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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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wirklich genau nachgesehen?«
    »Ganz genau.«
    »Ich meine, gründlich?«
    »Sehr gründlich.«
    »Stiffy hat geschworen, es sei dort.«
    »Wirklich?«
    »Was meinst du mit ›wirklich‹?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll – ich glaube nicht, daß es jemals ein Notizbuch gegeben hat.«
    »Du glaubst mir meine Geschichte nicht?«
    »Nein.«
    Tja, was sollte man da noch sagen? Kann sein, daß ich noch so was wie »Ach« oder »Oh« von mir gegeben habe – ich weiß das nicht mehr so genau –, aber das war’s dann endgültig. Ich verkrümelte mich zur Tür und schlich benommen von dannen, tief in Gedanken gehüllt.
    Sie wissen ja, wie das ist, wenn man in Gedanken gehüllt ist. Man konzentriert sich und sieht nach innen. Was um einen herum geschieht, nimmt man kaum wahr. Ich muß schon die Hälfte des Flurs, der zu meinem Zimmer führte, hinter mir gelassen haben, ehe mir der fürchterliche Radau, der aus diesem Zimmer drang, zu Bewußtsein kam und ich mit gespitzten Lauschern stehenblieb oder verhoffte, wie die Jäger sagen.
     
    Der Radau, von dem ich spreche, war so eine Art wummernder Radau, als ob jemand gegen etwas wummerte. Und kaum hatte ich zu mir gesagt: »Nanu, da wummert doch jemand«, als ich auch schon entdeckte, wer der Wummerer war. Es handelte sich um Roderick Spode, der gegen Gussies Zimmertür wummerte. Während ich hinzutrat, holte er gerade zu einem neuen Hieb gegen das unschuldige Holz aus.
    Bei diesem Anblick fiel meine bisherige Nervosität von mir ab, und eine große Ruhe überkam mich. Ich fühlte mich wie ein ganz anderer Mensch. Und ich werde Ihnen auch sagen, warum.
    Jeder weiß, was für ein schönes und angenehmes Gefühl es ist, wenn man von höheren Mächten schikaniert worden ist und dann plötzlich jemanden entdeckt, an dem man seinen aufgestauten Groll auslassen kann. Der Chef reagiert sich beim Verkäufer ab, wenn die Geschäfte flau sind. Der Verkäufer zahlt’s dem Laufjungen heim. Der Laufjunge versetzt der Katze einen Tritt. Die Katze läuft auf die Straße und sucht sich eine kleinere Katze, die nun nach beendeter Balgerei ihrerseits auf die Suche nach einer Maus geht.
    Und so ging es mir jetzt auch. Nachdem mich Papa Bassett und Madeline Bassett und Stiffy Byng und wer weiß wer bis zur Weißglut gereizt und ein gnadenloses Schicksal mich brutal herumgeschubst hatten, tröstete es mich, daß ich mir nun mal Roderick Spode vorknöpfen konnte.
    »Spode!« rief ich energisch.
    Er bremste die schon erhobene Faust und sah mit hochrotem Kopf in meine Richtung. Als er merkte, wer da gesprochen hatte, verschwand das wilde Glühen aus seinen Augen, und er wurde ganz zahm.
    »Sagen Sie mal, Spode, was soll denn das?«
    »Ach, hallo, Wooster. Schöner Abend heute, nicht?«
    Ich machte mich daran, meinen aufgestauten Groll herauszulassen.
    »Es interessiert mich nicht, was für einen Abend wir haben!« sagte ich. »Das geht nun wirklich zu weit, Spode. Mir reicht’s. Ich werde jetzt mal andere Saiten mit Ihnen aufziehen.«
    »Aber Wooster …«
    »Wie kommen Sie eigentlich dazu, mit Ihrem Höllenspektakel das ganze Haus rebellisch zu machen? Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß Sie sich beherrschen und nicht Amok laufen sollen wie ein wildgewordenes Nilpferd? Ich hatte erwartet, daß Sie nach dieser Ermahnung in sich gehen und den Rest des Abends mit einem guten Buch im Bett verbringen würden. Aber nein! Sie versuchen schon wieder, Freunde von mir tätlich anzugreifen. Ich warne Sie, Spode, meine Geduld hat ihre Grenzen.«
    »Aber Sie verstehen nicht, Wooster!«
    »Was verstehe ich nicht?«
    »Sie haben ja keine Ahnung, wie sehr dieser glubschäugige Fink-Nottle mich gereizt hat.« Sein Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an. »Ich werde ihm das Genick brechen.«
    »Sie werden ihm nicht das Genick brechen.«
    »Na, wenigstens werde ich ihn schütteln wie eine Ratte.«
    »Sie werden ihn auch nicht schütteln wie eine Ratte.«
    »Aber er hat behauptet, ich sei ein dummer Angeber!«
    »Wann hat Gussie das zu Ihnen gesagt?«
    »Er hat es nicht direkt gesagt. Er hat es geschrieben. Hier steht’s.«
    Vor meinen sich weitenden Augen zog er ein kleines, in braunes Leder gebundenes Notizbuch aus der Tasche.
    Um noch mal auf den alten Archimedes zurückzukommen: Die Schilderung von der Entdeckung des Archimedischen Prinzips, die Jeeves mir gegeben hat, war zwar kurz, aber sie hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich kann mir genau vorstellen, was sich damals abgespielt

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