Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Augen war jetzt eine Sorgenfalte erschienen.
Marilyn stützte die Ellbogen auf den Tisch, beugte sich zu uns vor und sah sich verstohlen im Restaurant um, als würden Lauscher hinter den Topfpalmen lauern. » Ihr habt wahrscheinlich diese Gerüchte über Bobby und mich gehört. Ganz Hollywood scheint plötzlich kein anderes Thema mehr zu haben.«
» Ich frage mich nur, wieso«, sagte ich. Katja trat gegen mein Schienbein.
» Nun, die Gerüchte stimmen nicht. Sicher, wir haben miteinander geschlafen, aber wenn ich manches von dem Zeug höre, das wir angeblich miteinander getrieben haben– das stimmt alles nicht.«
Robert Kennedy, der Bruder des Präsidenten und Justizminister der Vereinigten Staaten, war im letzten Sommer viel hier in Hollywood gewesen, um für die Finanzierung der Verfilmung von The Enemy Within zu trommeln, seinem Bestseller über seinen Kreuzzug gegen das organisierte Verbrechen. Ich wusste mit Bestimmtheit, dass es einige ziemlich wilde Partys in diesem Strandhaus in Santa Monica gegeben hatte, das Bobbys Schwager Peter Lawford gehörte. Es gab jede Menge Schlafzimmer in dem Haus, aber was man so hörte, war die Badewanne der bevorzugte Ort, wo es Bobby und Marilyn trieben.
» Ich glaube, all diese schrecklichen Gerüchte setzen Bobby zu«, sagte Marilyn. » Denn jetzt ist es bei ihm auch irgendwie komisch. Es ist, als würden sie alle versuchen, ihn von mir fernzuhalten, genau wie sie es mit dem Präsidenten machen.«
Ich öffnete den Mund, und Katja trat erneut gegen mein Schienbein, also schloss ich ihn wieder.
Aber Marilyn schien meine Gedanken gelesen zu haben, als wären sie in einer Sprechblase über meinem Kopf erschienen.
» Ich bin nicht dumm, Mike, also hör auf, es zu glauben«, sagte sie und sah versonnen und hart zugleich aus. Eine bemerkenswerte Leistung, dachte ich. » Ich glaube, sie haben ihm eingeredet, ich würde in einer Pressekonferenz plaudern, weil er gesagt hat…«
Sie war drauf und dran gewesen, mit etwas richtig Saftigem herauszurücken, ehe sie sich unterbrochen hatte, und ich hätte beinahe laut geflucht. Aber dann sagte sie stattdessen: » Jack hat jemanden zu mir nach Hause geschickt, um mir auszurichten, dass es vorbei ist. Er hätte zumindest den Mut haben können, es mir ins Gesicht zu sagen.«
» Ach, Marilyn.« Katja tätschelte ihren Arm. » Du weißt ja, wie Männer sind. Sie mögen keine Szenen.«
» Sind Männer so, Mike?«
Es fiel mir schwer, ihr ins Gesicht zu schauen. Es war, als würde ihr das Herz gleich brechen. Wirklich brechen, und das überraschte mich. Ein Mädchen, das so um die Häuser gezogen war wie sie, musste doch wissen, wie das Spiel lief. Ich meine, sie wird ja wohl nicht gedacht haben, dass Kennedy sich von Jackie scheiden lässt und sie heiratet, oder?
» Soll ich ehrlich sein?«, sagte ich. » Wir würden uns eher in Öl sieden, aufspießen und die Haut abziehen lassen. Was Frauen angeht, sind wir alle Feiglinge. Jeder Einzelne von uns.«
Marilyn nickte feierlich, als hätte ich die Antwort auf eines der großen Rätsel des Lebens enthüllt, und zum ersten Mal tat sie mir leid. Katja hatte mir von Marilyns Kindheit erzählt, wie sie als uneheliches Kind zur Welt kam, die Mutter immer wieder mal in der Nervenheilanstalt, während sie in Waisenheime und Pflegefamilien abgeschoben wurde, unerwünscht und ungeliebt, und so hatte sie eine Sexgöttin erschaffen, eine Frau, die kein Mann je verlassen konnte. Und doch wurde sie jetzt fallen gelassen wie ein Stück Dreck, und es war natürlich dumm von ihr gewesen, dass sie es nicht hatte kommen sehen, aber es war auch traurig.
Dann sagte sie aus heiterem Himmel etwas, das mich umhaute.
» Aber ich kann das überleben, denn zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich innerlich stark. Oh, ich weiß, was ich habe, währt vielleicht nicht ewig– Ruhm ist vergänglich, wie es heißt. Aber wenn er weg ist, dann ist er weg, und ich werde überleben, weil ich meinen wahren Wert kenne. Ich weiß nicht nur, was ich tun kann, ich weiß, was ich tun muss.«
Diesmal ergriff Katja ihre Hand. » Du warst immer eine starke Persönlichkeit. Niemand kommt dorthin, wo du bist, ohne innerlich stark zu sein. Und zäh.«
Marilyn schenkte ihr ein Lächeln, das an den Rändern zitterte. » Und du hast immer nur das Beste in mir gesehen, Kat. Dafür liebe ich dich. Aber ich habe selbst nicht immer das Beste in mir gesehen. Bis jetzt. Sie brauchen sich also keine Sorgen meinetwegen zu machen,
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