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ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: ALTEA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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eine Chance ohne Drogen, Manipulation und Unterdrückung aufzuwachsen und sie verdienten definitiv mehr als das hier.
             „Für die Kinder ist es wohl am schwersten.“ Säuselte Emil mit einem gezwungenen Seufzer und stellte sich dabei direkt neben mich. Ich schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, danach drehte ich mich zu ihm und sah ihm fest in die Augen. Darin sah ich immer noch die Spur eines arroganten Lächelns und das Wissen, dass ich eingeknickt war. Ich ballte die Hände zu Fäusten und unterdrückte den Zorn, der langsam in mir hochkochte. Diesmal konnte ich ihn nicht einfach mit Schweigen strafen. Ich musste etwas sagen.
             „Ich bitte Sie, können wir diese Scharade jetzt beenden? Sie haben ihre Position deutlich gemacht und habe es verstanden.“ Ich sprach ruhig und leise aber meine Worte waren voller Kraft. Ich mochte vielleicht nun nach ihrer Pfeife tanzen, aber ich würde mich auf keinen Fall schwächlich zeigen und noch angreifbarer machen. Diese Sorte Mensch war ich nicht. Die letzte Möglichkeit für mich, nicht zu einer Spielfigur zu werden, war mit offenen Karten zu spielen. Emil verschränkte die Arme hinter dem Rücken und streckte. Es war eine Geste der Überlegenheit.
             „Sie sehen nun, wie sich die gegenwärtige Situation darstellt. Wir haben selbstverständlich vielschichtiges Interesse daran, dass die ‚Festung Europa‘ bald gestürmt wird. Wir haben Sie nicht da rausgeholt, damit sie bei jeder Kleinigkeit so bockig sind.“ In seinen Worten klang die Ungeduld mit. Er hatte es satt freundlich zu mir zu sein und ein Lächeln für mich aufzusetzen. Auch ich war es leid. Das alles war ein Nervenkrieg.
             „Sie wollten, dass ich das hier sehe, nun habe ich es gesehen.“ Sagte ich mit gespielter Trockenheit in der Stimme. Ich war mir sicher, dass er die Bedeutung meiner Worte verstand und sah, dass ich nur von hier weg wollte. Leider ließ er es nicht zu.
             „Ja das haben Sie, aber ich will, dass Sie eines begreifen. Ich meine, wirklich begreifen. Wir geben Ihnen die Gelegenheit etwas zu unternehmen. Wir haben Ihnen gegenüber viele Zugeständnisse gemacht und alle Ihre Forderungen erfüllt, obwohl ich nicht einmal genau weiß, warum Sie überhaupt welche gestellt haben.“ Er grunzte kurz mit einem Lachen auf. „Wir haben Ihnen schließlich das Leben gerettet und dennoch, zweifeln Sie konstant an unserem guten Willen. Wie wäre es, wenn Sie stattdessen einfach kooperieren. Sie haben ja nun gesehen, wem diese Zusammenarbeit zu Gute kommt.“ Ließ er mich noch wissen, während seine Hände demonstrativ über den Raum schweiften.
    Mein Brustkorb war wie zugeschnürt. Ich sah in die Gesichter der anderen, doch niemand sagte einen Ton. Ich konnte das nicht mehr. Das alles überforderte mich und ich fühlte mich in eine Ecke gedrängt. Ich ging in die Hocke und legte mein Gesicht in die Hände. Er hatte nicht ganz Unrecht. Ich war sehr misstrauisch gewesen, doch nun sah ich, dass ich es zu Recht war. Hier war nichts besser als in Europa und die Regierung meinte es kein bisschen besser mit uns. Würde ich ihnen helfen, dann blieb immer das Risiko, dass ich damit nur der russischen Regierung einen Gefallen tat und sich für die Menschen in meiner Heimat rein gar nichts ändern würde. Zumindest verstärkte sich dieser Eindruck mit jeder Minute, die ich in diesem Flüchtlingslager verbringen musste. Ich war innerlich zerrissen. Es gab für mich nur einen Ausweg aus dieser Lage. Ich musste mit jemandem sprechen, dem ich vertraute und der mir meine Fragen ehrlich beantworten würde. Jemand, der auch wirklich Antworten auf diese Fragen hatte. Ich stand wieder auf und drehte mich zu Emil.
             „Eine Bedingung haben Sie mir noch nicht erfüllt.“ Sein Grinsen verschwand augenblicklich und macht entnervter Verwirrung Platz.
             „Und die wäre?“ Grunzte er mich ungeduldig an.
             „Ich will zu Aljoscha. Jetzt.“

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
    7

 
    Ich war überrascht, dass Emil nur kurz zögerte und sich dann sofort bereit erklärte, mich zu Aljoscha zu bringen. Innerlich war ich wenigstens auf eine Diskussion eingestellt gewesen oder irgendeine andere Art des Widerstandes. Einerseits war ich darüber erleichtert, andererseits machte es mich noch zusätzlich

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