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Als unser Kunde tot umfiel

Als unser Kunde tot umfiel

Titel: Als unser Kunde tot umfiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Hinrichsen , Boris Palluch
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verstanden.
    Hinrichsen: Ging mir genauso. Als ich dann selber Chef war, sah das manchmal anders aus. Ich weiß noch, in einem Einsatz als Destinationsmanager haben mir meine Mitarbeiter immer die Kundenbeschwerden zur Kontrolle vorgelegt. Dabei haben sie fast nie einen Fehler gemacht. Das hat mich locker einen Arbeitstag pro Woche gekostet, den ich dann häufig am Wochenende nachgeholt habe.
    P: Aber warum hast du das denn dann gemacht?
    H: Schwer zu sagen. Auf der einen Seite habe ich gesehen, wie erleichtert die Mitarbeiter waren. Die fanden das super. Das hat mir geschmeichelt. Auf der anderen Seite hatte ich bei einigen Fällen einfach Sorge, dass sie nicht so entscheiden, wie ich das gemacht hätte. Letzten Endes habe ich so meine Mitarbeiter daran gehindert, sich weiterzuentwickeln – obwohl ich ihnen eigentlich nur etwas Gutes tun wollte.
    P: Ja, das kenne ich. Ich habe auch andere Fälle erlebt, da hatte ich den Eindruck, dass es um einen Selbsterhaltungstrieb der Führungskraft ging. So im Sinne von: Wenn ich die Fäden aus der Hand gebe, erkennt man vielleicht nicht, wie wichtig ich bin. Das hat mich immer besonders geärgert.
    H: Kann ich nachvollziehen. Ich finde aber auch, dass es manchmal schwierig ist zu entscheiden, wann ich eingreifen muss und wo ich Mitarbeiter vielleicht auch bewusst laufen lassen kann, egal ob der Weg zum Ziel genau der ist, den ich gewählt hätte, oder nicht.
    P: Aber was hat denn bei Frau Wagner zu dieser Entwicklung geführt? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ihr das nicht selbst aufgefallen ist.
    H: Da habe ich lange darüber nachgedacht. Ich denke, es war eine Mischung aus mehreren Faktoren. Zum einen ging es ihr darum, die Mitarbeiter vor unangenehmen Situationen zu schützen. Deswegen hat sie Reklamationen und knifflige Fälle grundsätzlich selbst übernommen. Das Gleiche bei Massenankünften und Konflikten mit anderen Bereichen. Dass sie diejenige war, die sich total übernommen hat, ist ihr – glaube ich – gar nicht aufgefallen. Aber es gab noch einen zweiten Punkt: Sie war befördert worden, weil sie es operativ einfach draufhatte und sich weitergebildet hat. Sie hat dann auch im neuen Job die alten Methoden angewendet. Die haben aber nicht mehr gepasst, weil sich ihre Funktion verändert hatte.
    P: Ja, das kenne ich. Viele Vorgesetzte glauben ja, dass sie nur als Chef akzeptiert werden, wenn sie operativ ganz vorne mit dabei sind. Dass das aber gar nicht ihr Schwerpunkt ist, vergessen sie dabei. Zumal man natürlich die Aufgaben bevorzugt, bei denen man sich sicher fühlt. Am Ende zahlt man selbst die Zeche. Überstunden, unzufriedene Vorgesetzte, die die mangelnde Wahrnehmung der Führungsrolle anprangern. Dabei hat man es als Chef wirklich selbst in der Hand, sich die nötigen Freiräume zu schaffen. Wenn man sich traut.
Houston, wir haben ein Problem – So beweisen Sie garantiert keine Führungsqualitäten
    Mitarbeiter können sich nur weiterentwickeln, wenn man sie lässt. Und Sie werden nur ein guter Chef, wenn Sie sich von dem Gedanken lösen, dass Sie den Job Ihrer Mitarbeiter sowieso am besten können. Sie sind kein konkurrierender Kollege, sondern der Chef. Oder? So geht es auf jeden Fall nicht:
    „Gelernte Hilflosigkeit.“ Können Sie mir das noch einmal zeigen? Ein letztes Mal noch, dann fühle ich mich viel sicherer. Um sich Mühe und Ärger zu ersparen, tun diese Mitarbeiter so, als wüssten sie nicht, wie bestimmte Dinge funktionieren, nur um die Aufgaben ihrem Vorgesetzten wieder zuzuschieben. Ist ja auch nicht schlimm – schließlich haben Sie doch sicher samstags noch Puffer für Mehrarbeit oder? Das Problem ist, Sie als Chef lassen es mit sich machen – und vielleicht glauben Sie ja wirklich, dass Sie in der Rolle als Retter in der Not besondere Führungsqualitäten zeigen.
    „Der gönnerhafte Rosinenpicker.“ Dieser Chef sucht sich die spannenden oder herausfordernden Aufgaben heraus und lässt banale Sachen von den „Untertanen“ erledigen. So können sie den wenigsten Schaden anrichten. Leider führt das dazu, dass Sie niemand einschätzen kann. Soll ich das jetzt machen oder wird der Chef dann fuchsig? Das Resultat: Bevor ein Mitarbeiter etwas anfängt, fragt er erst einmal bei Ihnen nach. Aber das ist ja nicht so tragisch – so haben Sie die Gewissheit, gebraucht zu werden, und können sich weiterhin über die Unselbständigkeit Ihrer Truppe beklagen.
    „Der Tausendsassa.“ Dieser Cheftyp kann alles und das am besten.

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