Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
habe ich sie ins Bett geschickt, und danach konnte ich frei sprechen. Als ich mal eine Pause machte, um Luft zu holen, hat er sein Veto gegen das Aufgebot eingelegt und ist dann abgedampft. Und ich klingelte nach Butterfield und bat ihn, mir ein Glas Orangensaft zu bringen.«
    Ich mußte mich wohl verhört haben. »Orangensaft?«
    »Ich brauchte eine Stärkung.«
    »Aber ausgerechnet Orangensaft? In so einer Situation?«
    »Ich hatte das dringende Verlangen danach.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Na, wenn du meinst«, sagte ich.
    Da kann man mal wieder sehen. Ich meine, es muß eben solche und solche geben.
    »Ich könnte übrigens noch einen Drink gebrauchen.«
    »Bediene dich. Die Sodaflasche steht neben dir.«
    »Danke. – Aah! Köstlich!«
    »Nimm auch noch einen Scotch.«
    »Nein, danke. Ich weiß, wann ich aufhören muß. Tja, so sieht’s aus, Bertie. Er will nicht, daß Madeline mich heiratet, und ich überlege die ganze Zeit, ob man ihn noch umstimmen könnte. Aber ich fürchte, das wird nicht möglich sein. Weißt du, ich habe ihn nämlich nicht nur beschimpft …«
    »Was hast du denn zu ihm gesagt?«
    »Ein Ausdruck war zum Beispiel ›Schnarchsack‹. Und ich glaube, ich habe ihn auch als Knalltüte bezeichnet. Ja, richtig, als Knalltüte mit Schlag. Aber darüber käme er bestimmt hinweg. Das Schlimmste ist, daß ich mich über sein silbernes Sahnekännchen lustig gemacht habe.«
    »Sahnekännchen!«
    Ich sagte das mit Emphase. Mir war da eine Idee gekommen. Schon seit einer ganzen Weile hatte ich mir den Woosterschen Schädel zerbrochen, wie man dieses Problem lösen könnte, und wenn ich mir schon mal den Schädel zerbreche, ist es meistens nicht umsonst. Als er das Sahnekännchen erwähnte, war es, als hätte mein kluges Köpfchen Witterung aufgenommen und sich auf die Verfolgung einer Spur gemacht.
    »Ja. Ich wußte doch, wie stolz er auf das Ding ist, und da ich ihm eins auswischen wollte, sagte ich, das Kännchen sei doch bloß holländisches Neubarock. Gestern abend bei Tisch hatte ich nämlich aufgeschnappt, wie er erklärte, das sei das Schlimmste, was man einem silbernen Sahnekännchen nachsagen könne. ›Sie mit Ihrem antiken Sahnekännchen!‹ habe ich zu ihm gesagt. ›Lächerlich! Holländisches Neubarock ist das.‹ So ungefähr. Und das saß! Er wurde krebsrot und schrie, das mit der Hochzeit könnten wir uns aus dem Kopf schlagen.«
    »Hör zu, Gussie«, sagte ich. »Ich hab da eine Idee.«
    Er machte ein erfreutes Gesicht. Man sah, daß sich in ihm die Zuversicht regte und den Schlaf aus den Augen rieb. Dieser Fink-Nottle ist der geborene Optimist. Wer sich noch an seine Ansprache in der Höheren Schule von Market Snodsbury erinnert, weiß, daß er den Bengels vor allem eingeschärft hat, die Dinge stets von ihrer guten Seite zu betrachten.
    »Ja, ich glaube, ich weiß einen Weg. Du mußt dieses Sahnekännchen stibitzen, Gussie.«
    Er machte den Mund auf, und ich dachte schon, jetzt käme gleich ein »Wa-as soll ich?«. Aber nein. Er blubberte nur ein bißchen und sagte sonst gar nichts.
    »Das ist der entscheidende erste Schritt. Wenn das Sahnekännchen erst mal in deiner Hand ist, gehst du zu ihm und sagst: ›Na, wieviel ist es Ihnen wert?‹ Er geht garantiert auf alle Bedingungen ein, die du ihm stellst, nur um diese scheußliche Kuh wiederzukriegen. Du weißt ja, wie Sammler sind. Sie haben praktisch alle einen Stich. Mein Onkel Tom zum Beispiel ist so versessen auf das Ding, daß er dafür sogar seinen Meisterkoch Anatole eintauschen würde!«
    »Du meinst doch nicht etwa den, der in Brinkley wirkte, als ich dort zu Besuch war?«
    »Doch, den meine ich.«
    »Den Mann, der uns ›Nonettes de poulet Agnes Sorel‹ kredenzt hat?«
    »Jawohl, dieses kulinarische Genie.«
    »Und dein Onkel würde auf Anatole verzichten, um in den Besitz dieses Sahnekännchens zu gelangen?«
    »Ich hab’s von Tante Dahlia persönlich.«
    Er holte tief Luft.
    »Dann hast du recht. Mit deinem Plan ließe sich das Problem schlagartig lösen. Vorausgesetzt allerdings, daß Sir Watkyn den Wert dieses Kännchens genauso hoch veranschlagt.«
    »Das tut er. Stimmt’s, Jeeves?« sagte ich, als dieser mit dem Brandy hereinkam. »Sir Watkyn Basset hat nämlich sein Veto gegen Gussies Hochzeit eingelegt«, erklärte ich, »und ich habe Gussie gerade geraten, er soll sich das Sahnekännchen beschaffen und es so lange nicht herausrücken, bis der Alte es sich anders überlegt und seinen väterlichen Segen

Weitere Kostenlose Bücher