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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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rede.«
    »Harry, das ist doch alles lange her. Ich weiß schon gar nicht mehr, um was es damals überhaupt ging.«
    »Ach, das weißt du nicht?!«
    »Nein, Harry, wirklich nicht.«
    »Es war nach der Wende. Theo kam mit Glanzkatalogen. Steuerbegünstigte Immobilien in Erfurt. Ede hat sofort zugeschlagen. Ich wollte die Objekte sehen. Theo zögerte, aber dann fuhr er mit mir nach Erfurt. Er zeigte eine sogenannte Musterwohnung –«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Die Musterwohnung war okay. Aber die anderen waren Schrott, absoluter Schrott. Es war Betrug. An uns ist der Kelch vorübergegangen. Ede hat dreihunderttausend Mark verloren. Und bei Theo war plötzlich nichts zu holen.«
    »Glaubst du denn, dass jetzt was zu holen ist?«
    »Schau dir doch bitte den Lebenswandel an. Er fährt einen Jaguar, Rita ein Mercedes-Cabrio, für das Haus zahlen sie über dreitausend Euro Miete. Urlaub auf Barbados, Skifahren in Davos, und und und.«
    »Vielleicht ist das alles auf Pump.«
    »Mir doch egal, dann soll er sich an den Kosten für seine Mutter auch auf Pump beteiligen.«
    »Harry, wir wollen doch nicht nach Barbados?«
    »Nein, was –«
    »Und auch nicht nach Davos?«
    »Nein, aber –«
    »Und der alte Benz tut’s doch?«
    »Klar, was soll das jetzt, Lore?«
    »Also, wir brauchen all das nicht, was für Theo und Rita wichtig ist, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und unsere Tochter ist jetzt versorgt.«
    »Scheint so.«
    »Und ins Grab können wir auch nichts mitnehmen.«
    »So ist es – worauf willst du hinaus? «
    »Harry, ich will diesen meinen verlotterten und charakterlosen Bruder nicht darum bitten müssen, für unsere Mutter mit aufzukommen. Ich will seine Ausreden nicht hören, nicht sehen, wie er sich windet. Er hat mich seit Jahren nicht mehr gefragt, was mit Mutter ist. Es interessiert ihn nicht.«
    »Ja eben, aber –«
    »Lass uns, ich bitte dich, wenn es finanziell geht, die Größe haben, ihn um nichts zu bitten.«
    »Es geht finanziell, ja, das schon.«
    »Dann lass es uns tun.«
    »Okay –«
    »Verstehst du es denn auch?«
    »Aber ja –«
    »Ich bin nun einmal so.«
    »Ich weiß.«
    »Erträgst du es immer noch, dass ich so bin?«
    »Ich liebe dich, weil du so bist.«

15 LORE

    Gestern war ich mit Heidi in der Stadt. Hat mir mal ganz gutgetan, bisschen bummeln, Läden gucken, Pullover kaufen, Sekt bei Peek & Cloppenburg. Diese jungen Mädchen laufen alle bauchfrei rum und sind irgendwie gepierct, ›getackert‹, sagt Harry immer. Ich bemühe mich, das zu verstehen, ich bemühe mich sogar, es als Vorrecht der Jugend schön zu finden, aber ehrlich gesagt: ich verstehe es nicht und ich finde es auch scheußlich. Ich kann gar nicht hingucken. Knopf im Bauchnabel, Knopf auf der Zunge, Ringe in den Augenbrauen und der Nase, es ist grässlich. Und Rita – rasiert, tätowiert, gepierct, in ihrem Alter. Grauenhaft. Bin ich alt und blöd? Ja, wahrscheinlich. Sahen wir mit unsern gestärkten Petticoats und Metallgürteln auch so dämlich aus? Unsere Mütter haben es damals behauptet. Und wir fanden, dass unsere Mütter uralte, hässliche Frauen waren. Damals war man mit vierzig alt, kommt mir jedenfalls so vor. Heute ist man mit sechzig jung. Heidi ist zweiundsechzig und hat einen vierzigjährigen Lover. So was geht heute alles. Ich bin da auch nicht neidisch, aber ich staune doch. Wenn ich mir meine Mutter vorstelle – das wäre unmöglich gewesen. Heute: gar kein Thema. Er betet sie an. Ihm ist ihr Alter völlig egal, er mag ihr Temperament, ihren Unternehmungsgeist. Hat sie ja auch. Mich hat sie auch wieder mitgerissen gestern, und Gloria, sagt sie, soll doch machen, was sie will. Sie ist groß, Lore, sagt sie, eine erwachsene Frau, es ist ihr Leben, reg dich ja nicht mehr auf, über was auch immer. Sieh zu, dass du selbst auf die Beine kommst, sagt sie. Sie findet mich lustlos und langweilig. Sie hat ja recht. Ich krieg ja schon ein Tief, wenn ich morgens bloß die Zeitung lese. Überall Pleiten, Elend, kaputte Welt, Kriege, Mist, Ungerechtigkeit. Ich kann das nicht mehr einfach so wegstecken wie früher, ich werde dünnhäutiger. Heidi liest keine Zeitung mehr. Seit sie den jungen Lover hat – na ja, jung ist der nun auch nicht mehr –, liest sie alles im Internet. Ich kann das nicht. Ich brauch zum Frühstück Papier in den Händen, wenigstens die Kinderzeitung, wie ich unser Lokalblatt immer nenne. Harry verschmäht die Kinderzeitung, er liest nur FAZ , obwohl er über ihren politischen Teil ständig

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