Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
einem zweitklassigen Horrorfilm. Aber dann habe ich darüber nachgedacht– unser Skelett ist unser inneres Gerüst, wie die Stahlträger eines Hochhauses, und der Knochenaltar macht einen stark von innen heraus, deshalb ist es der perfekte Name dafür.«
Daraufhin entspannte ich mich und ließ Katjas Handgelenk los. Sie führte den Arm zur Brust und rieb sich die roten Druckspuren, die ich hinterlassen hatte, und ich kam mir gemein vor, weil ich ihr wehgetan hatte. Dieses Knochenaltar-Ding war nur eins von ihren alten russischen Volksheilmitteln, von denen sie immer anfing, sobald mir auch nur die Nase lief. Irgendein Medizinmann-Hokuspokus, den ihre Mutter aus Sibirien mitgebracht hatte. Molchauge und Krötenhaar oder irgend so ein Nonsens, vielleicht mit ein bisschen Magic Mushroom darin.
Garantiert, dachte ich, hatte Marilyn tatsächlich etwas von dem Zeug geschluckt, und dann zieht sie los und macht sich einen schönen Tag, und schwuppdiwupp ist es Zauberei, und sie beschließt, eine nationale Angelegenheit daraus zu machen. Buchstäblich.
Trotzdem war es natürlich nichts, was man einfach an den Präsidenten der Vereinigten Staaten weitergeben konnte, ohne dass man alle möglichen Sicherheitsdienste am Hals hatte. Kein Wunder, dass meine arme Katja gerade den Schreck ihres Lebens bekommen hatte. Sie hatte sich wahrscheinlich vorgestellt, wie der Secret Service mit Handschellen und einem Haftbefehl an ihrer Tür aufkreuzte.
Sie schien sich jedoch erholt zu haben, und ich sah erleichtert die Farbe in ihr Gesicht zurückkehren. Selbst die Sorgenfalte zwischen ihren Augen war verschwunden.
Sie legte Marilyn den Arm um die Schulter und drückte sie. » Du bist so ein großzügiger Mensch, manchmal großzügiger, als gut für dich ist. Nur jetzt solltest du es wegstecken, bevor jemand im Restaurant hier alles falsch versteht und zur Presse läuft, und morgen kannst du dann in der ganzen Boulevardpresse lesen, dass du Heroin fixt.«
Marilyn lachte und steckte das Fläschchen wieder zwischen ihre Titten, und ich Narr dachte, das würde das letzte Mal sein, dass ich etwas von dem Knochenaltar hörte oder sah.
Später standen wir drei unter der roten Markise des Restaurants und warteten darauf, dass der Junge unseren Wagen brachte.
Ich blickte zur Kreuzung Hollywood Boulevard und Vine Street, die Neonlichter surrten in der stillen Luft, auf den Gehsteigen herrschte reges Leben. Ich sah ein Cadillac Cabrio mit riesigen Heckflossen gemächlich vorbeifahren, aus seinem Radio plärrte Little Evas » The Loco-Motion«. Der Caddy war voller Mädchen mit toupierten Haaren, engen Pullovern und Träumen von Starruhm in den Augen, und ich dachte an etwas, das Marilyn einmal gesagt hatte: dass Hollywood ein Ort sei, wo sie dir tausend Dollar für einen Kuss zahlten und fünfzig Cent für deine Seele.
Ich drehte mich zu ihr um, aber sie und Katja hatten sich ein Stück entfernt, steckten die Köpfe zusammen und unterhielten sich, und ich wunderte mich einmal mehr über ihre merkwürdige Freundschaft. Irgendetwas, dachte ich, verband die beiden, etwas, das über Marilyns Einsamkeit und die übertriebene Treue meiner Frau hinausging, aber ich kam beim besten Willen nicht darauf, was es war. Manche Dinge in dieser Welt entziehen sich wohl einfach jeder Erklärung.
» Ich bedauere nichts, Kat, gar nichts«, hörte ich Marilyn sagen, und im Schein der Straßenlampe sah ich Tränen in ihrem Gesicht. » Ich weiß, das sage ich die ganze Zeit, aber ich meine es auch so. Es ist nur– wäre es nicht nett, wenn Jack und ich zusammen sein könnten?«
Katjas Augen waren ebenfalls nass. » Es sollte nicht sein, Schätzchen. Er ist der Präsident, sein Leben gehört nicht ihm. Aber du weißt, du hast ihn glücklich gemacht.«
Marilyn holte tief Luft und biss sich auf die Lippen. » Es ist nur… Es ist einsam hier draußen, nicht?«
Ich beobachtete sie, und ich muss sagen, ich war ebenfalls ein bisschen traurig, denn ich mochte sie in diesem Augenblick. Mir gefiel der mutige Kern, den ich sah, aber ich wunderte mich über die Unverwüstlichkeit.
Mein Impala rollte schnurrend an die Bordsteinkante. Ein Junge mit großen Ohren und Sommersprossen stieg aus, öffnete mit schwungvoller Gebärde die Beifahrertür und grinste Marilyn schüchtern an. Sie erwiderte das Lächeln strahlend und machte Anstalten, in das Auto zu steigen, doch dann richtete sie sich auf und sah nach oben. Sie zeigte zu dem roten, wie ein Derby-Hut geformten
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