ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
mehr in der Realität zu befinden. Irgendetwas ging hier vor sich und es dämmerte mir nur langsam. Es war nicht nur Ibrahim, der mich töten wollte. Er hatte kein tieferes, eigenes Motiv. Das war nicht seine Vorgehensweise. Er wollte mich aus dem Weg räumen, weil es ein Befehl war. Auch die anderen hatten diesen Befehl bekommen. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt und nun sollte ich verschwinden. Ich begriff nur nicht wieso. Was hatte ich getan? Bei diesem Gedanken überkam mich wieder Panik und Sorge um meine Freunde. Er hatte bereits Gry umgebracht. Veit erfüllte nun auch keinen Zweck mehr für sie und Radu war irgendwo da draußen, völlig ahnungslos. Er war nicht einmal in meiner Nähe. Ich konnte ihn nicht warnen also musste ich ihn finden. Und ich musste auch Aljoscha finden. Er hatte sich Feinde in seinen eigenen Reihen gemacht, nur um auf mich aufzupassen. Ich kannte Emil gerade gut genug, um mir sicher zu sein, dass er nur auf eine Gelegenheit wie diese gewartet hatte. Eine Gelegenheit, um Aljoscha loszuwerden.
Ich legte das Gewehr an, richtete mich auf und erwiderte das Feuer. Ich gab nur ein paar Schüsse ab, in die Richtung, in der ich zuletzt einen Soldaten ausmachen konnte, denn ich hatte nur das eine Magazin. Kaum war ich wieder in Deckung, wanderte mein Blick über den Platz. Ich musste fliehen. Die Soldaten waren mindestens zu dritt und ich war allein. Früher oder später würden sie versuchen mich einzukreisen, wenn sie es nicht schon taten. Ich versuchte ein letztes Mal ein Signal über den Kommunikator zu bekommen.
„Komm schon, komm schon, komm schon.“ Ich nahm ein Rauschen war.
„ Milla?! “ Es war Veits Stimme. Die Störgeräusche im Hintergrund waren immens, doch ich war mir ganz sicher.
„Veit!“
„ Milla, wo bist du? “ ich holte bereits Luft für die Antwort, da hörte ich Aljoschas Stimme.
„ Antworte nicht darauf! Alle, die den gleichen Kanal benutzen, wissen dann auch wo du bist. Gib mir einen Hinweis. “
Ich überlegte angestrengt, dann schoss mir etwas in den Sinn.
„Das ist unser zweites Gespräch, aber ich bin am selben Ort.“ Ich hoffte, dass es eindeutig und doch vage genug war. Für eine Weile hörte ich nur den Lärm im Hintergrund, dann hörte ich ihn wieder.
„... Okay. Ich komme dich holen. Halt durch. “
Erleichterung flutete meinen Körper. Zumindest waren er und Veit noch am Leben. Und ich würde auch Radu wiederfinden. Meine Gedanken ließen mich nur für einen Moment unachtsam werden, doch es war lange genug für einen der Soldaten, um sich anzuschleichen und auf mich zu zielen. Ich bemerkte ihn erst aus dem Augenwinkel, als er bereits auf mich schoss. Ich riss das Gewehr hoch und schoss zurück. Ein Schmerz jagte durch meinen Oberkörper und ich wurde gegen das Fahrzeug geschleudert. Mein Finger war noch immer am Abzug und ich feuerte wieder auf ihn. Er zuckte zusammen und stürzte zu Boden. Sofort, tastete ich meine Brust ab. Die Kugel wurde von der Schutzweste abgefangen, aber es fühlte sich trotzdem so an, als hätte sie mich wirklich getroffen. Ich sah wieder zu dem Soldaten, den ich niedergeschossen hatte. Er bewegte sich noch. Die Zeit zur Flucht war jetzt.
„ Milla?! Was ist da los bei dir? “
Ich sprang auf und lief los bevor ich eine Antwort gab.
„Ich kann nicht hier bleiben! Sie schießen auf mich!“
Ganz in der Nähe befand sich eine kleine Gasse zwischen zwei Häusern. Ich wusste nicht, ob es das Klügste war genau dorthin zu fliehen, aber es war die nächste Deckung und der einzige Fluchtweg, der direkt hinter dem Wagen lag. Im Kopf, versuchte ich die Abstände zwischen ihren Kugeln zu erfassen. Zwecklos. Ich sprang auf und erwiderte das Feuer noch einmal, in der Hoffnung, sie würden in Deckung gehen. Dann lief ich los.
Für einen kurzen Moment spürte ich einen stechenden Schmerz und wusste, ich war wieder getroffen, doch ich rannte einfach weiter. Noch während ich durch die kleine Gasse eilte, versuchte ich mir den Plan der Stadt ins Gedächtnis zu rufen. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung wohin ich gerade unterwegs war, aber am Ende der Gasse angekommen, schlug ich einen Hacken nach links. In dieser Richtung lag der Ausgang der Stadt, soviel wusste ich noch.
„ Milla?!“ Hörte ich wieder Aljoscha in mein Ohr rufen. Vielleicht hatte er die ganze
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