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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duane Louis
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meine Augenlider schwerer, bis sie schließlich ganz zufielen. Als ich am 28. Februar 1972 zu mir kam, sah ich Erna Derace vor mir.
    Sie hielt eine Pistole in der Hand.

X
    Die Rache des Schlitzers

    Erna Derace hockte auf ihren Fersen, während das gepunktete Kleid um sie herum fächerförmig auf den Boden fiel. Die Pistole war eine kleine.38er mit Perlmuttschaft. Ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um dieselbe Waffe handelte, mit der Dr. DeMeos fleischige Pranke neulich vor meinem schemenhaften Gesicht herumgefuchtelt hatte. Offensichtlich hatte sie die Pistole aus seiner Schreibtischschublade genommen. Sie stand noch offen. Und in ihrem Inneren stapelten sich Unterlagen und Aktenmappen.
    Erna hielt die 38er locker wie eine Fernbedienung, als wäre sie so ins Programm vertieft, dass sie sie ganz vergessen hatte.
    »Verdammt … nicht schon wieder.«
    Sie sprach leise, den Blick zu Boden gerichtet.
    Wollte sie sich umbringen? Oder DeMeo? Ich versuchte, sie zu beruhigen, auch wenn ich unsichtbar war.
    »Ich weiß, Sie wissen nicht, dass ich da bin. Doch wenn meine Worte irgendwie zu Ihnen durchdringen, dann hören Sie mir jetzt zu - ich denke wirklich, es wäre besser, wenn Sie die Waffe hinlegen.«
    »Ich kann Sie hören.«
    Ich rührte mich nicht von der Stelle.

    »Was?«
    Sie drehte sich um und blickte mir in die Augen.
    »Ich kann Sie auch sehen. Von oben bis unten. Ich habe nur so getan, als könnte ich Sie nicht sehen, weil ich weiß, dass Sie wahrscheinlich ein Produkt meiner Fantasie sind. Ich dachte, wenn ich Sie nicht beachte, verschwinden Sie vielleicht. Aber das tun Sie nicht. Keiner von euch.«
    »Haben Sie mich auch an meinem ersten Abend in diesem Zimmer gesehen? Als Sie mit DeMeo zusammen waren?«
    »Ja. Ich hatte gehofft, Sie würden sich in Luft auflösen, wenn ich mich vor ihn hinknie. Und das haben Sie ja auch getan.«
    »Wofür genau halten Sie mich?«
    »Sie sind ein toter Mann.«
    »Aber das bin ich nicht.«
    »Richtig. Natürlich. Sie sind nicht tot. Vielleicht bin ich ja tot. Vielleicht bin ich eine tote Frau, die in einem See aus lauter Lebenden treibt, nur, dass ich es noch nicht mitgekriegt habe. Vielleicht bin ich bereits seit meiner Kindheit tot.«
    »Ich möchte Ihnen ein paar Fragen zu DeMeo stellen.«
    »Er behandelt mich gut.«
    »Was macht er hier oben? Was für Experimente sind das?«
    »Sie wollen damit sagen, Sie wissen es nicht? Ich dachte, Tote wüssten alles. Darum kehrt ihr doch zurück.
Um die Lebenden zu verspotten. Um uns zu demonstrieren, wie schlau ihr seid und wie dumm wir anderen sind.«
    »Tja, ich weiß es aber nicht. Sie haben also was gegen mich in der Hand.«
    »Ich weiß es auch nicht. Mitchell behauptet, es wäre streng geheim. Ich weiß nur, dass seine Patienten erst nach Einbruch der Dunkelheit hier eintreffen und für etwa eine Stunde hierbleiben, manchmal auch die ganze Nacht. Er behauptet, er könnte bei Dunkelheit besser arbeiten, darum hat er die Fenster abgeklebt und die Glühbirnen im Flur rausgedreht. Außer in meiner Wohnung darf nirgends Licht brennen. Und er will, dass Ruhe herrscht. Ich muss die ganze Zeit absolut still sein.«
    Ich stellte mir Billy Derace vor, wie er in dem einzigen erleuchteten Zimmer eines sonst dunklen Wohnhauses hockte. Ein Zwölfjähriger, gezwungen, die Wohnung zu hüten und still zu sein.
    »Manchmal sehe ich Ihren Sohn draußen vor Ihrem Apartment hocken. Manchmal weint er. Manchmal blutet er, Erna.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Sie haben mich schon verstanden.«
    »Sie wissen nicht, wie das ist.«
    »Erzählen Sie’s mir.«
    »Nein, lieber nicht. Sie werden ebenfalls bald verschwinden. Ob Sie mich nun in Ruhe lassen oder mir wehtun, ich werde Sie in jedem Fall nie wiedersehen. Genau wie die anderen. Kein Mann will ein Kind in seiner
Nähe haben, das nicht von ihm ist. Selbst Dr. DeMeo will ihn nicht in seiner Nähe haben. Er fordert mich ständig auf, ihn zum Schweigen zu bringen, weil er sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren kann. Und dieser kleine Mistkerl will einfach nicht hören. Er ist genau wie sein Vater …«
    »Ihr Sohn braucht Sie.«
    Und noch wichtiger, ich will, dass Sie für Ihren Sohn da sind.
    Sie fuchtelte mit der Pistole in meine Richtung, während sie weiterredete.
    »Nein. Es ist zu spät. Er hat zu viel von Victor. Er muckt ständig auf, egal, was ich sage. Egal, wie hart ich für ihn arbeite. Versuchen Sie mal, mit ihm zu reden. Es ist leicht, dazusitzen und zu sagen, Ihr Sohn braucht

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