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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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mir jetzt die Kehle zuschnürt.«
    »Geht mir ja ehrlich gesagt auch so. Von wegen Spaß. Weißt du, was das Schlimmste für mich ist? Es sind nicht diese Leute. Die können mir egal sein. Aber unsere Tochter zu sehen, die da wie in Trance diesen ganzen Zinnober mitmacht, die benutzt wird, weil man neben dem Gartenzwerg von Sohn, der keine mehr aus der werten Gesellschaft abgekriegt hat, eine Frau braucht, die was hermachen kann, das ist bitter.«
    »Hach, ich möchte sie schütteln und sagen, Kind, wach auf, du wirst in einen goldenen Käfig gesperrt.«
    »Das hilft nichts mehr.«
    »Braucht sie denn keine Zuwendung, Zärtlichkeit? Dieser Mann ist doch ein Holzklotz.«
    »Der geht mit seinem Jagdgewehr besser um als mit seiner Frau. Und – hast du das gesehen – vor dem Schloss – Gloria streichelt die Pferde vor der Hochzeitskutsche. Ihr Bräutigam zieht sie ungeduldig weg.«
    »Harry, wir müssen los. Kirchliche Trauung. Der Posse zweiter Akt.«
    »Jetzt schon? Die Kirche ist doch hier um die Ecke. Da sind wir doch in zehn Minuten.«
    »Aber wir müssen zur Villa, weil dort der Zug mit den Kutschen abfährt.«
    »Wir wieder in einer Kutsche? Ach du Scheiße.«
    »Same procedure as yesterday.«
    »Können wir diesen Akt nicht schwänzen, Lore?«
    »Nein. Mitgegangen, mitgehangen.«
    »Na dann.«

31 LORE

    Kirche, Sitzordnung, Blumenschmuck, Hochzeitsmarsch, Orgel. Gloria an Harrys Arm, zum zweitenmal. Das erste Mal war es irgendeine Freakhochzeit, irgendwo. Das zweite Mal: Gloria an Harrys Arm. Das dritte Mal: Gloria an Harrys Arm. Laura im rosa Kleid. Ich in Tränen in meinem kleinen Dunkelblauen. Tränen, Tränen, innen und außen. Es ist, als wäre meine Seele zutiefst erschöpft. Ich kann nicht mehr, ich breche auseinander, ich zerkrümele, ich löse mich auf. Die Gedanken rasen in meinem Kopf, ich kann sie nicht festhalten. Kirche, warum Kirche, wir waren nie religiös. Und wirklich ein Nerzjäckchen, geschorener Nerz, ja: bildschön, weich, seidig. Gloria, hab ich gesagt, Gloria, weißt du nicht mehr …? Ach Mama, hat sie gesagt, das ist alles so lange her, man kann nicht ewig protestieren, das Jäckchen hat seiner Mutter gehört, warum soll ich es nicht tragen? Harry, so zornig. Der Vater so überheblich. Der Bräutigam so stumpf, so gar nicht da. Und meine Tochter sah schön aus. Schön in ihrem Nerzjäckchen und dem kurzen hellen Kleid, schön in den kühnen roten Pumps, schön mit ihrem lockigen Haar und dem kecken kleinen Hut, sie sah auch glücklich aus. Zufrieden. Angekommen. Sie ist jetzt zum ersten Mal wirklich irgendwo in einem eigenen Leben, in ihrem Leben, nicht mehr mein Sorgenkind. Ich sollte mich drüber freuen. Aber ich bin so müde, all dessen müde. Ich muss an mich denken, ausruhen, aufhören zu kreisen, herumzurennen, alles zu wissen, zu tun, zu organisieren. Ich muss aufhören, wichtig sein zu wollen. Ich bin nicht wichtig. Niemand ist wichtig. Ich bin klein und alt und kraftlos. Ich will nach Hause. Ich will nur noch nach Hause, schlafen. Das Atmen tut mir weh, seit gestern. Ich hab Schmerzen in der Brust, beim Atmen. Das ist ein Signal, es ist zu viel, alles. Die Hochzeit, mein ganzes Leben, all die Irrtümer. Das war ein langer Weg bis hierher, und ich möchte mich setzen, aber da ist keine Bank. Die Straße meines Lebens geht immer weiter. Ist Harry die Bank, auf der ich mich ausruhen kann? Nein, wir sind oft weit entfernt voneinander. Diese Hochzeit treibt uns seltsamerweise wieder näher zueinander. Aber ob das hält, ob es bleibt? Manchmal würde ich gern allein leben, aber so was darf man gar nicht denken – ich denke auch nicht etwa an Harrys Tod, ich denke nur: ein Zimmer für mich, Virginia Woolf. ›A room of one’s own.‹ Jede Frau braucht ein eigenes Zimmer. Na ja, ein Zimmer hab ich – obwohl, nein, eigentlich nicht. Küche, Wohnzimmer, Esszimmer, Bad, Schlafzimmer, Glorias altes Zimmer für die Gäste, ein Gerümpelzimmer mit Kleiderschränken und Bügelbrett und Liege, auf die ich Harry verbannt habe, weil er zu sehr schnarcht. Ich hab kein wirklich eigenes Zimmer, gut, ich hab mein Büro in der Bibliothek, aber das teile ich mit Christa. Mit Christa und ihren ständigen Essenspaketen, mehr Essen als Bücher in diesem Zimmer. Ich sollte ein eigenes Zimmer haben. Eines, wo Harry anklopfen müsste, wenn er hineinwill. Und wenn ich NEIN rufe, darf er nicht rein. Warum will ich das, hab ich Geheimnisse? Nicht wirklich, nein, keine Geheimnisse. Ein Bedürfnis, allein

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