteilung. Ihr Schwerpunkt ist nach wie vor die Rezeption, wo sie ihre Stärken im direkten Kundenkontakt voll einsetzt und unsere Gäste begeistert.
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