Als wir Roemer waren
wie wenn sie sagen will, »ätsch, ich hab mein Puppenhaus dabei, und du musstest deine Autorennbahn und deine Spielkonsole zu Hause lassen, ha.« Da drüber hab ich mich geärgert. Ich dachte, »so was Gemeines, wo du mir auch noch bei Hermanns Käfig helfen durftest.« Sie hat gespielt, die Puppen hätten eine Teeparty, und sie hat den Puppen Gläser aus dem Badezimmer gegeben, die musste ich ihr natürlich wegnehmen, ich sagte, »die darfst du nicht haben, Jemima, Glas ist gefährlich.« Wie sie mich hauen wollte und mich in den Arm gebissen hat, hab ich zu Mum gesagt, »du musst Jemima raus in den Korridor schicken, bis sie sich entschuldigt«, aber Mum hat es nicht gemacht, sie hat gar nichts gemacht, sie hat bloß auf den Fußboden geguckt und gesagt, »bitte, Lawrence, ich schaff das heute nicht«, und
dann war es komisch, ich war traurig, wie wenn ich heulen muss, aber ich war auch richtig wütend, und es war so, wie wenn ich mich nicht entscheiden kann, was von beidem ich denn nun sein soll.
Wie ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, dachte ich, »okay, Mum, dann wollen wir doch mal sehen, ob es dir nicht heute besser geht, wollen wir doch mal sehen.« Aber wie ich zu ihr rübergegangen bin, war sie noch ganz genauso, sie hat sich den Arm über die Augen gelegt, wie wenn sie sich verstecken will. Eigentlich war es schlimmer, denn jetzt waren es schon zwei Tage. Ich dachte, »und wenn sie jetzt für immer so bleibt? Dann stecken wir hier fest, bis unser ganzes Geld alle ist.« Plötzlich wurde ich ganz ernst, ich dachte, »na schön.« Ich bin aufgestanden und hab Jemima beim Anziehen geholfen, und dann sind wir zusammen zu der Giraffenfrau gegangen, damit sie uns das Frühstück bringt, und wie wir mit unseren Kroassongs fertig waren, hab ichs noch mal probiert. Ich hab gesagt, »Mum, wir müssen fahren, damit wir nach Rom kommen und wieder nach Hause. Ich hab doch noch Klassenarbeiten, weißt du nicht mehr?« Wie das nicht geholfen hat, hab ich gesagt, »okay, dann bleiben wir eben für immer hier und geben das ganze Geld aus, bis alles alle ist.« Aber das hat auch nicht geholfen, und da hab ich unsere Kisten gepackt, Jemimas und meine, und mir die Autoschlüssel genommen und alles ins Auto gebracht, und dann hatte ich noch eine Idee. Ich hab gesagt, »Mum, wir müssen hier weg. Sonst findet Dad uns noch.« Und was soll ich sagen? Das hat tatsächlich funktioniert.
Mum hat mich zwar immer noch nicht angeguckt, sondern bloß so ein bisschen geblinzelt, aber sie hat sich ganz langsam hingesetzt und sich ein ganz kleines Stückchen Kroassong genommen. Es war komisch, eigentlich hat sie fast gar nichts gemacht, sie hat noch nicht mal was gesagt,
aber ich wusste es, ich dachte, »hurra, jetzt wird alles wieder gut«, und ich hatte recht. Obwohl sie wahnsinnig langsam war und immer noch mit ihrer Gähnstimme geredet hat, ist sie ins Badezimmer gegangen, unter die Dusche, dann hat sie sich angezogen und ihre Tasche gepackt. Jemima und ich haben geholfen, und dann sind wir nach unten gegangen, wo sie die Giraffenfrau bezahlt hat, die immer noch so geguckt hat, wie wenn sie sich Sorgen macht, und das war blöd von ihr, weil ich ihr nämlich gesagt hab, dass jetzt wieder alles in Ordnung ist. Dann sind wir eingestiegen und weggefahren, Tatsache.
Aber gelächelt hat Mum erst wieder, wie sie das Schild an der Autobahn gesehen hat. Da stand drauf Roma 286, ich habs zuerst entdeckt und gesagt, »guck mal, Roma 286, das ist nicht mehr sehr weit.« Das wusste ich nämlich noch von den ganzen Schildern in Frankreich, dass 286 nicht so lange dauert. Wie ich das gesagt hab, hab ich im Spiegel gesehen, dass Mum lächelt, und obwohl sie bloß ein ganz, ganz kleines bisschen gelächelt hat, dachte ich, »hurra, jetzt gehts Mum besser.«
Danach hab ich genau Ausschau gehalten, und jedes Mal wenn ein Schild kam, hab ich gerufen, »guck mal, Roma 253« oder »guck, da, Roma 223.« Und dann hat Mum jedes Mal ein bisschen mehr gelächelt, bis sie irgendwann selber Ausschau gehalten hat, und dann konnten wir es zusammen sagen, »Roma 184« oder »Roma 139«, und Jemima hat es auch gesagt, aber immer nach uns, weil sie noch nicht lesen kann, sie hat gelacht und gequietscht, weil es Mum besserging. Dann hat auf einmal das Auto ganz komisch geklappert, und Mum hat die Stirn gerunzelt und gesagt, »ach du Himmel, meint ihr, er hat was mit dem Motor gemacht?«, aber trotzdem hat sie nicht ganz aufgehört zu lächeln, sie hat sogar
Weitere Kostenlose Bücher