Alter Adel rostet nicht
hat, und sehe es direkt vor mir, wie der Mann das Badewasser erst mal vorsichtig mit dem großen Zeh prüft … wie er dann hineinsteigt … wie er seinen Korpus untertaucht. Im Geiste vollziehe ich sämtliche rituellen Handlungen mit – das Abseifen des Buckels, das Shampoonieren des Schädels, das Anstimmen eines Liedchens …
Und plötzlich, gerade als er dem hohen C entgegen strebt, tritt Stille ein. Seine Stimme ist verstummt. Und durch den Seifenschaum auf seinem Gesicht sieht man seine Augen seltsam leuchten. Der Schwamm entgleitet seinen Händen. Er stößt einen triumphierenden Aufschrei aus: »Heureka! Ich hab’s gefunden! Oh, Mann! Das Archimedische Prinzip!« Und schon springt er aus der Wanne und fühlt sich wie der Größte.
Genauso wirkte sich jetzt das wunderbare Auftauchen des Notizbuchs auf mich aus. Da war derselbe Augenblick betäubten Schweigens, gefolgt von einem triumphierenden Aufschrei. Und als ich verlangend die Hand ausstreckte, lag auch in meinen Augen zweifellos ein seltsames Leuchten.
»Geben Sie mir dieses Notizbuch, Spode!«
»Ja, schauen Sie sich das mal an, Wooster. Dann werden Sie verstehen, was ich meine. Ich fand es«, sagte er, »unter höchst sonderbaren Umständen. Ich dachte mir, daß es Sir Watkyn wohler wäre, wenn ich sein Sahnekännchen in meine Obhut nähme. In dieser Gegend hat es in der letzten Zeit viele Einbrüche gegeben«, fügte er hastig hinzu, »sehr viele Einbrüche, und diese Terrassentüren sind leicht aufzubrechen. Deshalb … äh … ging ich in das Zimmer, wo sich die Silbersammlung befindet, und nahm es aus der Vitrine. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, daß sich etwas in dem Kännchen befand. Ich öffnete es und fand dieses Notizbuch. Schauen Sie mal«, sagte er und deutete mit einem Finger wie eine Banane über meine Schulter. »Da steht etwas über die Art, wie ich Spargel esse.«
Vermutlich hatte Roderick Spode angenommen, wir würden die Seiten gemeinsam durchblättern. Als er sah, wie ich das Ding in die Tasche steckte, konnte er eine gewisse Enttäuschung ob des Verlusts nicht verbergen.
»Wollen Sie das Notizbuch denn behalten, Wooster?«
»Allerdings.«
»Aber ich würde es gern Sir Watkyn zeigen. Über ihn steht nämlich auch allerhand darin.«
»Wir wollen Sir Watkyn unnötige Aufregung ersparen, Spode.«
»Da haben Sie vielleicht recht. Dann werde ich jetzt mal weitermachen und diese Tür aufbrechen.«
»Das werden Sie hübsch bleiben lassen«, sagte ich gebieterisch. »Brechen Sie mal lieber selber auf und verschwinden Sie.«
»Verschwinden?«
»Ja, Sie sollen verschwinden. Hauen Sie ab, Spode. Ich möchte allein sein.«
Ich wartete, bis er um die nächste Ecke gebogen war, und dann klopfte ich laut an die Tür.
»Gussie!«
Keine Antwort.
»Gussie, mach auf!«
»Ich denke gar nicht daran.«
»Mach auf, du Dussel. Hier spricht Wooster.«
Aber nicht einmal das führte sofort zum Erfolg. Später erklärte er mir, er habe geglaubt, Spode ahme täuschend echt meine Stimme nach. Endlich gelang es mir aber doch, ihn davon zu überzeugen, daß es sich bei mir um seinen alten Jugendfreund handelte, und man hörte, wie Möbelstücke beiseite gerückt wurden. Wenig später ging die Tür auf, und er streckte vorsichtig den Kopf heraus wie eine Schildkröte nach einem Gewitter.
Die gefühlvolle Szene, die nun folgte, brauche ich wohl nicht in allen Einzelheiten zu schildern. So was haben Sie ja schon oft im Kino gesehen, wenn die Kavallerieabteilung gerade im rechten Moment eintrifft, um das von Indianern belagerte Fort zu befreien. Es genügt, wenn ich sage, daß er mich maßlos bewunderte. Er glaubte anscheinend, ich hätte Roderick Spode im Kampf Mann gegen Mann erledigt, und ich hielt es für überflüssig, das richtigzustellen. Ich drückte ihm das Notizbuch in die Hand und trug ihm auf, es Madeline Bassett zu zeigen, und dann ging ich in mein Zimmer.
Jeeves war schon da und hantierte dienstlich mit irgendwelchen Kleidungsstücken.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, den Mann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zusammenzustauchen, weil er mich der schweren psychischen Belastung einer Unterredung mit Papa Bassett ausgesetzt hatte. Aber nun begrüßte ich ihn doch mit einem strahlenden Lächeln anstatt mit einem vernichtenden Blick. Schließlich und endlich hatte er ja mit seinem Plan richtig gelegen, dachte ich mir, und jetzt war nicht der passende Moment, um ihm eine Standpauke zu halten. Wellington ist ja nach der
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