ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
Schutztruppen, ohne dass jemand etwas bemerkt hätte und Aljoscha war ein Spion in ihrer Mitte. Aber vor allem haben wir Milla.“
Obwohl ich den Boden vor meinen Füßen anstarrte, spürte ich, wie drei Paar Augen zeitgleich zu mir wanderten. Mein Herz machte einen Aussetzer. Radu wusste also Bescheid. Jemand hier, hatte ihm alles erzählt. Die plötzliche Aufmerksamkeit in diesem Moment war wie eine zusätzliche Last auf meinen Schultern.
„Milla? Was hat sie mit der ganze Sache zu tun?“ Veits Stimme wurde vor Verwunderung zu einem Krächzen.
„Sie ist eine Weltklasse-Hackerin. Niemand ist so gut wie sie. Sie wird der Aussage ‚ von innen Zerstören‘ eine neue Bedeutung geben.“ Verkündete Radu mit etwas in der Stimme, das ich für Stolz hielt. Konnte das sein? Ich flehte innerlich nach einem Loch im Boden, in das ich springen konnte. Selbst mein Bruder erwartete große Dinge von mir und ich wusste nicht einmal, was genau zu tun war und ob ich es überhaupt könnte. Der Druck auf meiner Brust wurde noch etwas schlimmer.
„Ich wusste, dass sie hacken kann aber nicht, dass sie so gut ist.“ Gab Veit verblüfft zu. Ich sah auf und blickte in sein irritiertes Gesicht.
„Ich glaube, das wusste sie selbst bis vor kurzem nicht.“ Und damit hatte Radu Recht. Er kannte mich. Ich konnte nur nicht fassen, dass er es guthieß.
„Du bist nicht wütend?“ Ich sah ihm in die Augen und er wirkte nicht vollkommen gelassen. Selbst seine Körperhaltung war sichtlich entspannt.
„Warum sollte ich wütend sein?“ Radu ging vor mir in die Hocke. „Ich wusste immer, du würdest auf die eine oder andere Weise deinem Vater in die Fußstapfen folgen. Daraus hast du mir gegenüber nie ein Geheimnis gemacht. Und ich habe meinen Weg gewählt, um dich zu beschützen und zu unterstützen. Ich kann nur sagen, ich bin sogar verdammt froh, wie sich jetzt alles fügt. Du kannst helfen, ohne dich selbst unmittelbar einer Gefahr auszusetzen.“ Diese Worte hatte ich nicht von ihm erwartet und ich konnte sie auch nicht ganz glauben. Irgendetwas in mir, sagte mir, dass er nicht so zufrieden damit war, wie er jetzt behauptete. Gäbe es einen Weg mich aus dieser ganzen Sache herauszuhalten, würde er es auch tun. Das war für mich ein Fakt. Er konnte nur jetzt nichts Gegenteiliges sagen. Auch der STEA brauchte mich. Er wusste das.
„Du glaubst also auch, dass ich das kann?“ Fragte ich misstrauisch.
„Ich bin absolut davon überzeugt. Das sind hier alle.“ Antwortete er ohne zu zögern. In seinem Blick suchte ich nach Widerspruch, doch da war keiner. Entweder sah er es wirklich so oder er hatte sich mit der Situation tatsächlich abgefunden. Ich löste meinen Blick von Radus Augen und sah zu Veit. Sein Ausdruck war für mich nicht zu definieren.
„Keine Ahnung! Ich bin von Natur aus ein misstrauischer Mensch. Mein Zuspruch ist hier wohl auch nicht gefragt, aber wenn ich jemandem was zutraue, dann dir.“
Er zwinkerte mir zu und ich versuchte zu lächeln. Eigentlich wünschte ich mir nur ein paar Minuten mit Radu allein, um ihm all die Fragen zu stellen, die mir noch auf der Seele brannten. Über den STEA wusste ich eigentlich nichts und ich wollte vor allem herausfinden, wie tief er in all die Pläne eingeweiht war, doch hier war nicht der geeignete Ort dafür. Es war nicht nötig Gry und Veit weiter in irgendetwas hineinzuziehen, mit dem sich nichts zu tun hatten.
Nur kurze Zeit später ging die Tür wieder auf und Ibrahim betrat den Raum. Sofort zuckte ich zusammen. Radu entging das nicht. Er warf ihm einen wachsamen Blick zu, der jedoch sofort entgleiste. Gry stockte hörbar der Atem.
„Das kann nicht wahr sein...“ Flüsterte er mit tiefer Irritation in der Stimme. Seine Augen waren weit aufgerissen und die Farbe wich langsam aus seinem Gesicht. Ein seltener Anblick, der mich beunruhigte.
„Das ist er nicht.“ Ich wisperte es Radu direkt ins Ohr, bevor ich aufstand. „Das ist Ibrahim Kolashin.“
„Ziemlich verrückt, was?“ Veit stopfte wieder die Hände in die Hosentaschen und drehte sich zu Ibrahim, der in verächtlich ansah. Dieser eiskalte Blick, bei dem mir das Blut in den Adern gefror.
„Was ist verrückt?“ Seine Stimme war tief und, wie immer, nüchtern. Kalt.
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