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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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er sich ziemlich alteriert. Gegen Kapläne scheint er allergisch zu sein.«
    Sie keuchte wie der Hund Bartholomew, kurz nachdem er den Kerzenstummel verzehrt hatte.
    »Aber … aber …«
    »Ja?«
    »Aber liebt Stephanie denn Mr. Pinker?«
    »Das kannst du glauben! Keine Frage.«
    »Aber dann …«
    Ich konnte mir denken, was sie dachte, und schaltete mich blitzschnell ein.
    »Dann hat Gussie gar nichts mit ihr gehabt. Das wolltest du sicher sagen? Richtig. Das ist doch der beste Beweis, oder nicht? Darauf wollte ich die ganze Zeit schon hinaus.«
    »Aber er …«
    »Ich weiß. Aber er hat es nur aus den lautersten Motiven getan. Ich werde dir erzählen, wie es war, und ich wette mit dir: Wenn ich fertig bin, wirst du zugeben, daß du ihn zu Unrecht verdächtigt hast.«
    Gebt Bertram Wooster eine schöne, klar aufgebaute Geschichte, sage ich immer, und er erzählt sie euch wie kein zweiter. Ich fing damit an, wie Gussie ganz verzweifelt war bei dem Gedanken, beim Hochzeitsempfang eine Rede halten zu müssen, und dann führte ich ihr Schritt für Schritt die nachfolgenden Ereignisse vor Augen, und ich darf behaupten, daß ich es anschaulich und luzide tat, um nicht bravourös zu sagen. Als ich fertig war, zog sie zwar noch ein Schnütchen, aber sie war schon dreiviertel überzeugt.
    »Und dieses Notizbuch, sagst du, hat Stephanie in Daddys Sahnekännchen versteckt?«
    »Mitten in diesem Sahnekännchen.«
    »Das ist wirklich die sonderbarste Geschichte, die ich je gehört habe.«
    »Zweifellos sonderbar, aber doch durchaus glaubhaft, findest du nicht? Du mußt das Ganze natürlich vom individualpsychologischen Standpunkt aus betrachten. Zwar wirst du jetzt einwenden, daß du Stiffys Psyche nicht mal haben wolltest, wenn man dir dafür Geld gäbe, aber diese Psyche hat sie nun mal.«
    »Und du bist sicher, daß du das alles nicht erfunden hast, Bertie?«
    »Warum hätte ich das denn erfinden sollen?«
    »Ich weiß doch, wie selbstlos du bist.«
    »Ach so, ich verstehe. Nein, nein. So ist’s wirklich gewesen. Glaubst du mir nicht?«
    »Ich werde dir glauben, wenn ich das Notizbuch wirklich dort finde, wo Stephanie es nach deinen Worten hingetan hat. Ich gehe am besten mal hin und sehe nach.«
    »Tu’s nur.«
    »Das werde ich auch.«
    »Großartig!«
    Sie entschwand, und ich setzte mich an den Flügel und klimperte mit einem Finger ›Happy days are here again‹. Ich mußte einfach ein bißchen Dampf ablassen, und etwas Besseres fiel mir nicht ein. Ein paar hartgekochte Eier wären mir zwar noch lieber gewesen, denn die jüngsten Aufregungen hatten mich einigermaßen geschwächt, aber es waren, wie ich schon andeutete, keine hartgekochten Eier zugegen.
    Ich war quietschfidel und kam mir vor wie ein Marathonläufer, der sich stundenlang die Hacken abgelaufen hat und dann endlich die Ziellinie vor sich sieht. Das einzige, was meine Fidelität daran hinderte, völlig überzuschäumen, war die stille Befürchtung, daß in so einem fluchbeladenen Haus in letzter Sekunde irgendwas passieren könnte, das mir das Happy-End vermasselte. Irgendwie konnte ich es nicht glauben, daß Totleigh Towers so widerstandslos das Handtuch werfen würde, wie es den Anschein hatte. Mein Gefühl sagte mir, daß da irgendwo noch ein Haken war.
    Und richtig! Als Madeline Bassett ein paar Minuten später zurückkam, hielt sie kein Notizbuch in der Hand. Sie behauptete, an der bezeichneten Stelle auch nicht die Spur eines Notizbuchs entdeckt zu haben, und aus ihren Bemerkungen schloß ich, daß sie ihren Glauben an die Existenz dieses Notizbuchs total verloren hatte.
    Ich weiß nicht, ob Ihnen schon mal jemand einen Eimer eiskaltes Wasser ins liebreizende Angesicht geschüttet hat. Als Knäblein ist mir solches mal von der Hand eines Stallburschen widerfahren, mit dem ich eine Meinungsverschiedenheit hatte. Und dasselbe unangenehme Gefühl, als haute es mich rückwärts aus den Schuhen, hatte ich auch jetzt wieder.
    Ich war baff und von den Socken. Wie Wachtmeister Oates schon sagte, sieht sich der Fachmann, wenn etwas Faules geschieht, erst mal nach einem Motiv um. Aber was Stiffy für ein Motiv gehabt haben könnte, als sie sagte, das Notizbuch stecke in dem Sahnekännchen, wenn es doch alles andere als dort steckte – das hing mir einfach zu hoch. Sie hatte mich eindeutig verschaukelt, aber – und dies war der point décisif, auch springender Punkt geheißen – warum hatte sie mich verschaukelt?
    Ich tat, was ich konnte.
    »Hast du auch

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