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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sir.«
    »Aber bitte nicht in diesen mickrigen Gläschen, als ob es eine gefährliche Substanz wäre. Schaffen Sie das Faß herein.«
    Gussie musterte mich verblüfft.
    »Was hast du denn, Bertie?«
    »Was ich habe?« Ich stieß ein hohles Lachen aus. »Ha! Jetzt ist natürlich der Ofen aus.«
    »Wie meinst du das? Warum denn?«
    »Begreifst du denn nicht, was du da angerichtet hast, du Karnickel? Jetzt hat es keinen Zweck mehr, daß du das Sahnekännchen klaust. Wenn der alte Bassett gelesen hat, was in dem Notizbuch steht, wird er seinen Entschluß nie mehr rückgängig machen.«
    »Und warum nicht?«
    »Na, du hast doch selbst erlebt, wie Spode auf diese Notizen reagiert hat, und ich glaube kaum, daß der alte Bassett kritische Bemerkungen über seine Person leichter wegsteckt als Spode.«
    »Aber er hat doch schon alle kritischen Bemerkungen über seine Person zu hören bekommen. Ich sagte dir ja, daß ich ihn angeschnauzt habe.«
    »Na ja, aber das hättest du noch zurücknehmen können. ›Bitte vergessen Sie es … die Erregung … hatte mich momentan nicht in der Gewalt …‹ Irgendwas in dieser Art. Aber wohlüberlegte Urteile, die Tag für Tag nüchtern in einem Notizbuch festgehalten wurden, sind doch etwas ganz anderes.«
    Allmählich schien er zu kapieren. Sein Gesicht verfärbte sich wieder leicht grünlich. Er öffnete und schloß den Mund wie ein Goldfisch, der zusehen muß, wie ein anderer Goldfisch ihm die Wasserflöhe vor der Nase wegschnappt, auf die er sich schon lange gefreut hatte.
    »So ein Mist!«
    »Allerdings!«
    »Was soll ich denn jetzt tun?«
    »Keine Ahnung.«
    »Denk nach, Bertie. Streng dich an!«
    Das tat ich denn auch und wurde prompt mit einer Idee belohnt.
    »Sag mal«, erkundigte ich mich, »wie war das eigentlich am Ende eurer lautstarken Auseinandersetzung? Du hast ihm also das Notizbuch gegeben. Hat er sofort hineingesehen?«
    »Nein. Er hat es sich in die Tasche gestopft.«
    »Und glaubst du, daß er anschließend immer noch ein Bad nehmen wollte?«
    »Bestimmt.«
    »Dann sag mir jetzt nur noch, in welche Tasche er es gesteckt hat. Ich meine, in die Tasche welches Bekleidungsstücks? Was hatte er an?«
    »Einen Morgenmantel.«
    »Und den trug er über – denk jetzt genau nach, Fink-Nottle, denn davon hängt alles ab – über Hemd und Hose und so weiter?«
    »Ja, er hatte Hosen an. Das weiß ich noch.«
    »Dann besteht eine Hoffnung. Nach der Auseinandersetzung mit dir ist er wahrscheinlich in sein Zimmer gegangen, um die Montur abzulegen. Sagtest du nicht, daß er stinkwütend war?«
    »Ja, und wie.«
    »Gut. Meine Menschenkenntnis sagt mir, daß ein stinkwütender Mann sich nicht damit aufhält, in seinen Taschen nach einem Notizbuch zu kramen und sich in dessen Inhalt zu vertiefen. Er entledigt sich fix seiner Kledage und patscht ins Badezimmer. Das Notizbuch muß folglich noch in der Tasche seines Morgenmantels stecken, und der liegt wahrscheinlich auf seinem Bett oder über einem Stuhl. Du brauchst also nur in sein Zimmer zu flutschen und das Ding zu schnappen.«
    Ich hatte eigentlich erwartet, daß er meinen mit glasklarer Logik entwickelten Plan freudig begrüßen und mich mit bewegten Worten der Dankbarkeit überschütten würde. Statt dessen scharrte er nur zögernd mit den Füßen.
    »Ich soll in sein Zimmer flutschen?«
    »Ja.«
    »Na hör mal!«
    »Was hast du denn dagegen?«
    »Gibt es denn gar keine andere Möglichkeit?«
    »Natürlich nicht.«
    »So … Könntest du das vielleicht für mich übernehmen, Bertie?«
    »Nein, könnte ich nicht.«
    »Alle andern würden das bestimmt für einen alten Schulfreund tun.«
    »Alle andern interessieren mich nicht.«
    »Erinnerst du dich nicht mehr, wie schön es damals in unserer Schule war?«
    »Nein.«
    »Hast du vergessen, wie ich mal meinen letzten Riegel Milchschokolade mit dir geteilt habe?«
    »ja.«
    »Ich hab’s aber getan, und damals hast du gesagt, wenn du mir jemals einen Gefallen tun könntest … Manchen Leuten wäre so eine moralische Verpflichtung ja heilig, aber wenn dir so etwas gar nichts bedeutet … Bitte sehr, dann erübrigt sich wohl jedes weitere Wort.«
    Unschlüssig schlurfte er eine Weile im Zimmer umher. Dann holte er aus seiner Brusttasche ein Foto von Madeline Bassett hervor und starrte es lange an. Anscheinend gab ihm das Kraft. Auf einmal fingen seine Augen an zu leuchten, und sein Gesicht sah nicht mehr aus wie das eines gekochten Schellfischs. Entschlossen ging er hinaus, kam jedoch

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