Altenberger Requiem
zerplatzte.
»Na ja, was glaubst du denn, wie lange ich damit hinkomme? Ich brauche im Jahr etwa hunderttausend Euro, und wenn …«
»Hunderttausend Euro?«, schrie ich. »Wofür denn?«
Sie redete einfach weiter. »Das war auch der Grund, warum ich dieses Fest so sparsam gefeiert habe. Ich dachte, das ist die letzte Gelegenheit, so was noch mal zu machen.«
»Mir kommen gleich die Tränen.«
»Und wenn ich die Wohnung verkaufen muss …«
»Die wahrscheinlich eine Million wert ist, vielleicht mehr …«
»Bei den heutigen Immobilienpreisen? Hast du eine Ahnung. Da kann man froh sein, wenn man überhaupt einen Käufer findet. Es gibt Leute, die ihr Haus verlosen müssen.«
In mir zitterte der Ärger. Aber ich wollte jetzt nicht mit Jutta diskutieren.
»Verkauf morgen dein Gold, und dann reden wir weiter, in Ordnung? Ich muss jetzt noch was Wichtiges erledigen.«
»Ist ja gut.« Sie klang wie eine geknechtete Sklavin. »Von dir hätte ich eigentlich erwartet, dass du das verstehst.«
»Tschüss.«
Ich drückte den roten Knopf. Dann arbeitete ich mich aus dem Dickicht zurück auf die Straße, wo ich einen misstrauischen Blick einer jungen Mutter mit Kinderwagen erntete. Wahrscheinlich hielt sie mich für einen Triebtäter, der gerade sein Versteck verließ, um auf Beutezug zu gehen.
Zurück im Auto rief ich Wonne unter Mannis Nummer an. Sie meldete sich diesmal mit einem einfachen »Hallo«.
Ich bat sie, hinaufzugehen und Mannis Computer anzuschmeißen.
»Und warum?«, fragte sie.
»Mach bitte eine Rückwärtssuche im Internet-Telefonbuch. Ich habe endlich die Nummer von diesem Matze Büchel.«
»Alles klar.«
Es ging schnell, denn der Rechner startete in Weltspitzezeit. Ich wusste, dass manche Teilnehmer nicht im Internet verzeichnet waren. Aber ich hatte Glück.
Sekunden später hatte ich Matzes Adresse. Bergisch Gladbach, Handstraße.
Ich hatte den Schlüssel schon ins Zündschloss gesteckt. »Danke«, rief ich in den aufheulenden Motor hinein, legte auf und fuhr los.
14. Kapitel
Natürlich hätte ich Matze Büchel auch anrufen können. Aber mein siebter Sinn sagte mir, dass das keine gute Idee war. Damit würde ich ihn nur misstrauisch machen. Zumal er von seinem Cousin und dem Vorstadtcasanova gewarnt worden war.
Die Handstraße führte zwischen dem äußersten Kölner Osten und Bergisch Gladbach Zentrum durch die Vorstadt und war von einer schier endlosen Kette von Einfamilienhäusern und kleinen Mietblöcken gesäumt. Hin und wieder gab es mal eine Abwechslung - ein Fußbodengeschäft mit schönen Parkettmustern im Schaufenster, ein griechischer Stehimbiss, eine Apotheke und eine moderne weiße Kirche.
Ich orientierte mich an den Hausnummern, und ein gutes Stück nach der Abzweigung einer Straße mit dem lustigen Namen »Schneppruthe« hielt ich an. Wenn die Information aus dem Internet richtig war, bewohnte Büchel eines der beiden Flachdachhäuser gegenüber. Ich fragte mich, was ihn ausgerechnet nach Bergisch Gladbach verschlagen hatte. Und dann auch noch in eine solche Gegend, wo der solide Mittelstand lebte.
Keine Vorurteile, ermahnte ich mich. Der Mann kann nach seiner kriminellen Vergangenheit einen ganz normalen Beruf ergriffen und es wieder zu einem seriösen Leben gebracht haben.
Ich stieg aus und näherte mich dem Gebäude mit der richtigen Hausnummer. Die Fenster blickten schwarz auf mich herab, als ich auf den Waschbetonfliesen den Eingang erreichte. Büchel wohnte in der obersten Etage.
Ich sah zu seinen Fenstern hinauf. Beobachtete er mich? Es war sicher keine gute Idee, hier einfach so herumzustehen. Niemand war zu sehen. Auch die Straße lag ziemlich verlassen da und träumte nachmittäglich vor sich hin.
Irgendwo hinter dem Haus hörte ich jemanden sprechen. Ein Mann telefonierte. Instinktiv ging ich auf die Stimme zu und geriet in einen schmalen Durchgang zwischen Haus und Garage, hinter der sich ein Rasenstück ausdehnte. Im ersten Stock ragte ein kleiner Balkon hervor. Und dort saß Matze Büchel, das Telefon am Ohr. Ich erkannte ihn sofort, auch wenn er gesünder aussah als auf dem Polizeifoto. Schlanker. Gebräunt. Ich tippte auf Sonnenstudio.
Er hatte mich nicht gesehen, und so drückte ich mich vor das Garagentor und hörte zu, was er sagte. Jedes Wort war bestens zu verstehen.
»Ja, ganz recht, Frau Rosenau. Markgraf hier.«
Markgraf? Wieso Markgraf? Hatte Matze geheiratet und den Namen der Frau angenommen?
»Ja, es geht um die Anzeige. Hören Sie, es
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