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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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überqueren musste, um zum Auto zu kommen. Dabei fiel mir auf, dass ich immer noch den silbernen Weihnachtsstern an der Kordel in der Hand hielt.
    »Ich denke, du übernimmst im Moment keine Fälle? Ist Wonne bei dir?« Die Stimme stach vor Eifersucht.
    »Nein, ist sie nicht. Es geht um die tote Frau, die wir auf deiner Rallye gefunden haben. Die Polizei hat einen Verdächtigen festgenommen, und seine Anwältin hat mich beauftragt, Entlastungsmaterial aufzutreiben.«
    »So schnell bist du an die Anwältin geraten? Na, wenn du da nicht mal Hilfe von zärtlicher weiblicher Hand gehabt hast. Und wer hat dich überredet, die Sache anzunehmen?« Sie machte mich übertrieben nach: »Ich habe einen Job, Jutta. Ich brauche keinen. Ich kann dir nicht auf der Party helfen …«
    »Mensch, Jutta, was ist los mit dir? Ich weiß ja, dass du gerne an meinen Fällen mitarbeitest, aber ich kann mich nicht immer nur nach dir richten. Und dass du mir missgönnst, dass ich mal eine Freundin habe - das kann ja nicht dein Ernst sein.«
    Ich hatte mittlerweile die Straße überquert und blieb stehen, wobei ich mir das linke Ohr zuhielt, um besser zu hören.
    »Jutta, bist du noch da?«
    Sie wollte etwas sagen, doch es ging in einem Schluchzen unter.
    »Heulst du etwa?«
    Sie schniefte und schnaubte. Offenbar putzte sie sich die Nase.
    »Es ist nicht wegen Wonne, oder? Oder weil ich einen neuen Fall löse, ohne es dir gesagt zu haben …«
    »Nein.«
    »Dann sag mir doch, was los ist.«
    »Nicht wenn du auf der Straße stehst. Können wir uns treffen?«
    »Das geht jetzt leider gar nicht. Also überleg’s dir. Sag mir jetzt, was dich bedrückt, oder heute Abend irgendwann.«
    Heute Abend, dachte ich. Was hatte ich da gesagt? Das ging ja erst recht nicht.
    Ohne groß darüber nachzudenken, griff ich mit der Linken in einen verbogenen Maschendrahtzaun. Dahinter wuchsen Büsche, deren Zweige durch den Draht auf die Straße drängten. Direkt daneben war eine Öffnung. Ein schmaler überwucherter Pfad verlor sich in einem verlassenen Garten. Weiter hinten war sogar der Überrest einer Hütte oder eines kleinen Hauses zu sehen - komplett eingewachsen in den verwunschenen Garten. Und das mitten in Leverkusen. Es kam mir vor wie ein Traumbild.
    »Wir müssen uns in Ruhe unterhalten«, sagte sie.
    Ich hätte mich im Wagen mit ihr unterhalten können, aber mir gefiel der Gedanke, auf das verlassene Grundstück zu gehen und dort mit Jutta zu sprechen.
    »Einen Moment«, sagte ich und betrat das verwilderte Areal. In mir krochen alle möglichen Befürchtungen hoch. Was war mit Jutta los? Hoffentlich war sie nicht krank.
    Der Pfad verlief im Zickzack zwischen Büschen und Bäumen auf das Haus zu. Große zerbrochene Scheiben in einer mit Kunstschiefer verkleideten Wand. Vier Betonstufen führten zur offen stehenden Tür. Ich konnte in das Innere der Baracke blicken. Zerbrochene Glasscheiben und Dreck auf dem Fußboden. Weiter hinten führte eine dunkle Holztreppe nach oben.
    »So, jetzt hab ich Ruhe. Also, was ist los?«, fragte ich.
    Es war doch keine gute Idee gewesen, hierherzugehen. Die Atmosphäre war psychologisch gesehen keine passende Umgebung, um mit Jutta Probleme zu besprechen. Viel zu trostlos. Ich hätte nach Wuppertal fahren sollen, aber - verdammt noch mal - ich hatte keine Zeit. Ich musste heute mindestens diesen Matze finden.
    »Remi, ich bin pleite.«
    Am liebsten hätte ich mich direkt auf den Boden gesetzt. Stattdessen blieb ich stocksteif stehen und ließ die Informationen sacken.
    »Wie bitte? Wie kann das denn passieren?«, fragte ich schließlich.
    »Ich habe versucht, gegenzusteuern und Geld in Hedgefonds anzulegen, aber mein Berater hat…«
    »Stopp«, rief ich. »Davon verstehe ich nichts. Wie schlimm ist es?«
    »Keine Ahnung. Wenn die Kurse nicht mehr steigen, und davon muss ich ausgehen, kann ich nur noch mein Gold verkaufen. Der Goldpreis ist im Moment ziemlich hoch, deswegen werde ich das morgen tun, aber das bedeutet…«
    »Bitte klare Zahlen, Jutta.«
    Ich starrte auf die Wände des alten, heruntergekommenen Hauses, das wahrscheinlich bald abgerissen werden würde. Ich stellte mir Jutta vor, verarmt in so einer Umgebung. Jutta, deren Diele allein größer als meine ganze Wohnung war.
    »Ich denke, mir bleiben hundertfünfzigtausend. Und natürlich die Wohnung. Und ein paar landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Und das Haus in Solingen.«
    »Und das nennst du pleite?« Das Bild einer verhärmten Jutta

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