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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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und verstummte dann abrupt.
    »Es klingt so, als würde jemand weinen«, meinte Ambre.
    Tobias näherte sich dem hohen Gebäude in Form einer Kirche, in dem sich der Rat von Eden versammelte, und folgte dem leisen Schluchzen. Er trat durch einen Torbogen und kniete sich vor einem Schatten nieder, der in einer Ecke kauerte.
    »Was ist denn los?«, fragte er.
    Matt und Ambre blieben im Hintergrund und ließen ihren Freund machen.
    »Warum weinst du?«, fragte Tobias sanft.
    Die Schattengestalt zog unter ihrem Umhang die Knie an und schniefte. Eine blonde Strähne lugte unter der Kapuze hervor.
    »Du kannst mir vertrauen. Ich heiße Tobias. Und du?«
    »Sie heißt Amy«, sagte Matt und trat näher. »Was ist los, Amy? Hattest du einen Alptraum?«
    Er kniete vor ihr hin, und als sie ihn erkannte, warf Amy sich ihm zu seiner großen Überraschung um den Hals. Er tröstete sie ein wenig verlegen. Das Mädchen weinte bitterlich.
    »Die Blitze«, stieß sie hervor, »es sind die Blitze!«
    »Das Gewitter vorhin?«
    »Ja. Ich habe sie schon einmal gesehen, im Norden! Es sind dieselben!«
    »Dieselben? Was meinst du?«
    Sie hob den Kopf und blickte Matt an.
    »Ich habe diese Blitze schon einmal gesehen! Als ich beim Fort Strafe war. Der Horizont im Norden war komplett schwarz. Den ganzen Abend lang schossen Blitze aus dem Himmel, es hat gar nicht mehr aufgehört! Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber …«
    Sie zögerte und wollte nicht weiterreden, aber Matt hakte nach:
    »Aber was? Was hast du gesehen?«
    »Diese Blitze … waren nicht normal. Ich habe es gespürt, sie strahlten etwas aus, etwas Böses. Ich bin sicher, dass sie etwas damit zu tun hatten, was im Fort passiert ist!«
    Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen, und sie klammerte sich an Matts Hemd.
    »Ich habe mich nicht getraut, euch davon zu erzählen«, fügte sie hinzu. »Ihr hättet mich für verrückt erklärt. Aber ich weiß, dass diese Blitze es getan haben! Überall waren Fußspuren von Kindern, diese Blitze haben sie irregemacht! Ich habe es gespürt, als ich den Himmel gesehen habe. Ihr Licht ist anders. Es ist … bösartig!«
    »Beruhige dich, du bist jetzt in Sicherheit, du bist in Eden.«
    Amy schüttelte entschieden den Kopf.
    »Nein, auch hier sind wir nicht in Sicherheit. Ich habe die Blitze vorhin gesehen. Sie suchen etwas. Sie werden zurückkommen! Davon bin ich überzeugt. Sie werden zurückkommen und einige von uns irremachen! Niemand ist in Sicherheit!«
    Matt packte ihre Hände und drückte sie fest.
    »Amy, schau mich an. Hör mir zu. Dir wird nichts passieren, okay? Du hast dich in deine Angst reingesteigert, das ist alles. Es war ein gewaltiges Gewitter, davon gibt es vor allem im Norden viele, jeder weiß das. Es kann dir nichts anhaben, es war nur ein gewöhnliches Gewitter, verstehst du? Hier bei uns bist du in Sicherheit. Wir werden dich beschützen.«
    Beim Sprechen merkte Matt, dass er seinen eigenen Worten nicht glaubte.
    Auch er hatte es gespürt.
    Diese Gewitter waren nicht normal. Sie ähnelten den Gewittern, die den Torvaderon begleitet hatten. Und den Gewittern, mit denen alles begonnen hatte.
    Wie die Blitze des Sturms, der vor einem Jahr die Welt verwüstet hatte.

13. Wie vom Erdboden verschluckt
    Z elie drückte ein Ohr an die Tür, um sicherzugehen, dass die Person im Gang nicht auf die Gemächer des Unschuldstrinkers zulief.
    Die Schritte entfernten sich.
    Ihr blieb also ein wenig Zeit.
    Als Erstes entriegelte sie die Tür, damit Maylis im Fall der Fälle zu ihr gelangen konnte, um sie vor einer Gefahr zu warnen.
    Die Eingangshalle war riesig und wurde von einem mit Kerzen bestückten Kronleuchter erhellt. Eine breite Treppe, die sich in zwei Läufe teilte, führte zu einem Zwischengeschoss empor.
    Ich muss sein Schlafzimmer finden oder sein Arbeitszimmer, dort versteckt er bestimmt seine wichtigen Papiere!
    Zelie öffnete zwei Türen. Eine führte zu einer Vorratskammer, die andere zur Küche. Dieses Stockwerk diente offenbar gänzlich der Versorgung im Alltag. Sie entschied sich, im ersten Stock nachzusehen, da sie dort die Privatgemächer des Unschuldstrinkers vermutete.
    Als sie die Treppenstufen hochging, verzog sie bei jedem Schritt wegen ihres verletzten Knöchels vor Schmerz das Gesicht.
    In der Galerie über der Eingangshalle hingen wuchtige Ölgemälde an den Wänden, die Kinder mit furchtsamem oder untergebenem Gesichtsausdruck darstellten.
    Welcher Mensch findet Gefallen an solchen Werken?

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