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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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Dreizimmerwohnung, eine Suite im obersten Stock mit Blick auf die Stadt. Das Badezimmer hat in etwa die Größe unseres Wohnzimmers. Alles ist sehr prächtig, aufwendig, um nicht zu sagen protzig. Wir sitzen etwas zerschlagen, auch ein bisschen müde auf dem Bett und schauen uns um.

    *

    »Ich sage dir, Lore, Frau Olga hat den Alten voll im Griff, was? Der pariert.«
    »Schrecklich. Fahren denn nur Wahnsinnige im Zug?«
    »Scheint so.«
    »Das ist das pralle Leben. Darüber schreiben die Autoren nicht.«
    »Hast du dieses Bad gesehen, Lore?«
    »Ja, vor allem die Wanne. Alleine könnte ich in der gar nicht baden. Zu groß. Ich würde ertrinken.«
    »Na, dann wirst du eben mit mir drin baden müssen.«
    »In einer Stunde werden wir vom Chauffeur abgeholt.«
    »Und wo ist das Standesamt?«
    »Das Standesamt ist ein Schloss.«
    »Wie?«
    »Hier, schau, haben sie uns doch alles an die Rezeption gelegt. ›Standesamtliche Trauung mit anschließendem Essen im Gohliser Schlösschen‹.«
    »Standesamtliche Trauung in einem Schloss?«
    »Ja. Da – hier ein Prospekt des Schlosses. ›Heiraten im Gohliser Schlösschen. Ein besonderes Ambiente bietet Ihnen der barocke Oesersaal des Gohliser Schlösschens für ihre standesamtliche Eheschließung an jedem ersten Freitag im Monat. Ablauf und Umfang des Arrangements: Nutzung des Schlösschens für 1,5 Stunden – Standesbeamter und Pianist zur musikalischen Umrahmung der Zeremonie – Empfang und Betreuung der Gäste durch Pagen in Barock-Livree – anschließend Führung der Gäste nach der Trauung durch das Schloss.‹«
    »Ich werd nicht mehr. Lore, wo sind wir hingeraten?«
    »Jetzt müssen wir durch und wir gehen durch.«
    »Wenn du es sagst. Okay. Pagen in Barock-Livree!«
    »Mich erschlägt das ja auch.«
    »Ich weiß. Ha, es gibt sicher jede Menge zu bezichtigen.«
    »Weißt du noch, unsere standesamtliche Trauung?«
    »Ja, Theo und Fridolin als Trauzeugen. Und Fridolin hatte einen Brautstrauß mitgebracht. Einen großen Strauß Petersilie.«
    »Wir beide und die beiden, sonst niemand.«
    »Und Fridolin hatte seinen Hund dabei. Der musste mit ins Amt. Und der Standesbeamte sagte: ›Halten Sie den Hund fest, ich bin Bluter!‹«
    »Und kein Page in Barock-Livree – ach Harry, was ist da los.«
    »Was glaubst du, wie prunkvoll morgen die kirchliche Hochzeit wird, wenn da jetzt schon so ein Gedöns gemacht wird.«
    »Jedenfalls wird es spannend. So, ich muss mich noch zurechtmachen.«
    »Ich bin zurechtgemacht.«
    »Dazu sage ich lieber nichts.«
    »Gut so. Also, ich gehe jetzt schon mal runter an die Bar.«
    »Ich brauche noch zehn Minuten, dann komme ich nach.«
    »Okay, bis gleich.«

29 LORE

    Mein armes Kind. Meine arme kleine Gloria, Gloria Bredow, was hat sie sich dabei bloß gedacht. Es war ja alles noch schlimmer als erwartet. Dieser Mann, sie kann doch diesen Mann nicht lieben? Gut, man versteht fast nie, warum wer wen liebt. Aber es muss doch irgendetwas dasein, eine Übereinstimmung, eine Nähe, etwas Gemeinsames … nichts. Er ist kleiner als sie, gut, kein Unglück. Tom Cruise ist auch kleiner als Katie Holmes. Viele Männer sind klein. Das muss möglich sein. Aber er ist viel kleiner als sie. Lächerlich geradezu, ganz ehrlich gesagt, aber wahrscheinlich ist das blöde und spießig von mir.
    Ja, es ist blöde und spießig. Er ist etwas zu füllig, für einen kleinen Mann zu viel Speck. Sein Haar lichtet sich gewaltig. Er redet nicht viel, er schaut Gloria auch nicht verliebt an, genauso wenig wie sie ihn – alles geschäftsmäßig, nüchtern. Kommst du bitte? Reich mir mal den Aschenbecher! So als wären sie schon ewig zusammen. Eher Partner als Liebende. Laura mürrisch dazwischen. Der Vater hat Harry in irgendein Gespräch verwickelt, und mir hat eine Dame, deren Namen ich nicht mal kenne, von ihrer Italienreise erzählt. Die Trauzeugen kannte ich auch nicht, und die ganze Zeremonie war lieblos und platt und einfach nur entsetzlich. Ja, bis dass der Tod und so weiter, flüchtiger Kuss, Unterschrift, anschließend das Essen. Der Vater hat eine Rede gehalten, ich weiß nicht mehr, was er gesagt hat, Harry hätte das besser gekonnt, aber wir kennen hier ja keinen, nur Gloria und Laura. Ich hab unterm Tisch die Schuhe ausgezogen, weil sie drückten, und ich musste weinen, weil alles so lieblos, so primitiv, so – ja: sinnlos war. Harry sah das und fragte entgeistert: Du weinst doch wohl nicht?! Ich hab ihm die Schuhe gezeigt und gesagt, doch, weil die so

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